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Josef Hidasi - Der weite Weg zum Überleben

Es ist die Geschichte eines Holocaust-Überlebenden, aber es ist keine Geschichte in schwarz-weißen Bildern. Es gibt keine klaren Trennungslinien zwischen Guten und Bösen, zwischen Glück und Unglück…

Von Hanna Groll

Josef Hidasi, 1929 in eine ungarischsprachige jüdische großbürgerliche Familie in der Süd-Slowakei geboren, beschreibt mit eindrucksvollen Bildern das Leben seiner Heimatstadt Losoncz (jetzt Lucenec). Es ist die Idylle einer bürgerlichen Zeit, die zu Beginn des Zweiten Weltkriegs erst allmählich zur Hölle auf Erden wird. Die Einschränkungen und Verbote für die jüdischen Bürger erfasst auch die Familie. Aber der tragische Wendepunkt tritt erst mit dem deutschen Überfall auf Ungarn am 19. März 1944 ein.

Auch in Losoncz werden die Juden in ein Ghetto gezwungen. Der Vater wird von einem sadistischen Offizier der ungarischen Gendarmerie gefoltert und seines ganzen Vermögens beraubt. Im Gegenzug versprach er, ihn, den schwer verletzten Vater, und seinen Sohn, den Autor dieses Buches, als Arbeitsdienstler an die ungarische Armee zu überstellen, obwohl der Autor mit kaum fünfzehn Jahren dafür zu jung war. Beide wissen nicht, dass er sie damit vor der Deportation nach Auschwitz rettet. Bemerkenswert ist, dass der Offizier sein Versprechen hält, obwohl kein Hahn danach gekräht hätte, wenn er das nicht getan hätte. Er kommt an die Front, die bereits den Gebirgskamm der Karpaten erreichte. Das Leben dort liest sich wie ein Abenteuer. Er fühlt sich dort unter Artilleriefeuer, dort, wo täglich gestorben wird, viel sicherer als im Hinterland, wo Juden verfolgt und täglich in die Gaskammern geschickt werden. Eine verrückte Welt!

Nach kurzer Zeit ist diese „Frontidylle“ auch vorbei und er wird mit einigen gleichaltrigen Kameraden nach Westungarn geschickt, wo sie aus dem Arbeitsdienst entlassen werden sollten. Eine vieldeutige Verfügung. Er verläßt seinen Vater und erst jetzt gerät er wirklich in Lebensgefahr. Als sie ankommen, am 15. Oktober, reißen die faschistischen Pfeilkreuzler in Ungarn die Macht an sich. Die Jungs entgehen einem „spontanen“ Massenmord, die Armee schützt sie und schickt sie nach Budapest, wo ihm noch ein langer abenteuerlicher Weg bevorsteht. Der erste Pfeilkreuzler, den er am Budapester Westbahnhof begegnet, ist eher ein Tollpatsch als eine blutrünstige Bestie. Wie alle jüdischen Bürger wartet auch er auf die russischen Truppen, deren Eintreffen schon absehbar ist. Und die Befreier standen tatsächlich an einem schneeweißen Januar Tag des neuen Jahres vor der Tür.

Aber auch die Befreier sind nicht nur makellose Helden. Er darf als einziger unter den erwachsenen jüdischen Bürgern gefahrlos auf die Straßen gehen, viele fürchten, für Jahre zu „malenki robot“ in die Sowjetlager verschleppt zu werden. Und er trifft bald andere russische Soldaten, die für nützlichere Aufgaben bereitstehen, sie nehmen ihn noch vor Kriegsende auf einem Militärlastwagen nach Losoncz mit. Sie setzen ihn vor seinem Ausgangspunkt ab.

Nach seiner Befreiung steht der Autor mit fünfzehn Jahren auf sich allein gestellt da. Er erfährt bald die bestürzende Gewissheit über seine Mutter und seinen jüngeren Bruder, die in den Gaskammern von Auschwitz getötet wurden, und zuletzt kehrt auch sein Vater nicht zurück, er kommt in den letzten Wochen des Krieges elendig um. Er wartete vergeblich auf ihn. War jetzt alles umsonst?

Der abenteuerliche Weg endet zunächst – er bestand ihn mit Glück und Wagemut, mit Geschick und Intelligenz, das von einem Fünfzehnjährigen kaum zu erwarten war. Er war nicht der „Schicksalslose“, der Schutzlose; er war, der sich durch die Ereignisse kämpfte inmitten zahlloser Anderer, die unterwegs ihr Leben lassen mussten.

Es ist ein lesenswertes Buch, das uns diese schreckliche Zeit näher bringt. Es ist mehr als ein dokumentarischer Roman, es ist eine selten tiefgreifende zeitlose Geschichte.

Josef Hidasi: Der weite Weg zum Überleben. Geschichte einer Stadt, einer Familie und eines Überlebenden
Gabriele Schäfer Verlag 2009, 420 Seiten, 38 s/w Fotos

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