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Elisa Klapheck: Wie ich Rabbinerin wurde

Im Januar 2004 wird Elisa Klapheck in den USA zur Rabbinerin geweiht. Bei der Zeremonie spricht sie bewusst ein Gebet auf Deutsch. Viele der anwesenden Rabbiner beginnen zu weinen – Deutsch ist immer noch eine Tabusprache!…

Eine starke und außergewöhnliche Frau:
Elisa Klapheck ist Frankfurts erste Rabbinerin

Ihre Autobiografie erzählt vom Leben einer außergewöhnlichen Frau: sie ist jung und reformorientiert und berichtet nicht nur von ihrem Weg ins Rabbinat. Sie zeichnet auch das Porträt einer ganzen Generation junger Juden in Deutschland, das der Juden der zweiten Generation.

Keine Frau der leisen Töne, hat sie lange mit sich gerungen, um endlich ihre Berufung im Leben zu erkennen. Ihr Buch ist persönlich und politisch zugleich, sie hat Ziele wie die jüdische Erneuerung in den deutschen Gemeinden. „Demokratisierung der Religion“ nennt sie das und meint damit auch die Gleichheit unter den Gemeindemitgliedern, zwischen Männern und Frauen. Brisant, klar, spannend zu lesen.

Elisa Klapheck, geb. 1962, war Redakteurin und Journalistin u.a. für die taz. 2004 wurde sie zur Rabbinerin ordiniert. Sie ist heute Rabbinerin der Jüdischen Gemeinde Frankfurt am Main und Mitglied der Allgemeinen Rabbinerkonferenz Deutschlands. Außerdem ist sie im Vorstand von Torat haKalkalah – einem Verein zur Förderung angewandter jüdischer Wirtschafts- und Sozialethtik.

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Einige Auszüge:

… „Zwischen dem simulierten Israel und den unwiederbringlich untergegangenen Welten hat die jüdische Religion keine Chance, eine eigene Wirkung zu entfalten. Lange halte ich die brabbelnde Geräuschkulisse des Gottesdienstes für sein wesentliches Merkmal. Der Rabbiner und der Kantor machen vorne, was zu machen ist. Sie sind von der Gemeinde dafür angestellt, den Traditionsbetrieb aufrechtzuerhalten. Derweil unterhalten sich die hauen auf der Galerie ungeniert mit ihren Nachbarinnen, die Männer unten tun dasselbe. In dem Stimmengewirr von Gebeten, Gesprächen und herumlaufenden Kindern ertönt unvermittelt ein »Jitgadal wejitkaddasch …« (Anfangsworte des Kaddisch) – und man wähnt sich sicher, dass ein paar alte Männer schon wissen, an welcher Stelle man mit dem »Jehej schme raba… « einsetzt.

Gegenüber einem nichtjüdischen Freund, der von dieser »chaotischen Atmosphäre« schockiert ist, habe ich den jüdischen Gottesdienst verteidigt: Er sei »ehrlicher« als sein christliches Pendant. Es werde von einem nicht verlangt, dass man alles glaubt, was im Sidur steht – dass Gott allmächtig, gnädig und barmherzig sei, dass er sein Volk Israel beschütze und wir Juden uns nichts sehnlicher wünschten, als die Gebote der Tora zu erfüllen. Vielmehr sei Gott so etwas wie ein alter Würdenträger, der mit am Tisch sitzt, dem zuliebe man die alten Konventionen einhält – doch ansonsten gehe man seiner eigenen Wege in einer modernen Welt, von der Gott nichts verstehe.

Die Rabbiner, die ich in meiner Kindheit erlebe, entsprechen diesem Bild. Geblieben sind Erinnerungen an großväterliche Männer, die anders als alle anderen leben – die fast als Einzige in ihrer Gemeinde koscher essen, am Schabbat nicht telefonieren und alle hebräischen Gebete sprechen. Sie verstehen bei jüdischen Festen die Menge mit vielen Witzen und lustigen Geschichten von wundersamen Rabbis an wundersamen Orten zu unterhalten. Aber sie repräsentieren eine Welt, in der sonst fast niemand mehr in der Gemeinde lebt“…

Herausforderung der kommenden Jahre:
Religiöse Inhalte des Judentums erschließen
Ich sehe eine Herausforderung der kommenden Jahre darin, die religiösen Inhalte des Judentums so zu erschließen, dass sie auch als eine religiös-säkulare Geisteshaltung Juden und durchaus auch NichtJuden ansprechen…

Rabbinerin Elisa Klapheck:
Über die säkulare Dimension der Religion
Gerade die im Talmud bezeugte Tradition des rabbinischen Judentums hätte viel einzubringen. Denn sie hat nicht die säkulare Wirklichkeit als schmutzige Niederung verdammt und sich ihr entzogen, sondern sich vielmehr bewusst in sie eingehakt. Sie hat einen religiösen Maßstab mit einem säkularen Realismus zu verbinden vermocht und damit auf allen Feldern des Zusammenlebens den Anspruch vertreten, konkret zur Verwirklichung einer besseren Welt beizutragen…

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