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„Das hat’s bei uns nicht gegeben!“

Das Buch zur Ausstellung der Amadeu Antonio Stiftung…

„Das hat’s bei uns nicht gegeben“ ist der Titel einer Ausstellung zu Antisemitismus in der DDR, die Heike Radvan und Bettina Leder für die Amadeu Antonio Stiftung konzipiert haben. Bereits in 40 Orten war sie zu sehen. Ergänzend ist jetzt das Begleitbuch erschienen, das neben dem ausführlich und schön bebilderten Katalog zahlreiche Einzelaspekte vertieft.

Zum Ausstellungsthema selbst liefert Anetta Kahane Überlegungen und persönliche Anmerkungen unter dem Titel „Mit Stumpf und Stiel ausgerottet?“. Dabei betont sie, dass Antisemitismus, der Grundlage für Rechtsextremismus und Populismus ist, nur verstanden und bekämpft werden kann, wenn man nicht außer Acht lässt, „wie er in Zeiten des Sozialismus und besonders in der DDR gewirkt hat“. Die atomisierten Reste der alten Ideologie seien „mit den neuen, populistischen Gesichtern des Antiimperialismus eine gefährliche Verbindung eingegangen.“

Heike Radvan beschreibt pädagogische Überlegungen der Arbeit zur Ausstellung, die auf den lokalhistorischen Recherchen von Jugendlichen aus acht Städten der neuen Bundesländer beruht. Die Erfahrungen aus dieser Arbeit „machen Mut, mit Jugendlichen zu zeitgeschichtlichen Themen im eigenen Wohnort zu recherchieren. Es ist auf diesem Wege durchaus möglich, sie für kompliziertere Fragen zu interessieren und für eine Auseinandersetzung zu begeistern“, resümiert Radvan.

Den Debatten über die Ausstellung in der deutschen Presse widmet sich Michael Barthel und kommt dabei u.a. zu dem Schluss, dass es zum bisherigen Erfolg der Ausstellung gehört, jenen Stimmen öffentlichen Rückhalt zu geben, „die für eine kompromisslose Bekämpfung von Antisemitismus – auch in den eigenen Reihen – einstehen.“

Unter der Überschrift „Leerstellen: Bislang Ausgespartes“ enthält das Begleitbuch weitere Aspekte, wie etwa Thomas Heppners Beitrag zu „Anne Frank und die DDR“ oder der „Thematisierung von Antisemitismus in der antifaschistischen Literatur und im Film der DDR“ von Konstanze Ameer. Martin Jander erinnert an zwei Männer, Rudolf Feistmann und Willi Kreikemeyer, die die antisemitischen Verfolgungen in der DDR der 50er Jahre das Leben kostete.

Besonders erwähnenswert ist schließlich noch der Beitrag von Annette Leo zum Umgang der DDR mit dem Eichmann-Prozess. Sie beschreibt dabei auch ein Stück eigener Familiengeschichte, denn ihr Vater, der Gerhard Leo, war einer der beiden Journalisten, die 1961 nach Jerusalem flogen, um vom Prozess gegen Eichmann zu berichten. Gemeinsam mit Max Kahane, dem Vater von Anetta Kahane, war er jedoch auch Teil einer Kampagne, die den damaligen Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Hans Globke wegen seiner Rolle während der Zeit des Nationalsozialismus zum Rücktritt zwingen sollte. Annette Leo stellt dabei auch das Dilemma der beiden Journalisten dar: „Als ich in Vorbereitung dieses Textes mit Anetta Kahane sprach, überlegten wir beide, wie unsere Väter das wohl ausgehalten haben: Tag für Tag im Gerichtssaal zu sitzen und mit dem ganzen Ausmaß des Holocaust konfrontiert zu sein – erschütternde Zeugenaussagen, Zusammenbrüche, Weinen, Schreien auf den Zuschauerbänken, das Aufbrechen eines kollektiven Schmerzes um so viele Familienangehörige, über deren Tod nie hatte richtig getrauert werden können – um danach in ihre Büros zu gehen und Texte zu verfassen, in denen sie hauptsächlich den Bonner Staatssekretär und das westdeutsche Monopolkapital verdammten.“ Tatsächlich wurde Max Kahane krank und flog zurück nach Berlin. Gerhard Leo harrte bis zum Ende des Schlussplädoyers in Jerusalem aus. Globke wurde 1963 in der DDR in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt. Dass dies Auswirkungen darauf hatte, dass er kurz darauf in Ruhestand ging, wurde stets abgestritten.

Das Begleitbuch kann gegen eine Versandkostenpauschale von 5 Euro bestellt werden bei der Amadeu Antonio Stiftung bestellt werden.

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