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Die Siedlerbewegung: Fundamentalismus in Israel

Als Israel im Krieg von 1967 das Westjordanland und damit auch die dortigen biblischen Stätten erobert hatte, sah sich eine Gruppe junger Zionisten in ihrer messianischen Deutung des zionistischen Projekts bestätigt. Noch im selben Jahr begannen erste Aktivistengruppen mit der Besiedlung von Kfar Etzion und Hebron. Diese beiden Siedlungen bildeten jedoch lediglich den Auftakt der bis heute anhaltenden Besiedlung der besetzten Gebiete. Laut Verlagsmitteilung liegt mit dieser Arbeit erstmalig eine umfassende wissenschaftlich fundierte Darstellung vor…

Das in der Reihe „Wochenschau Wissenschaft“ erschienene Buch [Die Siedlerbewegung | Fundamentalismus in Israel] von Steffen Hagemann eröffnet den Blick für Aufstieg, Etablierung und Krise der Bewegung. In einer diachronen Perspektive wird die religiöse Siedlerbewegung, ihre Ideologie und Organisationsstruktur untersucht. Zudem berücksichtigt der Autor die Interaktion mit staatlicher Politik und die politisch-kulturelle Resonanz der Bewegung in der israelischen Gesellschaft. Die multifaktorielle Herangehensweise ermöglicht eine differenzierte Beurteilung der Reichweite, Widersprüche und politischen Konsequenzen der Siedlerbewegung.

Der Autor studierte Politikwissenschaft an den Universitäten Marburg, Tel Aviv und der Freien Universität Berlin. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen soziale Bewegungen, Erinnerungspolitik und politische Kulturforschung. Derzeit arbeitet der Autor im Exzellenzcluster „Languages of Emotion“ an der Freien Universität Berlin.

Ge’ulah: Kampf um Erlösung
Messianismus in der Krise? Zur Dynamik der religiösen Siedlerbewegung
Kampf um Hebron

Aus dem Inhalt:

I. Fundamentalismus als religiöse Bewegung – Begriff und Analyseperspektive
Fundamentalismus und Moderne
Religion, Modernisierung und Kontingenz
Fundamentalismus als moderne Bewegung mit anti-moderner, essentialistischer Ideologie
Fundamentalistische Ideologie
Organisationsstruktur und Typologie
Zum Verhältnis von Fundamentalismus und Nationalstaat
Fundamentalismus als soziale Bewegung
Bewegung
Makrosoziologische, modernisierungstheoretische Bewegungstheorien
Zur Spezifik religiöser Bewegungen
Politische Gelegenheitsstrukturen

II. Gusch Emunim – Angebotsstruktur und Formierung der Bewegung
Zionismus und jüdische Religion
Die Ideologie der religiösen Siedlerbewegung
„Realistic Messianism”
Staat auf Grundlage der Thora
Akzeptanz und Ablehnung von Zionismus und Staat
Eine auserwählte Nation
Eretz Israel
Ethnisch-religiöse Identitätskonstruktion und die Ausgrenzung der Andern
Gusch Emunim – Trägerschaft, Milieu und Bewegung
Institutionalisierung als Bewegung – Gusch Emunim
Siedlungen als gegenkulturelles Milieu

III. Interaktion mit dem politischen System – Zwischen Protest und Integration
Jischuw und Staatsgründung – Israel als hegemoniales System
Gusch Emunim als Siedlerbewegung
Staatliche Anerkennung und Förderung – die ökonomischen Grundlagen der Macht
Gusch Emunim als Protestbewegung
Gusch Emunim als politische Bewegung
Gusch Emunim als Interessenvertretung und Lobby
Gusch Emunim zwischen überparteilicher Bewegung und parteipolitischen Aktivitäten
Repression des Staates
Verbündete und Gegenbewegungen
Zwischen politischer De-Radikalisierung und religiöser Radikalisierung

IV. Die politisch-kulturelle Resonanz der Siedlerbewegung nach 1967
Grundzüge des israelischen Nationalismus
Die neuen Pioniere
Hebron und Gusch Etzion – historisches versus heilsgeschichtliches Narrativ
Differenzen zwischen dem hegemonialen und dem messianischen Narrativ
1977 – Ende des arbeiterzionistischen Hegemonialsystems

V. Die Dynamik der Bewegung
Israelische Gesellschaft im Wandel
Oslo – Herausforderung für die Siedlerbewegung
Failed Prophecy – theoretische Desiderate
Ideologische Rationalisierungen
Der aktivistische Flügel
Der Statist Flügel
Vergleich beider Strömungen
Radikalisierte Gruppen: Abkehr von der Doktrin?
Der Kampf gegen den Friedensprozess von Oslo und den Rückzug aus dem Gaza-Streifen –
Bewegungshandeln und organisatorische Differenzierung
Der Protest des Siedlerrates gegen den Rückzug aus dem Gaza-Streifen
Protest auf parlamentarischer Ebene
Kampagnen in der Öffentlichkeit
Protestaktivitäten
Das Scheitern der Proteste
Konflikte innerhalb der Siedlerbewegung
Organisatorische Fragmentierung
Ne’emanei Eretz Israel und Noar Lema’an Eretz Israel
Komemiut
Homesh Zuerst
HaLev HaJehudi
Manhigut Jehudit: The Jewish Leadership
Organisationen der radikalisierten Minderheit
Gewalteskalation
Siedlervigilantismus
Radikalisierung und Eskalation in den neunziger Jahren
Der Rückzug aus dem Gaza-Streifen: Crisis of Legitimacy

Siehe auch: [Die Herren des Landes | Israel und die Siedlerbewegung seit 1967] von Idith Zertal

4 comments to Die Siedlerbewegung: Fundamentalismus in Israel

  • Sebaldius

    Ach, jetzt also, wo es zu spät ist, beginnt Israel endlich damit, seine kolonialistische Vergangenheit aufzuarbeiten.
     
    Was da aber noch fehlt, ist die Einsicht in die zwingend logische Konsequenz dieser Vergangenheit: Über 40 Jahre kontinuierliche jüdische Besiedelung der besetzten Gebiete sind irreversibel und lassen sich nicht mehr rückgängig machen.
     
    Keine Regierung Israels wird diese halbe Million jüdischer Siedler jemals wieder rausholen können aus ihren Siedlungen. Nicht ohne Bürgerkrieg und Umsturz und gewaltiges Blutvergiessen.
     
    Woraus sich zwangsläufig ergibt, dass eine Zwei-Staaten-Lösung illusorisch geworden ist.
    Woraus sich dann wiederum zwangsläufig ergibt, dass als Optionen für Israel nur der binationale Einheitsstaat „one man one vote“, oder die Fortsetzung des jetzigen Zustands der Besatzung, Besiedelung und Apartheid auf ewig, oder ein grosser eliminatorischer Völkerkrieg übrig bleiben.
     
    In jedem Fall wäre es aber das Ende eines „jüdischen UND demokratischen“ Staates Israel.
     
    „Wenn ihr wollt, ist es kein Maerchen,“ Herzl. Aber diejenigen, die über 40 Jahre lang die besetzten Gebiete jüdisch besiedelt haben, die haben es zu einem Märchen gemacht. Je besoffener und irrationaler der Traum, desto grösser der Kater. Das wird für Israel noch ein böses Erwachen geben. Willkommen in der Realität!

  • Robert Schlickewitz

    Wie man es dreht oder wendet, die Hauptverantwortung  dafür, wie es gekommen ist, trägt Europa.
     
    Ohne den eliminatorischen Antisemitismus des Herzlandes Europas, ohne die jahrhundertealte und anscheinend unausrottbare, religiös motivierte oder religiös begünstigte Intoleranz west- und osteuropäischer Länder, ohne den so verwerflichen europäischen Kolonialismus, ohne den bis in die Gegenwart reichenden Ungeist der Ausgrenzung alles Nichtchristlichen in ganz Europa, wäre es dazu nicht gekommen.
     
    Destruktive Kritik vom Standpunkt eines mit den Zusammenhängen nicht ausreichend vertrauten, billige Polemik als zweckdienlich erachtenden, besserwisserischen Angehörigen einer europäischen Nation (wohl der verbrecherischsten) ist fehl am Platze und führt nicht weiter.
     
    Gefragt sind konstruktive Beiträge zur Lösung der vom Christentum und von Europa verursachten Missstände, brauchbare Vorschläge zu Versöhnung und Deeskalation, tiefe menschliche Einfühlsamkeit und ein ehrliches Bedürfnis allen Beteiligten (nicht nur einer Seite) Beistand leisten zu wollen.
     
    Seine Häme und sein Hohn, sein Spott und seine Verächtlichmachung weisen „Sebaldius“ als hierfür ungeeignet aus.

  • Yaakov-Meir

    Ac h, Sebaldius… so viele haben es bereits versucht, uns auszurotten – letzlich dein Volk (die Deutschen, wenn du zu ihnen zählst), und alle sind gescheitert. Dein Tausendjähriges Reich ist dahin, genauso wie die anderen, die es vorhatten. Wir leben weiter. Und haben jedes Recht, uns in unserem Land niederzulassen, und werden es weiterhin tun – möge es dir gefallen, oder nicht.

  • Jane

    Deutschland hat zwar eine diese große Tragödie veranstaltet, die maßgeblich mit dazu beigetragen hat, dass Israel 1948 gegründet wurde und die Immigration nach Israel wurde stark beschleunigt, aber für die Politik Israels ist Israel schon selbst verantwortlich,  zudem es ohnhin für Einmischung nicht gerade offen ist.
    Zur Lösung des Problems würde ich vorschlagen, von wirklich allen Seiten zu erwarten, sich an internationales Recht zu halten – dann hätte es dort schon spätestens seit Mitte der 90er Frieden geben können und klare Verstöße klar zu sanktionieren und nicht etwa noch zu subventionieren.
    Daran ändert sich auch nichts, es sei denn wir wollen das internationale Recht in die Tonne hauen und allesamt wieder zurückkehren zum Faustrecht.
    Ohne einen palästinensischen Staat kann es dort keinen Frieden geben und einseitige Annexionen Israels verbauen den Weg dorthin und das sollte man auch so beim Namen nennen und nicht honorieren.
    Tatsächlich kann sie ohnhin kein Staat der Welt anerkennen. Eine solche Anerkennung wäre ebenfalls nicht rechtens.
    Israel sollte mit seiner VogelStrauß-Politik aufhören.