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Lieber Mischa

Jede jüdische Mutter sollte Lena Gorelik dankbar sein, denn sie hat alles, was unser Nachwuchs wissen muss, auf den Punkt gebracht…

„Lieber Mischa: … der Du fast Schlomo Adolf Grinblum geheißen hättest, es tut mir so leid, dass ich Dir das nicht ersparen konnte: Du bist ein Jude.“ Das ist der Titel von Lena Goreliks neuem Buch. In ihren ersten drei Büchern wendete sich die 1981 in Leningrad geborene und mit elf Jahren als „Kontingentflüchtling“ nach Deutschland gekommene Autorin ihren russischen Wurzeln zu. Das neue Werk geht ausschließlich um das Thema „Jude sein in Deutschland“, auf unkonventionelle und charmant unterhaltsame Art.

Zur Einstimmung listet die Autorin eine Top Ten der antisemitischen Vorurteile auf und wer hier schon zu schnaufen hat, der wird sich noch wundern. Es ist mehr als nur erfrischend, den ironischen Klartext Lena Goreliks zu lesen, der mit den Klischees ums Jude sein spielt und sie in Frage stellt. Das Buch ist wie ein langer Brief an ihren Sohn aufgebaut, der das Dasein als Jude in Deutschland erklärt, mit Kommentaren an den Seitenrändern versehen. Jude sein in Deutschland kann anstrengend sein, denn es sei nichts, was man einfach so hin nimmt, sagte Gorelik in einem Interview mit dem BR, und meint damit vor allem die anderen, die Nicht-Juden. Jude sein lässt Fragen aufkommen, ist ganz einfach noch immer keine Selbstverständlichkeit. Es sei „ein bisschen wie als Giraffen-Besitzer in Deutschland zu leben“, witzelt Gorelik.

Im Buch rechnet sie mit allen Themen ab, die einem als Jude in Deutschland begegnen, Antisemitismus, Philosemitismus, Konvertiten, Selbsthasser, Israel und der Holocaust. „Wie ist es, als Juden in Deutschland zu leben?“, ist die gewichtige Frage, der sich Gorelik im letzten Kapitel widmet: „Alle reden von Normalität, aber Normalität ist, wenn man diese Frage nicht mehr stellen muss. Vielleicht sind wir ja eines Tages so weit. Vielleicht wirst Du ja eines Tages sagen: „Mama, was für ein Blödsinn! Ich wurde das noch nie gefragt!“, und mir fällt kaum etwas ein, was mich mehr freuen würde. Wir sind eine neue Generation, Du noch mehr als ich.“

Im übrigen, Lena Gorelik hat zwar einen Sohn, aber der heißt natürlich nicht Mischa. Ihre literarische Aufklärung ist für jeden Sohn, für jedes Kind, und vor allem natürlich für jede Mutter und jeden Vater passend. Juden und Nicht-Juden. Ob jeder darüber lachen kann, sei dahin gestellt. Aber Lena Gorelik schreibt defintitv in bester Tradition des jüdischen Humors.

Jüdischer Humor ist für sie, die nicht religiös lebt, Basis des Judentums. „Es ist nicht schlimm, beim Thema Judentum auch mal unterhalten zu werden“, so Gorelik im Hinblick auf ihr Buch. NEIN, liebe Lena, ganz und gar nicht. Vielen Dank!  – al

Lena Gorelik: Lieber Mischa der Du fast Schlomo Adolf Grinblum geheißen hättest, es tut mir so leid, dass ich Dir das nicht ersparen konnte: Du bist ein Jude.
Graf Verlag 2011, Euro 18,00, Bestellen?

Lena Gorelik im Interview

LESUNG:
Katja Riemann liest aus Lena Gorelik, Lieber Mischa
am 07.08.2011, 12:00 Uhr, Kulturraum Zwinglikirche, Rotherstraße 3, 10245 Berlin

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