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München-Krimi: Blinde Flecken

Ein Krimi aus München mit erstaunlicher Aktualität…

Die Neonazi-Szene Münchens ist gerade einmal wieder in den Schlagzeilen. Martin Wiese, der die rechtsradikale „Kameradschaft Süd“ anführte und 2003 wegen eines geplanten Sprengstoffattentats während der Grundsteinlegung des neuen Jüdischen Kulturzentrums am Jakobsplatz in München zu sieben Jahren Haft verurteilt wurde, ist seit September vergangenen Jahres auf freiem Fuss und scheint sich wieder in der rechtsextremen Bewegung zu engagieren. „Es ist bekannt, dass Wiese seine Gesinnung nicht verändert hat, dass er Briefe aus der Haft mit „Heil Hitler“ unterzeichnete und noch im Gefängnis ankündigte, nach seiner Entlassung wieder zu den alten Freunden stoßen zu wollen, um seine Erfahrungen zu teilen und neue Wege im nationalpolitischen Kampf zu gehen“, sagte Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayer, dazu kürzlich.

Stoff für einen Krimi, möchte man meinen. Nur, Peter Probst hat ihn schon geschrieben. „Blinde Flecken“ heißt der Auftakt zu seiner Krimi-Reihe, in der der ehemalige Polizist Schwarz als Privatermittler unterwegs ist. Probst, Autor von etwa neunzig Drehbücher, vor allem für Fernsehspiele und Krimis wie den „Tatort“, verlegt den ersten Fall des sympathischen Ermittlers in die Neonaziszene der bayerischen Hauptstadt. Der Fall Wiese diente Probst als Inspiration, dass er sich ähnlich weiterentwickelt, konnte er allerdings nicht ahnen. Denn auch der Täter in „Blinde Flecken“ bleibt im Gefägnis seiner Gesinnung treu, mehr noch, radikalisiert sich und formiert seine ehemaligen Kameraden neu. Es bleibt zu hoffen, dass das Szenario trotz allem Fiktion bleibt.

In einem Interview nach dem Unterschied im Schreiben zwischen Drehbuch und Buchkrimi befragt, sagte Peter Probst: „Drehbücher arbeiten natürlich vor allem mit dem Dialog, während die genaue Beschreibung der Atmosphäre oder gar die Innenwelt einer Figur meistens keine große Rolle spielen. Gerade das und die Chance, meinen eigenen Ermittler zu erfinden, waren für mich bei den „Blinden Flecken“ ein großer Reiz.“ Beides ist ihm wunderbar gelungen. Das Buch schafft eine dichte Atmosphäre rund um den Plot abseits vom glamourösen Schicki-Micki München und Anton Schwarz, der seine eigene Identität neu entdeckt, muss man einfach gern haben.

Mittlerweile erschien unter dem Titel „Personenschaden“ bereits der zweite Krimi, in dem Schwarz ermittelt.

Peter Probst: Blinde Flecken. Schwarz ermittelt, dtv 2010, Euro 8,95, Bestellen?

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