Diese Szene hat sich in das kollektive Gedächtnis eingeprägt: Wir sehen einen flüchtenden älteren Herrn, er trägt einen Hut und hält sich schützend seine Aktentasche vor den Kopf. Verfolgt wird er von einer Kamera, eine Tonaufnahme der Szenen existiert nicht.Es handelt sich um Kurt Lischka, verantwortlich für die Deportation und Ermordung von über 70.000 französischen Juden…
Von Roland Kaufhold
Gedreht hat diese Szene der in Israel aufgewachsene, seit 1958 in Deutschland lebende Kameramann Harry Zwi Dreifuss im Jahr 1971. Beate und Serge Klarsfeld hatten bei ihrer Suche nach den Verantwortlichen für die Verfolgung von Juden in Frankreich die NS-Täter Kurt Lischka, Herbert M. Hagen und Ernst Heinrichsohn – letzterer war seit 1960 Bürgermeister der bayrischen Gemeinde Bürgstadt – aufgespürt. Obwohl in Frankreich von Strafverfolgung bedroht lebten sie in Deutschland als angesehene Bürger, unbehelligt von der deutschen Justiz.
Es dauerte acht lange Jahre, bis diese zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt wurden. Es war einer der wenigen NS-Prozesse, der zu einer – dennoch eher symbolischen – Verurteilung von NS-Tätern führte, ermöglicht durch einen außergewöhnlich mutigen Richter (Heinz Faßbender) und einen mutigen Staatsanwalt (Rolf Holtfort). Vor allem jedoch: Aufgrund massiver Proteste von über 1000 französischen Juden in Köln, kurz vor Prozessbeginn.
An diesen wichtigen, historisch singulären NS-Prozess erinnert ein lesenswerter, bebilderter Band – der sich zugleich als „eine jüdisch-französisch-deutsche Erinnerungsgeschichte“ versteht.
Die Verurteilung von Lischka/Hagen/Heinrichsohn am 11.2.1980 zu 8, 10 und 12 Jahren Haft – nach nur vier Monaten Prozessdauer – wegen „Beihilfe zum 73.000-fachen Mord“ (S. 77) war gegen den erklärten Verdrängungswunsch der deutschen Mehrheitsgesellschaft ermöglicht worden. Der FDP-Abgeordnete Ernst Achenbach, selbst tief in die NS-Zeit verstrickt, hatte jahrelang nichts unversucht gelassen, um solche NS-Prozesse zu vereiteln. Ermöglicht hatte dies vor allem ein umsichtiger, gegenüber den Opfern und Zeitzeugen einfühlsamer Richter, Heinz Faßbender, dessen Wirken im Band mehrfach gewürdigt wird. Als am 10.5.2010 im Kölner Verwaltungsgericht eine Gedenktafel – ebenfalls angeregt durch die Klarsfelds – zur Erinnerung an den 20 Jahre zurückliegenden Lischka-Prozess enthüllt wurde, in Anwesenheit zahlreicher staatlicher Prominenz, hielt Faßbender die Festansprache. Auf einem im Buch veröffentlichten Foto sehen wir ihn inmitten zahlreicher französischer Juden, darunter vieler überlebender Widerstandskämpfer. Ein Foto, das „passend“, angemessen wirkt. Joachim Arntz, ehemals Präsident des Kölner Verwaltungsgerichts, erinnert sich: „Insgesamt war es eine ausgesprochen würdevolle und sehr nachdenklich stimmende Feier, die bei allen Anwesenden einen tiefen Eindruck hinterlassen hat. Frau Klarsfeld schrieb mir später, die Feier sei `besonders für diejenigen, die vor dreißig Jahren mit uns demonstrierten, (…) ein wunderbares Erlebnis´ gewesen und habe das Engagement der Gruppe, `das wir vor so langer Zeit begonnen hatten´, beendet.“ (S. 104)
Es hatte jedoch drastischer Maßnahmen und eines unermüdlichen Engagements bedurft, bis es Beate und Serge Klarsfeld – der Vater von Serge Klarsfeld gehörte zu den jüdischen NS-Opfern in Frankreich – gelang, diesen Prozess durchzusetzen. 1971 unternahmen sie den Versuch, Lischka in Köln zu entführen, um ihn der französischen Justiz auszuliefern. Der Versuch misslang. Immer wieder führten sie in Frankreich und Deutschland Pressekonferenzen über die Verantwortung der drei durch, legten immer neue Dokumente vor. Vergeblich. Stattdessen wurden gegen sie aufgrund ihres internationalen Engagements gegen untergetauchte NS-Täter mehrere Bombenanschläge verübt. Sie hatten sehr viel Glück, blieben unverletzt. In Frankreich und Israel wurden sie für ihr Engagement vielfach geehrt, in Deutschland hingegen blieben Wertschätzungen aus. Teile der Presse rückten Beate und Serge Klarsfeld bewusst in die Nähe der RAF-Terroristen (S. 194). Vor Prozessbeginn wurden sie von der konservativen Presse als „Pöbel“ und „Pack“, als „Ohrfeigen-Beate“ (S. 209) denunziert – von der französischen Presse wurde dies aufmerksam wahrgenommen. Erst nach der Verurteilung von Lischka, Heinrichsohn und Hagen änderte sich der Tonfall – zugleich ein Indiz für den überdauernden Erfolg ihres Engagements.
Von 1971bis 1979 führten die Klarsfelds, unterstützt durch zahlreiche Freunde der Fils et Filles des Déportés Juifs de France (F.F.D.J.F.) , immer wieder gezielte Regelverstöße durch, um das kollektive Schweigen, den Schutz der NS-Täter durch Inaktivität der Gerichte, zu durchbrechen, die ungeheuerliche Ungerechtigkeit öffentlich zu inszenieren: „Wir hatten also die Wahl, entweder blutige Attentate zu verüben oder selbst Opfer zu werden – so oft, wie es nötig war, um unsere Ideen und unseren Wunsch nach Gerechtigkeit durchzusetzen“ (S.204), führte Serge Klarsfeld im Rückblick aus.
Einige Beispiele: Im April 1971 betrat der Résistance-Kämpfer und Auschwitz-Überlebende Ralph Feigelson in KZ-Kleidung gemeinsam mit den Klarsfelds den Kölner Justizpalast, um belastende Dokumente gegen Lischka und Hagen zu übergeben. Zwei Jahre später, 1973, demolierte eine Gruppe um Klarsfeld das Mobiliar in Lischkas Kölner Büro, um auf dessen „ungesühnte Vergangenheit“ hinzuweisen.
1974 erschienen im Prozess gegen Beate Klarsfeld wegen der gescheiterten Entführung Zeugen in KZ-Kleidung vor dem Kölner Gericht. Die damalige Stimmung des Prozesses ist heute kaum noch vorstellbar. Der wegen seiner Härte legendäre Richter de Somoskeoy überzog jeden, der es wagte, kritisch über den Prozess zu berichten, mit Strafanzeigen. Er verurteilte Beate Klarsfeld zu zwei Monaten Haft ohne Bewährung; das NRW-Justizministerium erließ die den Rest der Strafe wegen der Untersuchungshaft wieder. Henryk M. Broder, der sich seinerzeit noch als ein Linksradikaler verstand, konzedierte diesem Richter die „Sensibilität einer Kreissäge“ (S. 233). ((Der Spiegel, 4.8.1980:Jählings strahlte die Fürsorgepflicht auf. SPIEGEL-Reporter Gerhard Mauz im Prozeß gegen die Journalisten Broder und Gremliza in Hamburg, http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14318990.html))
1975 wurden französische Demonstranten vor Lischkas Kölner Büro in KZ-Kleidung abgeführt. Kurz vor Prozessbeginn eröffnete die F.F.D.J.F. im Kölner Rathaus eine historische Ausstellung über den Holocaust in Frankreich.
Viele Demonstranten – im Herbst 1979 reisten vor Prozessbeginn etwa 1200 französische Juden mit Sonderbussen nach Köln – trugen in den Kölner Straßen den gelben Davidstern. Vor dem viel zu kleinen Gerichtssaal, er hatte nur 180 Plätze, kam es zu heftigen Tumulten, die größtenteils französischen Demonstranten stimmten aus Protest gegen ihren Ausschluss mehrfach das Lied der Moorsoldaten ein. „Ihre `Assassin´ (`Mörder´) – Rufe waren auch im Gerichtssaal zu hören.“ (S. 198) Die zahlreichen im Buch präsentierten Fotos dieser Proteste geben ein eindrückliches Bild der damaligen Auseinandersetzungen.
Jens Tanzmann resümiert in seinem Buchbeitrag: „An jedem Tag der folgenden 29 Sitzungen des Gerichts waren Juden aus Frankreich, Belgien oder Israel anwesend. Insgesamt absolvierten sie mehr als dreitausend Fahrten nach Köln, die Jahre vor dem Prozess mit eingeschlossen. (…) Sie waren fest entschlossen, mit ihrer Präsenz den öffentlichen Druck auf die Justiz aufrechtzuerhalten und eine Verschleppung des Verfahrens oder gar eine Diffamierung der Opferzeugen – wie im Düsseldorfer Majdanek-Prozess – zu verhindern.“ (S. 198f.)
Le Figaro schlussfolgerte über den sehr ungleichen Umgang der deutschen und der französischen Presse mit dem Engagement der Klarsfelds und ihrer Freunde: „In Frankreich ehrt man die Opfer des Nationalsozialismus. In Deutschland schlägt man sie.“ (S. 206)
In zahlreichen Buchbeiträgen und nachgedruckten Interviews werden die Stationen des Lischka-Prozesses wie auch die „Repräsentanten jüdischen Engagements in den 1970er-Jahren“ (Anne Klein, S. 121f.) nachgezeichnet. Über die Verfolgung, Deportation und Ermordung der französischen Juden finden sich gleichfalls zahlreiche Studien meist jüngerer Publizisten, wie auch über die „Rechtspolitischen Rahmenbedingungen des Lischka-Prozesses“ (Ingo Müller, S. 62ff). Im Interview von Magdalena Kemper mit Beate Klarsfeld (2006) spricht diese in offenherziger Weise über ihr Kennenlernen ihres Ehemannes wie auch über ihr Jahrzehnte langes gemeinsames erinnerungspolitisches Engagement. Ihre Ohrfeige Kurt Kiesingers am 7.11.1968 beim CDU-Parteitag machte sie weltberühmt. Konkrete Angst habe sie vor ihren internationalen Protestaktionen – darunter auch in lateinamerikanischen Diktaturen sowie in kommunistischen Staaten – nie gehabt: „Aber da war immer diese Nervosität, ob ich es schaffen würde. Das Gelingen der Aktionen war das Wichtigste, und da blieb für Angst eigentlich keine Zeit.“ (S. 132) Ihre Kontakte zu Apo-Vertretern trugen nicht weit: „Die NS-Verbrechen waren für sie nie ein großes Problem gewesen. Als dann ein großer Teil der 68er antiamerikanisch und damit auch anti-israelisch wurde, kam es zum Bruch mit ihnen“ (S. 132). Und im Beitrag von Martin Rapp wird ihre Bemerkung aus dem Jahr 1987 im Rückblick auf die 68er-Revolte in der Bundesrepublik so wiedergegeben: „Gegen den amerikanischen Faschismus in Vietnam oder für die Rechte der Palästinenser zu demonstrieren war einfacher, als sich mit den eigenen Vätern auseinanderzusetzen.“ (S. 167) Die meisten der wenigen politisch „linken“ Juden der nachwachsenden Generation in der Bundesrepublik haben vergleichbare Erfahrungen und politische Entscheidungen getroffen. ((Siehe hierzu: Roland Kaufhold (2012): Der Psychoanalytiker Sammy Speier (2.5.1944 – 19.6.2003): ein Leben mit dem Verlust. In: Kaufhold, R. & Nitzschke, B. (Hg.) (2012): Jüdische Identitäten in Deutschland nach dem Holocaust. Psychoanalyse – Texte zur Sozialforschung, 16. Jg., Heft 1 (28), 2012))
Ihre Entschlossenheit, das Schweigen der Täter – in diesem konkreten Fall: Kurt Lischkas – mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu durchbrechen, bis hin zur Gefährdung der eigenen Gesundheit, kommt auch in dieser dichten Interviewszene zum Ausdruck:
„Eines Tages, als die Sache wieder festgefahren war, ist mein Mann nach Köln gekommen und hat vor dem Lischka-Büro gewartet. Als Lischka herauskam, hat er ihm eine Pistole vor die Stirn gehalten. Lischka dachte natürlich, jetzt sei seine letzte Stunde gekommen, aber die Pistole war gar nicht geladen. Aber das konnte er natürlich nicht wissen. Mein Mann ist nach Paris zurück gefahren und hat sofort einen Brief an die Staatsanwaltschaft geschrieben und gedroht, dass wenn der Prozess nicht endlich eröffnet würde, irgendwann einer der Überlebenden die Waffe ergreifen und Selbstjustiz begehen würde. Aber zum Glück mussten wir und nicht selbst rächen. Im Schlussplädoyer des Lischka-Prozesses hat mein Mann gesagt: `Wir danken der deutschen Justiz, dass sie ihrer Verpflichtung nachgekommen ist und den Prozess geführt hat.´“ (S. 133)
Die mehrjährigen Auseinandersetzungen fanden immer am Abgrund eines Vulkans statt. Es erscheint im Rückblick als ein Wunder, dass den Klarsfelds körperlich nie etwas zugestoßen ist.
Es hat in der Bundesrepublik mehrere Protagonisten gegeben, die beharrlich die Nazizeit dem Vergessen, der Verdrängung zu entreißen versuchten. Zu nennen sind vor allem die Historiker Josef Wulf und Léon Poliakov, auf die im Buch mehrfach verwiesen wird. Mehrfach hervorgehoben wird auch Thomas Harlan, Sohn des Nazi-Regisseurs Veit Harlan. Bereits 1959 hatte dieser 93 Personen öffentlich genannt, die in die Verfolgung der Juden in Frankreich unmittelbar involviert waren. In dem Beitrag „Thomas Harlan: Die Suche nach der Wahrheit über Thomas Harlan“ (Martin Rapp) wird dessen Wirken ausführlich dargestellt.
Im Buch ist eine Sehnsucht zu spüren, kollektive Identitätsdiskurse aufspüren zu können. Immer wieder taucht der Versuch auf, so etwas wie einen kollektiven jüdischen Diskurs der Selbstbehauptung, des Widerstandes, der Würde nachzuzeichnen. Entwicklungslinien der autobiografischen Verarbeitung, der Aneignung des fürchterlichen historischen Erbes beschreiben zu können. Es geht immer auch – von deutscher Seite aus (keiner der deutschen Autoren des Bandes vermag nach meinem Wissen auf eine jüdische Biografie „zurück zu greifen“) – um eine scharfe Kritik der Elterngeneration. Und doch ist ein Zweifel an den eigenen Idealisierungen spürbar. Kapitelüberschriften wie „Französische Zivilcourage versus deutscher Gehorsam?“ (S. 227) stehen hierfür. Und das deutsch-französische, jüdisch-„christliche“ Ehepaar Beate und Serge Klarsfeld symbolisieren in ihrer Radikalität des wagemutigen, unerschrockenen Handelns in idealtypischer Weise diese Ambivalenz. Dementsprechend werden im Buch einige deutsch-jüdische Biografien nachgezeichnet, die in authentischer Weise das Durchbrechen des „deutschen Schweigens“ symbolisieren. Der eingangs erwähnte Kameramann Harry Zwi Dreifuss und dessen früher „Film über das Ankommen“ (S. 158ff) wird in einem eigenen Kapitel vorgestellt. Als jüdisches Baby hatte Harry Zwi Dreifuss mit seinen Eltern das nationalsozialistische Deutschland verlasse, war in Palästina bzw. im jungen Staat Israel aufgewachsen – und kehrte doch 1958 als 23-Jähriger wieder nach Deutschland zurück. Und just er, der jüdische Rückkehrer, filmte als einziger diese drei NS-Täter, 1971! 1963 hatte Harry Dreifuss ein filmisches Erstlingswerk unter dem Titel „Begegnungen“ erstellt: ein frühes Zeitdokument der deutsch-jüdischen Nachkriegsgeschichte, welches wegen seines „kontroversen Charakters“ nie im Fernsehen zu sehen war. Das Portrait von Harry Dreifuss und seiner Ehefrau Tamar Dreifuss – sie leben heute in der Nähe Kölns – ist ansprechend gelungen.
Dies trifft gleichfalls auf das Wirken von Peter Finkelgruen und dessen Ehefrau Gertrud Seehaus zu. Das kurzlebige Zeitschriftenprojekt der Freien Jüdischen Stimme, das die Finkelgruens 1979/1980 gemeinsam mit Henryk M. Broder herausgegeben hatten, ((http://www.hagalil.com/archiv/2012/03/05/finkelgruen-7/)) wird im Buch im Unterkapitel „Jüdische Stimmen aus Deutschland“ (S. 232ff.) vorgestellt. Es findet sich dort auch eine der Portraitzeichnungen, die Gertrud Seehaus während der Gerichtsprozesses gegen Lischka, Heinrichsohn und Hagen als Zuschauerin angefertigt hatte. Ihre zwei Gedichte, die Gertrud Seehaus als Reaktion auf diesen NS-Prozess verfasst hat – „Wartezustand“ und „Muttersprache“ (1980) – sind ebenfalls in den Band aufgenommen worden.
Das Gedicht Wartezustand sei wiedergegeben:
„In diesem Land voller Gedeih
Liegen Erinnerungen herum wie Pflastersteine,
sind die Münder der vierzigjährigen Kinder
gestopft mit Knebeln gegen das Reden,
bilden an den Rändern der Väterträume
sich Schattengestalten,
nisten Schreie zwischen den Häuserritzen
– Wartend auf den Kammerton E wie
Erlösung – ,
will die Trauer
– Plattgedrückt wie eine Wanze,
klein gehalten wie ein schwelendes Feuer –
Blasen bilden.“
Abschließend sei erwähnt: Dass es familiär nicht nur Schweigen, Verdrängung, Geschichtsleugnung gegeben hat wird in dem aufrichtigen, berührenden Beitrag „Jens Kuchenbuch erinnert sich an seinen Patenonkel Kurt Lischka“ (S. 219ff) deutlich. Lischka war der Onkel Jens Kuchenbachs und für diesen zugleich beinahe ein väterlicher Freund. Dementsprechend formuliert Kuchenbach: „Lischka war ein Freund meiner Familie. Er war für meinen Vater nie der „Herr Lischka“, sondern immer der „Onkel Kurt“. (…) Für meinen Vater war er gleichzeitig Freund und Vaterersatz.“ (S. 219) Der Autor beschreibt, wie er mit zunehmendem Alter, mit zunehmendem historischen Wissen seinen Onkel Kurt Lischka – der ihm auch beruflich immer wieder geholfen hatte – als das zu sehen vermochte, was er zuerst und vor allem auch war: Ein rücksichtsloser Verbrecher und Karrierist.
Der vorzüglich bebilderte, bewusst interdisziplinär angelegte Band fängt die damalige aufgewühlte Stimmung, das Aufbegehren der französischen Kinder der Überlebenden gegen das deutsche Schweigen, vorzüglich ein. Eine aufwühlende Zeitreise.
Anne Klein (Hg.) unter Mitarbeit von Judith Weißhaar: Der Lischka-Prozess. Eine jüdisch-französisch-deutsche Erinnerungsgeschichte. Berlin 2013, Metropol, 279 S., 19 Euro, Bestellen?
Leserbriefe