„Das Judentum, meine Heimat, ist in die Hände von Leuten gefallen, denen Volk und Nation höhere Werte sind als Gerechtigkeit und Nächstenliebe“, so Rolf Vereger im Klappentext seines Buches mit dem er „einen Beitrag dazu leisten möchte, dass sich dies ändert“.
In den ersten Kapiteln beschreibt er seine jüdischen Wurzeln als persönlichen Hintergrund und umreisst die Geschichte des Zionismus. Sodann diskutiert er die Frage, was es heute angesichts der schwindenden Bedeutung von Religiosität heisst, Jude zu sein. Problematische Ersatzidentitäten sieht er im Nationalismus und im blossen Anti-Antisemitismus. Eine Alternative sieht er in der Rückbesinnung auf die eigentlichen Werte und Forderungen der jüdischen Lehre und Ethik…
Die Forderung nach Gerechtigkeit und Frieden sei im Judentum wesentlich zentraler als die heute viel zu oft postulierte auf Volk und Land bezogene Ideologie der Nationalisten. Nach Hillel ist die Nächstenliebe die Kernforderung der Torah. Für Rolf Verleger, der sich als einen „stolzen Juden“ definiert, entspricht die zunehmende „Geiselnahme des Judentums durch die völkischen Nationalisten“ einer „Schändung des jüdischen Selbstbildes“, die er nicht hinnehmen will. Es gelte heute das Judentum aus der nationalistischen und nationalreligiösen Vereinnahmung zu befreien. Es ist umso notwendiger „unsere Tradition als eine Religion der Befreiung zur moralischen Erneuerung wieder ans Tageslicht zu bringen“, je mehr sich diese Abenteurer und Eiferer zu Hütern von Tradition und Religion aufschwingen.
Ein ganzes Kapitel widmet sich folgerichtig dem Grundsatz der Nächstenliebe, wobei auch die Einbeziehung des Fremden in diese Liebe und Achtung, wie sie Torah und Propheten immer wieder fordern, betont wird.
In einem Gespräch mit medico international, kurz vor Neujahr 5767, erklärte er dies so: „Bald ist das jüdische Neujahr. Es geht darum, dass das Buch des Lebens für das nächste Jahr neu geschrieben wird. Man muss viel beten, um in das Buch des Lebens im nächsten Jahr aufgenommen zu werden. Der zentrale Satz lautet: Was hilft uns für das neue Leben? Tschuwah uTfilah uZdakah, zu deutsch: Rückkehr zu Gott, Gebet und Gerechtigkeit. Von Gewalt ist nie die Rede. In den „Sprüchen der Väter“ heisst es, dass die Welt auf drei Dingen aufgebaut ist: Auf der Torah, der Kenntnis Gottes, der Awodah, dem Befolgen seiner Gesetze, und Gmiluth Chasadim, dem Erweisen von Wohltaten. Auch dort ist keine Rede von Gewalt oder von Landbesitz.
Zum Verhältnis von Israel und den Juden in der Welt zitiert er im selben Gespräch, obwohl selbst orthodox, den führenden Reformrabbiner Leo Baeck, bis zu seiner Deportation gesitiges Oberhaupt der Juden in Deutschland,der sinngemäss sagte, Israel und die Diaspora seien zwei Brennpunkte einer Ellipse. „Ein mir einleuchtendes Bild, das ein Spannungsverhältnis beschreibt, in dem man immer wieder neu zueinander finden muss“.
Ob die von Rolf Verleger initiierte Aktion "Schalom 5767" auf dem Weg zum Frieden helfen oder eher hindern wird, muss sich noch zeigen. Ins Leben gerufen hatte er die Initiative, nachdem er sich während des zweiten Libanonkrieges im Sommer 2006 in einem „Offenen Brief“ von der „vorbehaltloser Unterstützung aller Massnahmen der israelischen Regierung durch den Zentralrat“ distanzierte. Er blieb danach zwar auch weiterhin Mitglied im Präsidium des Zentralrats, wurde aber schwer kritisiert und von seiner Gemeinde als Vorsitzender abgesetzt.
Nach Ansicht des israelischen Publizisten Uri Avnery, den Verleger mehrmals zitiert, ist es vor allen Dingen wichtig die Israelis und folgerichtig, nach Ariel Sharon, auch die Juden in der übrigen Welt, von der Notwendigkeit eines konsequenten Friedenskurses zu überzeugen. Die Resonanz auf "Schalom 5767" war eher ablehnend. Die Aufforderung an die Bundesregierung zum „Umdenken in der Palästinafrage“, wie von den Unterzeichnern gefordert, wurde von vielen als kontraproduktiv, wenn nicht gar verräterisch gewertet. Der Nürnberger IKG-Chef Hamburger bezeichnete Verleger gar als „Volksschädling“.
Wie schwierig es ist in einem solchen Klima sachlich zu diskutieren, zeigt auch die unter der Überschrift „Diskussion ist möglich, aber unerwünscht“ im Buch dokumentierte Email-Diskussion. Auch wegen der hier gebrachten Argumente – pro und kontra, lohnt sich ein Blick in Rolf Verlegers Buch. Vielleicht bieten sich ja in der herbstlichen Laubhütte, die auch als Sukath Schalom bezeichnet wird, ein paar ruhige Momente.
Prof. Dr. Rolf Verleger, geb. 1951, ist Psychologe am Universitätsklinikum in Lübeck. Er veröffentlichte zahlreiche Artikel in wissenschaftlichen Zeitschriften über Gehirnprozesse beim Wahrnehmen und Handeln. Er ist Mitglied im Zentralrat der Juden in Deutschland.
Fast die ganze Welt ist in die Hände von Leuten gefallen, bei denen Glaube, Gerechtigkeit und Nächstenliebe keine grosse Rolle spielt. Die bald 6000 Jahre jüdisches Leben, haben Israel davor bewahrt. Also kein Irrweg, eher ein schwerer Weg.
Herr Verleger schreibt: „"Das Judentum, meine Heimat, ist in die Hände von Leuten gefallen, denen Volk und Nation höhere Werte sind als Gerechtigkeit und Nächstenliebe"“ Nun, einmal von der Art der Unterstellung abgesehen, mit der er versucht, andersdenkende verächtlich zu machen, kann er es offenkundig nicht verkraften, in demokratischen Abstimmungen Niederlagen zu erleiden. So wurde er aufgrund seiner untragbaren, antizionistischen Aussagen ja schon aus mehreren Gremien abgewählt. Interessant auch, das er sein Buch in einem Verlag des linksextremistischen Spektrums herausbringt.
„Bald 6000 Jahre jüdischen Lebens“?
Nur weil gerade ein Schnupfen grassiert, darf ich nicht die eigene Nase putzen und mir Gedanken darüber machen, wie ICH den Schnupfen wieder loswerde und vielleicht nächstes Mal keinen mehr bekomme?