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Die Hand der Miriam

Mit diesem Band legt die Autorin Nea Weissberg-Bob, unter dem Namen ihrer Großmutter Nejusch, ein modernes jüdisches Märchen für Erwachsene vor, in dessen Mittelpunkt ein phantastischer Traum steht…

Von Thomas Irmer

Es ist der Traum einer Mutter über ihre tiefen Gefühle, die sie für ihre autistisch behinderte Tochter empfindet. Gegensätzliche Gefühle, die sich in kraftvollen Bildern ausdrücken, wie in einem „griesgrämigen Geist“ und einem Wunderrabbi, zwei zentralen Figuren im Traum.

Die kurze Erzählung setzt am Übergang zum Erwachsenwerden an, wo die Kinder „aus dem Haus gehen“ und die Beziehung zwischen Eltern und Kind sich idealtypisch auf eine neue Verbindung ausrichtet. Es geht um die Perspektive der Mutter, um ihr Ringen mit dem Wunsch, das Kind loslassen zu können. Die Protagonistin kämpft mit der Frage, ob sie sich als Mutter diesen Wunsch eingestehen darf.

Die Antwort von Nejusch liegt in einer Auseinandersetzung mit eigenen Ängsten, gesellschaftlichen Tabus und allgemeinen Moralvorstellungen. Die Träumende begegnet einem Wunderrabbi, der ein moderner Fürsprecher ist. Seine Ratschläge werden jedenfalls eine zentrale Rolle für die Träumende einnehmen. Sie können auch als Erwartung an eine aufgeklärte wie aufklärende Gesellschaft gelesen werden, Raum und Unterstützung für Selbstbestimmung und Toleranz zu geben.

Illustriert wird der Band mit 17 farbenfrohen und bewegungsstarken Aquarellen von Janina. Ihre mit Fingernägeln und Pinsel bearbeiteten Scratch-Bilder entstanden, so Nejusch, als spontane Reaktion auf das Märchen. Nejuschs Deutung, dass es sich dabei um Momentaufnahmen, um „intuitive Stimmungsbilder“ handelt, scheint nachvollziehbar.

Der 44-seitige bibliophile künstlerisch wohlgestalteter Band ist zweisprachig angelegt, in deutscher und englischer Sprache. Die englische Übersetzung von Toby Axelrod folgt behutsam dem Original. Übersetzt wurde auch ein Beitrag der Berliner Sozialpädagogin Hilde Gött, der sich dem Märchen anschließt. Gött interpretiert Nejuschs Traum als einen Schlüssel für ein Tor zur Autonomie, das auch Mutter und Kind erreichen können.

Nejusch: Die Hand der Miriam. Mit Bildern von Janina
Berlin: Lichtig Verlag, 2009, 21,50 €, Bestellen?

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