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Das Ende der Sprachlosigkeit? Auswirkung traumatischer Holocaust-Erfahrungen über mehrere Generationen

1998 veranstaltete der drei Jahre zuvor gegründete Arbeitskreis für Intergenerationelle Folgen des Holocaust — ehem. PAKH e.V. (www.pakh.de) – ein Zusammenschluss von Psychoanalytikern, Wissenschaftlern und Bürgern aus dem Köln – Düsseldorfer Raum – , die Tagung "Das Ende der Sprachlosigkeit? Auswirkung traumatischer Holocaust-Erfahrungen über mehrere Generationen". 1998 wurden diese psychoanalytisch orientierten Symposiumsvorträge von jüdischen und nicht-jüdischen Autoren, sie stammen aus Israel, Deutschland, Frankreich, Ungarn und den USA, in einem Buch publiziert; dieses ist kürzlich wieder neu aufgelegt worden…

Von Roland Kaufhold

Die Autoren suchen Erklärungen zu dem Phänomen, dass Kinder und Enkel von Tätern und Opfern des Holocaust in einer ähnlichen Sprachlosigkeit verharren. Die unterschiedlichen Ursachen und die Möglichkeiten eines Dialogs werden in einer wissenschaftlichen, aber auch für Laien verständlichen Form erläutert. Persönliche Erfahrungen der Herausgeber mit der eigenen Biographie, mit den existierenden Schatten des Holocausts sowie mit Patienten, die aus der Sprachlosigkeit herausgefunden haben, werden im Vorwort dargeboten und fliessen in die Bearbeitung des Themas ein.

pakhOpher-Cohn, L, J. Pfäfflin, B. Sonntag, B. Klose, P. Pogany-Wnendt (Hg.): Das Ende der Sprachlosigkeit ? Auswirkung traumatischer Holocaust-Erfahrungen über mehrere Generationen, Giessen 2007 (Psychosozial-Verlag), 268 S., 29.90 Euro, Bestellen?

Mit Beiträgen von:
Liliane Opher-Cohn, Johannes Pfäfflin, Bernd Sonntag, Bernd Klose, Peter Pogany-Wendt, Ira Brenner, Yolanda Gampel, Ilany Kogan, Klaus E. Grossmann, Mathias Hirsch, Jean-Jaques Moscovitz, Bernd Nitzschke, Terez Virag, Vamik D. Volkan, Jörn Rüsen, Annette Streeck-Fischer

Zum Inhalt

REFLEXIONEN ZUM THEMA DES BUCHES
Johannes Pfäfflin
Liliane Opher-Cohn
Bernd Klose
Peter Pogany-Wnendt
Bernd Sonntag

BEITRÄGE
Vamik D. Volkan: Die Anatomie der Vorbereitungen für das Symposion "Das Ende der Sprachlosigkeit?"
Annette Streeck-Fischer: Vergangene und gegenwärtige Traumatisierung — jugendliche Skinheads in Deutschland
Jörn Rüsen: Holocaust-Erfahrung und deutsche Identität — historische Überlegungen zum Generationswandel im Umgang mit der Vergangenheit
Klaus Grossmann: Verstrickung, Vermeidung, Desorganisation: Psychische Inkohärenzen als Folge von Trennung und Verlust
Ira Brenner: Stacheldraht in der Seele: Ein Blick auf die generationsübergreifende Weitergabe des Holocaust-Traumas
Mathias Hirsch: Transgenerationale Weitergabe von Schuld und Schuldgefühl
Ilany Kogan: Die Suche nach der Geschichte der Nachkommen von Holocaust-Überlebenden in ihren Analysen: Reparation des "seelischen Lochs"
Terez Virag: Das Holocaust-Syndrom in der Praxis der Psychotherapie mit ungarischen Überlebenden
Jean-Jacques Moscovitz: Bruch in der Geschichte und Freudianische Lektüre des Aktuellen
Bernd Nitzschke: Psychoanalyse im "Dritten Reich" und die Folgen für die psychoanalytische Geschichtsschreibung nach 1945
Yolanda Gampel: Gedächtnis — Vergessen und erinnern: Ein Akt des Mutes, der Identität oder des Glaubens

Informationen über den Arbeitskreis für Intergenerationelle Folgen des Holocaust — ehem. PAKH e.V: www.pakh.de

Die dunkle Spur der Vergangenheit

Der Holocaust beinhaltete ein millionenfaches Trauma von ungeheuerlichem Ausmass mit zerstörerischen Konsequenzen auch für die nachfolgenden Generationen. Die Überlebenden haben teilweise ihre Beschädigungen nicht ausreichend bewältigen können; die Täter, Mittäter und Mitläufer haben sich über viele Jahre und Jahrzehnte hinweg weit überwiegend ihrer individuellen und kollektiven Schuld nicht gestellt.

Die bewussten und unbewussten psychosozialen Folgen emotional unverarbeiteter — traumatisierender und schuldhafter — Erfahrungen werden von Generation zu Generation weitergegeben. Durch diese Sekundärfolgen entstehen neuartige seelische Belastungen, die die betroffenen Nachkommen in neuerliche leidvolle Konflikte und Krisen treiben können. Die destruktive, von Hass und Ressentiment getragene Dynamik des Traumas, kann sich, wenn sie unerkannt bleibt, in der Generation der Nachkommen weiter fortsetzen und jederzeit neu aufleben.

Die meistenteils unbewusst weitervermittelten seelischen Inhalte haben Einfluss auf die Entwicklung der Identität der Nachkommen. Kinder von Überlebenden und von Tätern können unter den tradierten "Aufträgen" ihrer Eltern im Zusammenhang mit der nicht bewältigten Trauer oder der nicht eingestandenen Schuld leiden.
Die Nachkommen der Überlebenden und der Täter müssen diese Zusammenhänge erkennen und verstehen, damit sie miteinander in einen konstruktiven Dialog treten können.

Ziel und Aufgabe des Vereins

Der Arbeitskreis für Intergenerationelle Folgen des Holocaust — ehem. PAKH e.V. wurde 1995, unter dem Namen "Psychotherapeutischer Arbeitskreis für Betroffene des Holocaust. PAKH e.V.", von jüdischen und nicht-jüdischen deutschen Mitgliedern, in der Mehrzahl Psychotherapeuten, gegründet. Damals herrschte in der deutschen Gesellschaft überwiegend "Sprachlosigkeit" bezüglich des Dritten Reiches und des Holocaust. Die Namensänderung in "Arbeitskreis für intergenerationelle Folgen des Holocaust — ehem. PAKH e.V." erfolgte am 29.2.2008. PAKH verdeutlicht mit dieser Veränderung sein zentrales Anliegen, Menschen aller Berufsklassen und sozialen Hintergründe anzusprechen und für eine engagierte Mitarbeit zu gewinnen.

Erklärtes Ziel des Vereins ist es, durch persönliche Auseinandersetzung und öffentliche Aufklärung dem individuellen und kollektiven Vergessen der Verfolgung im Nationalsozialismus entgegenzuwirken. Er versteht sich — auf der Grundlage interdisziplinärer Forschung, insbesondere psychoanalytischer Erkenntnisse — als Initiative gegen das Wiederaufleben von Fremdenfeindlichkeit, Ausländerhass und Antisemitismus.

Der Verein erachtet es als seine zentrale Aufgabe, auf die subtilen Mechanismen der generationsübergreifenden Weitergabe der Auswirkungen des Holocaust aufmerksam zu machen und so das Schweigen zu durchbrechen. Darüber hinaus fördert der Arbeitskreis den konstruktiven Dialog zwischen den Nachkommen der Überlebenden und den Nachkommen der Täter, Mittäter und Mitläufer. Dies geschieht in der Hoffnung, die latente destruktive Dynamik des Holocaust zu erkennen und zu überwinden. Der Verein veranstaltet etwa drei mal im Jahr öffentliche Samstagsgespräche. Referenten in den letzten Jahren waren u.a. Eva Metzger-Brown, Gottfried Wagner, Vamik Volkan, Ruth Barnett, Gemma Jappe, Pumla Gobodo-Madikizela, Gideon Greif, Arno Gruen, Leon Wurmser und Walter Adler.

Aktuelle Informationen unter www.pakh.de

Aus dem Vorwort der Herausgeber:

„In unseren Fachdiskussionen über Psychotherapie-Patienten stellten wir fest, dass viele ein gemeinsames Problem hatten: Gefragt nach den Gefühlen und Einstellungen von Eltern, Grosseltern oder anderen Familienmitgliedern während des Nationalsozialismus, konnten sie nur vage Antwort geben. Sie wuchsen auf, ohne mit ihren Verwandten über diese Zeitperiode genauer sprechen zu können.

Ein grosser Teil der Patienten erwies sich, als wir die Aufmerksamkeit darauf richteten, durch Krieg und die Schrecken des Holocaust zumindest in seiner Entwicklungsgeschichte – wenn nicht in seiner Krankheitsentstehung- beeinflusst. Dies war scheinbar unabhängig davon, ob diese Patienten Kinder von Traumatisierten des Holocaust, von Mitläufern oder von Tätern waren. Auch die in den letzen Jahren in einer Vielzahl erschienenen historisch oder politisch orientierten Bücher zum Thema ermöglichten keinen ausreichenden inneren emotionalen Bezug zu den persönlichen Erfahrungen und den daraus resultierenden psychologischen Problemen.

Der Herausgeberkreis besteht aus Psychotherapeuten unterschiedlicher persönlicher Herkunft aus jüdischem und christlichem Hintergrund. Die Gruppe setzte sich, wie im ersten Kapitel nachzulesen, mit den versteckten Prozessen der eigenen Sprachlosigkeit und den existierenden Schatten des Holocaust auseinander.

In der Reflexion über die eigene Lebensgeschichte, die von Vamlk D. Volkan im zweiten Kapitel des Buches als Ergebnis eines intensiven, über zwei Jahre gehenden Supervisionsprozesses kommentiert wird, bemerkten wir, dass auch in unserer Kindheit über die Fragen des Holocaust unzureichend gesprochen worden ist. In den langjährigen psychotherapeutischen Ausbildungen war dieses Thema meist zu kurz gekommen. Unausgesprochenen oder offen gestellten Fragen wurde auch in den Familien der Psychotherapeuten mit Sprachlosigkeit begegnet.

Vom 14.-16. August 1998 trafen sich auf Einladung des Psychotherapeutischen Arbeitskreises für Betroffene des Holocaust und mit Unterstützung der Landesregierung Nordrhein-Westfalen anlässlich des 50. lahrestages des Staates Israel Wissenschaftler aus Frankreich, Israel, den USA und Deutschland zu einem fachlichen Austausch mit 300 Teilnehmern im Rahmen eines Symposions in Düsseldorf. Die Ergebnisse werden mit diesem Buch einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.“

Opher-Cohn, L, J. Pfäfflin, B. Sonntag, B. Klose, P. Pogany-Wnendt (Hg.): Das Ende der Sprachlosigkeit ? Auswirkung traumatischer Holocaust-Erfahrungen über mehrere Generationen, Giessen 2007 (Psychosozial-Verlag), 268 S., 29.90 Euro, Bestellen?

Study Group on Intergenerational Consequences of the Holocaust, FORMERLY PAKH, e.V.
 
www.pakh.de

The dark trail of the past

The Holocaust constitutes a million-fold trauma of gargantuan dimensions with destructive consequences reaching on into later generations. Some of the survivors have been unable to fully overcome the damage done to them; the great majority of perpetrators, accomplices, and silent supporters have evaded, over many years and decades, facing up to their individual and collective guilt.

The conscious and unconscious psychosocial consequences of experience that is not digested emotionally — be it traumatising or culpable — are transmitted from one generation to another. These secondary consequences generate new psychic burdens, which can drive those affected as descendants into the anguish of new conflicts and crises. If it remains unrecognised, the destructive dynamic of trauma, borne by hate and resentment, can be carried over into the next generation and revitalized at any time.

Such psychic content, for the most part transmitted unconsciously, influences the identity development of the descendants. The children of survivors and perpetrators can suffer under the "legacies" of their parents related to unresolved mourning or unadmitted guilt.
 
The descendants of survivors and perpetrators need to recognize and understand these correlations if they are to engage in a constructive dialogue with one another. 
 
Aims and tasks of the Study Group
 
The association sees its core aim in calling attention to the subtle mechanisms through which consequences of the Holocaust are transmitted across generations, and in lifting the mantel of silence that conceals these processes.
 
Furthermore, the Study Group promotes constructive dialogue between the descendants of survivors and the descendants of perpetrators, accomplices, and silent supporters — in the hope of recognizing and overcoming the latent destructive dynamic of the Holocaust.

It is the explicit goal of the association to counteract, through personal confrontation and public awareness raising, tendencies on the individual and collective level toward forgetting the persecution that took place under National Socialism. The Study Group sees itself — building on interdisciplinary research, and in particular, psychoanalytic insights — as an initiative against the re-awakening of xenophobia, ethnically motivated hate, and anti-Semitism.

6 comments to Das Ende der Sprachlosigkeit? Auswirkung traumatischer Holocaust-Erfahrungen über mehrere Generationen

  • Anna

    1942 bin ich geboren und habe daher nicht wissentlich die Gewalt der Schoa erlebt und trotzdem  fühlte ich mich von meiner Kindheit an bis ins Erwachsenenalter durch Mitmenschen und auch durch Alpträume ständig verfolgt. Meine Mutter kapselte sich von der Umwelt derartig ab, dass sie im Alter nicht einmal mehr das Haus verlassen hat. Sie sprach allerdings kaum über das 3. Reich. Meine Grossmutter musste als junge Frau aus Polen fliehen – wegen Verfolgung. So kann ich die erarbeiteten psychologischen Berichte bestätigen, dass sie generationsübergreifend sind, auch wenn man sie selbst nicht erlebt hat und sehe gleichzeitig bestätigt, dass die Sünden der Väter bis ins 3. und 4. Glied verfolgt sind und damit offensichtlich auch die  die Seelen der Betroffenen in den Folgegenerationen bedrängt sind. Ich denke auch, dass  der Weg der positiven Auseinandersetzung schwer sein wird, weil es nur noch wenige gibt, die diese Zeit miterlebt haben, damit meine ich beide Seiten. Dort hätte der Dialog beginnen müssen um die Sprachlosigkeit  und die seelische Bedrängung der nächsten Generationen zu mildern oder sogar zu beenden. Auch Täter schweigen lieber (siehe Demjaniuk).Die folgenden Generationen, wollen es gerne „vom Tisch“ haben, besonders die Generation der Verursacher.  Es ist  schwer sich mit den Fehlern der Vorfahren auseinanderzusetzen und die Einsicht dazu fehlt, weil es als eine vergangene Zeit gilt und mit dem heutigen Leben nicht mehr in Verbindung gebracht wird. Es ruft sogar Verärgerung hervor, weil „immer“ noch davon geredet wird.
    Ich bin auch überzeugt, dass die heutige rechte Szene Nachkömmlinge der Verursacher der Shoa sind, was ebenfalls die psychologische Vererbung bestätigt. Siehe Amerika, besonders Südamerika, wo Nazis geflohen sind und dort ihre Nachkommen leben und deren  Gedanken  lebendig bleiben.
    So ist es auch in Einzelfällen, wo in Familien, Nachbarsfamilien, Freunden Böses geschehen ist………..- man kann das überall beobachten, und wie schnell geht das im Einzelfall, meist nur aus kleinen Dingen und es wird oft ein Leben lang nicht mehr gut und die Kinder und Kindeskinder übernehmen es.
     

  • J.

    Was ist  „The dark trail of the past“, die „generationsübergreifende“ Wirkung wirklich? 
    Neuere Forschungen, die allesamt nicht aus der psychonalytischen Richtung zu stammen scheinen, werfen ein direkteres Licht auf  Wesen und Funktion von Erinnerung selbst. Daraus folgende neuere Trauma-Therapien werden inzwischen erfolgreich angewandt. Leider konnte ich bisher noch nicht in Erfahrung bringen ob diese bereits bei Psychotherapien mit Spätfolgenden der Shoa eingesetzt werden.

  • Hervorragender Artikel:
    Zu:
    Die destruktive, von Hass und Ressentiment getragene Dynamik des Traumas, kann sich, wenn sie unerkannt bleibt, in der Generation der Nachkommen weiter fortsetzen und jederzeit neu aufleben.
    So ist es, schlimmer noch, es kann sogar zu Wiederholungen kommen um damit – unbewusst – ein anderes Ergebnis zu erzielen – was meist nie der Fall ist (vergl.: Wiederholungszwang – http://www.psychology48.com/deu/d/wiederholungszwang/wiederholungszwang.htm).
    Schauen wir uns mal D heute an, von Einzelfällen (z.B. youtube Gründer Jawed Karim, Bassam Tibi u.v.a.) und Diskriminierungen hinter Hochglanzfassade die teils unglaublich sind (ich wünschte die Leute hätten mehr Mut das zu publizieren) bis hin zu neuen gesellschaftsdynamischen Studien/Analysen (Heitmeyer, Richter, Friedrich Ebert Stiftung) und neuen Umfragen (<> 80 % Zustimmung zu Sarrazin (lt. Hart aber Fair), > 80% Minarett Initiative (Springer) usw.) – ich meine muss man solange warten bis sie hier wieder Menschen phyische Gewalt antun – die psychodynamische Ausgrenzung – der Kern von allem, scheint ja schon wunderbar wieder(?) etabliert zu sein.
     
     

  • Und zum Thema passt auch das, was gerade in den Medien kommt:
    http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,665421,00.html
     

  • Yoyojon

    Dies lesend frage ich mich, ob nicht die Leiden späterer Generationen milder ausfallen würden, wenn es den ernstzunehmenden Versuch gegeben hätte, Gerechtigkeit herzustellen. Und dazu hätte vor allem gehört, die Schuldigen – und das wären mindestens Hunderttausende gewesen – vor Gericht zu stellen. Der Gedanke, dass die stattdessen fröhlich und munter, oft ohne jeden Gewissensbiss, ihr Leben gelebt und ihre Karrieren verfolgt haben, ist nicht hilfreich. Ein später Demjaniuk kann das Versäumte nicht mehr wettmachen.

  • Hallo Yoyojon

    Der Gedanke, dass die stattdessen fröhlich und munter, oft ohne jeden Gewissensbiss, ihr Leben gelebt und ihre Karrieren verfolgt haben, ist nicht hilfreich. Ein später Demjaniuk kann das Versäumte nicht mehr wettmachen.
    So ist es, für viele war und ist es doch wohl so – wenn man den Krieg nicht verloren hätte, ja dann……..

    Wo ist z.B. die kollektive  soziokulturelle Reflektion bezogen auf die Psychodynamik vor dem Holocaust?
    In meinen Augen herrschte als Hypothese schon weit vor dem Holocaust eine Dynamik (Umgangsformen, Wertevorstellungen usw.) die dieses Verbrechen vielleicht erst möglich machte.
    Wenn man hier genau hinschaut erlebt man nicht selten eine „Unmenschlichkeit“ die ihresgleichen sucht – sie ist versteckt und nicht so leicht auffindbar, bestenfalls ein Wort da, eine Geste hier, ein Versprecher dort – und – es war doch nicht so gemeint – oder?
    Für mich ist die jüngere deutsche Geschichte noch lange nicht aufgearbeitet und schlimmer noch, die Wahrscheinlichkeit einer Wiederholung, sicher nicht mehr in dieser beispiellosen Form (andere Länder würden intervenieren), ist nach wie vor da – nicht heute, nicht jetzt, nein schleichend kommt es..
    Heute findet es bislang im Kleinen statt, mal ein Toter dort, mal ein Mensch in den Tod getrieben hier, mal ein Kind ausgegrenzt und schickaniert woanders, mal Grössenwahn wieder woanders usw. usw. usw. aber immer basierend auf einem Phänomen – viele gegen wenige – und – Täter Opfer Projektion.
    Der einzige Lichtblick, den ich wahrnehme ist, dass Teile der jungen  Generation zunehmend den Status Quo hinterfragen, vielleicht findet dort dann der Prozess statt, welcher notwendig wäre.