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Loyal Sons – Jews in the German Army in the Great War

Ein Jahr nach dem Erscheinen seiner ersten Dokumentation „ Loyalty Betrayed – Jewish Chaplains in the German Army  during the First World War“ hat der bekannte Arzt und Mikrobiologe, Professor Dr. PhD Peter C. Appelbaum im September 2014 ein zweites Werk – ebenfalls erstmals in englischer Sprache – veröffentlicht,  in dem er ganz besonders über die treuen Söhne Deutschlands – die jüdischen Soldaten des Ersten Weltkrieges – berichtet. Damit hat er einen weiteren Schritt unternommen, um einem neuen Publikum  bisher fast unbekannte Tatsachen vor Augen zu führen: den großen Patriotismus der jüdischen deutschen Soldaten trotz ihrer ständigen Diskriminierung und trotz der Desillusionierung infolge der „Judenzählung“ von 1916 – also mitten im Krieg…

Israel Schwierz

Streng wissenschaftlich, aber doch mit ganz viel persönlichem Engagement, ja sogar mit Herzblut, beschreibt er, unter Zur-Hilfenahme von Tagebüchern und Memoiren, Aufsätzen und Gedichten, ihre herausragenden Leistungen als Frontsoldaten, aber auch als Militärärzte, Piloten und Luftbeobachter in der sich im Aufbau befindlichen deutschen Luftwaffe.  Er untersucht sehr gründlich die 1916 als Zugeständnis gegenüber den Antisemiten im Deutschen Reich durch die deutsche Militärführung durchgeführte „Judenzählung“, ein für die Gezählten entwürdigendes, für die Durchführenden aber mehr als beschämendes und gemeines Ereignis und seine Auswirkungen auf die jüdischen Soldaten, welches auf ewige Zeiten ein Schandfleck für die deutsche Militärgeschichte bleiben wird.

Nach einer Seite des Gedenkens – AL TISCHKACH – die den 100.000 jüdischen Weltkriegsteilnehmern und  den 12.500 jüdischen Gefallenen gewidmet ist, die ihr Leben für ihr deutsches Vaterland geopfert haben und deren Opfertod durch Treulosigkeit, Verfolgung, Gefängnis und Ermordung erwidert wurde – einem Gedicht von Emmanuel Saul aus dem Jahre 1915 „An meine Kinder“, einem Inhaltsverzeichnis, einer Übersicht über die im Buch verwendeten Bildbeiträge, sowie einem Vorwort und Danksagungen des Autors folgen Erinnerungen von Inge Auerbacher aus New York, der Tochter eines jüdischen deutschen Weltkriegsteilnehmers, eine sehr persönliche Vorstellung von Peter Waldmann, Mainz,  dem  Enkel von Max Waldmann, ebenfalls einem jüdischen deutschen Frontsoldaten für seine Großmutter, Ruth Waldmann, sowie ein Vorwort  von Jay Winter aus New York.

Im ersten Kapitel der 347 Seiten umfassenden Dokumentation informiert Peter Appelbaum den Leser über den Patriotismus, die Diskriminierungen und zahlreichen Enttäuschungen der Juden im deutschen Militär in der Zeit von 1813 bis 1914: die Leistungen der jüdischen Soldaten  in den Befreiungskriegen gegen Napoleon werden eindrucksvoll beschrieben, aber auch die negative Einstellung des „eisernen Kanzlers“ Otto von Bismarck den Juden gegenüber in der Zeit von 1845 – 1869, ebenso wie die  Vaterlandsliebe und die Tapferkeit der Juden im französisch-preußischen Krieg 1870/71,  dem eine ganze Reihe von gebrochenen Versprechungen von Seiten der Regierenden und ein  ständiger Anstieg  des Antisemitismus – der sich  von 1871 bis 1914  immer mehr vom religiös geprägten zum rassisch bedingten Judenhass entwickelte – folgten.

Während dem zweiten Kapitel sehr viel Wissenswertes über den Kriegsbeginn, die Mobilmachung und die Haltung der Mehrheit der jüdischen Bevölkerung des Reiches dazu zu entnehmen ist kommen im darauffolgenden Abschnitt zwei manchmal gegensätzliche, manchmal aber auch übereinstimmende Ansichten zum Kriegsgeschehen zum Ausdruck: die des eher konservativen jüdischen Kavallerieoffiziers Julius Marx und die des mehr assimilierten jüdischen  Artillerieoffiziers Herbert  Sulzbach;  beide werden von Peter Appelbaum meisterhaft gegenübergestellt und verglichen, besonders ihre Ansicht zum Antisemitismus.

Im vierten Hauptteil der Dokumentation macht deren Autor den Leser mit einer Vielzahl von Einzelheiten über die Ereignisse an den Fronten des Ersten Weltkrieges vertraut, und zwar mit Hilfe von Kriegstagebüchern und Memoiren jüdischer Frontsoldaten, nicht nur an der West- und Ostfront, sondern auch an der Front im Orient, der Seefront und den Fronten in den Kolonialgebieten. Ganz besonders beeindruckt aber die Vorstellung von jüdischen Künstlern aller Art – besonders von Schriftstellern und Dichtern – die als Soldaten für ihr Vaterland kämpften und zum Teil auch starben.

Während das fünfte Kapitel dem deutschen militärischen Sanitätsdienst gewidmet ist, in dem Juden als medizinisches Pflegepersonal, als Assistenzärzte und Ärzte eine besondere Stellung einnahmen und sich auch ganz hervorragend auszeichneten hat der nachfolgende Teil des Werkes, „die jüdischen Ritter der Lüfte“ – die Flieger, die den Grundstein für die moderne deutsche Luftwaffe legten zum Inhalt. Auch in dieser neuen Teilstreitkraft spielten sie  herausragende Rolle.

Das 7. Kapitel befasst sich mit dem äußerst traurigen Ereignis des Ersten Weltkrieges  – der „Judenzählung“ von 1916 – in welchem sowohl der deutsche Kaiser als auch die zivile und militärische Führung des Deutschen Reiches dem ständigen Kampf der deutschen Antisemiten und ihrer Helfer gegen die Juden Folge leisteten. Bereits kurz nach Kriegsbeginn hatten die Judenhasser aller Schichten das üble Gerücht in die Welt gesetzt, Juden würden sich vor dem Einsatz an der Front drücken und aus dem Krieg Gewinn erzielen. Um dieses Gerücht – das sich an nicht wenigen Stammtischen bis auf den heutigen Tag hält – entweder zu widerlegen oder zu bekräftigen, wurde dann 1916 durch das Oberkommando die Durchführung der berüchtigten Zählung befohlen. Für die jüdischen Frontsoldaten war sie natürlich ein Schlag ins Gesicht. Nach jüdischen Gegenmaßnahmen, einer zweiten Zählung und weiteren antijüdischen Aktionen wurden dann zunächst falsche Statistiken veröffentlicht, die erst viel später richtiggestellt wurden.  Auch wenn nach langer Zeit die Wahrheit dann doch ans Licht kam – die jüdischen deutschen Soldaten fühlten sich durch diese Handlung zutiefst gedemütigt und diskriminiert, obwohl die Zählung eigentlich ein Ereignis war, das denjenigen, die sie veranlassten und durchführten, für immer zur Schande gereichen wird. Trotzdem – beide falschen und erlogenen Verdächtigungen  – die der Drückebergerei der jüdischen Soldaten als auch die der jüdischen Kriegsgewinnler – haben den Nationalsozialisten und ihren willigen Helfern den Weg zur Herrschaft über das Reich erheblich erleichtert! Alle diese Tatsachen führt der Verfasser sehr klar und äußerst gut verständlich auf.

Im 8. Kapitel analysiert Peter Appelbaum nochmals alle in seiner Arbeit aufgeführten Erkenntnisse äußerst  gründlich und lässt seine Gedanken dann in einem sehr gut verständlichen, stark beeindruckenden und tiefschürfenden Nachwort ausklingen. Eine Auflistung der deutschen militärischen Dienstgrade im Ersten Weltkrieg, eine Übersicht hebräischer und jüdischer Fachausdrücke, von Ortsnamen damals und heute,  ein Verzeichnis deutsch-jüdischer Verbände, ein ausführliches Literaturverzeichnis sowie ein umfangreiches Namens- uns Stichwortverzeichnis schließen dieses einmalige und äußerst wertvolle  Werk harmonisch ab.

Durch die Veröffentlichung in englischer Sprache ist es Prof. Dr. Peter Appelbaum gelungen,  Interessierte in der englischsprachigen Welt an der Geschichte der 100.000 jüdischen deutschen Soldaten des Ersten Weltkrieges und an den 10.500 Kriegstoten zu interessieren und sie gründlich zu informieren. Er hat aber mehr geleistet, als nur Information bereitzustellen:  mit dieser Veröffentlichung hat er den Soldaten und den Kriegstoten jetzt in der englischsprachigen Welt auch ein bleibendes, ewiges Denkmal geschaffen. Dafür gebührt ihm und allen, die ihm bei der Erstellung seines Projekts Hilfe leisteten, tiefster Dank und höchste Anerkennung aller, denen ein ehrlicher Umgang mit der deutschen Geschichte und darüber hinaus mit der deutsch-jüdischen Geschichte, auch wenn er manchmal schmerzhaft ist, etwas bedeutet.

Es wäre nicht nur hoffens-, sondern noch mehr wünschenswert, wenn diese exzellente Dokumentation in Bälde in  sämtlichen Schul-, Universitäts-,  Armeebibliotheken und auch in Bibliotheken aller jüdischen Gemeinden der englischsprachigen Länder unserer Erde für Interessierte zugänglich gemacht würde.

Peter C. Appelbaum: „Loyal Sons – Jews in the German Army in the Great  War“, Vallentine Mitchell Publishers, Edgware, Middlesex, UK.

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