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Theodor Herzl: Der jüdische Superstar!

Als Theodor Herzl 1897 in Basel den ersten Zionistischen Weltkongress einberief und von einem jüdischen Staat sprach, galt er den meisten zunächst als hoffnungsloser Utopist…

„Fasse ich den Baseler Congress in ein Wort zusammen – das ich mich hüten werde öffentlich auszusprechen – so ist es dieses: in Basel habe ich den Judenstaat gegründet“, notierte er in sein Tagebuch. Obwohl Herzl von seiner Idee absolut überzeugt war, hätte der „assimilierte Wiener Salon-Jude“ sich wahrscheinlich nicht vorstellen können, dass er schon zu Lebzeiten zum jüdischen Superstar aufblühte, und zu welchem Mythos sich seine Person im Vorfeld der Staatsgründung und im aktuellen politischen Leben in Israel entwickeln würde.

„Theodor Herzls Gestalt wächst in dem Maße, wie sie zeitlich in die Ferne rückt“, schrieb Max Nordau bereits 1914 vorausschauend, nur zehn Jahre nach dem Tod seines Freundes und Mitstreiters. Die zionistische Bewegung verstand es schon frühzeitig sich dieser magischen Symbolgestalt zu bedienen. Von rechts bis links beanspruchten die verschiedensten Parteien die Ideen des großen „Propheten des Staates“ für ihre Ziele. Die linke Arbeiterpartei „Poalei Zion“ machte Herzl zum Sozialisten und zog mit roten Fahnen zu seinem Grab. Vertreter der chaluzischen Kibbuz-Bewegung schlugen sich mit den Anhängern jüdischer Studenten aus dem konservativen Bürgertum darum, wer die Ehrengarde am Grab Herzls stellen durfte. Und die rechten Revisionisten pochten schon immer darauf, dass sie die einzigen wahren Erben Herzls seien.

Die deutsch-israelische Historikerin Andrea Livnat beleuchtet in ihrem Buch „Der Prophet des Staates“ ein Jahrhundert der Rezeption der Herzlschen Idee und vor allem seine Person im öffentlichen Diskurs. Sie spannt den Bogen von der Entstehungsgeschichte Herzls-Legende, seinem Einsatz in den verschiedenen politischen Gedenkritualen und seine ideologische Instrumentalisierung im Bereich Schule und Erziehung bis hin zur Krönung als Pop-Ikone in der Alltagskultur. Unabhängig davon haben gerade in jüngster Zeit die Diskussionen um die zukünftige Ausrichtung Israels zu einer ernsthaften Rückbesinnung auf Herzl geführt: Säkularer Staat der Juden oder jüdischer Religionsstaat? Bei Herzl findet man die Antwort: „Macht euren Staat so, dass sich der Fremde bei euch wohl fühlt“, schrieb er im August 1899. Ein kluges Vermächtnis!


„Wenn ihr nicht wollt, müsst ihr nicht“ heißt es unter diesem Graffiti am Rabin-Platz in Tel Aviv, in Anspielung auf Herzls berühmten Satz: „Wenn ihr wollt ist es kein Märchen.“ Foto: al-archive

Obwohl zu Herzls Leben und Wirken eine Fülle von Literatur vorliegt, existieren bislang kaum Abhandlungen zur Mythologisierung des Vorzeigezionisten und seiner Stellung im kollektiven Gedächtnis Israels.

Es wurde Zeit für dieses Buch; eine spannende, flott geschriebene, inspirierende Arbeit! – (jgt)

Andrea Livnat, Der Prophet des Staates. Theodor Herzl im kollektiven Gedächtnis Israels, Campus Verlag, Frankfurt a. M. 2011, 307 Seiten, 34,90 €, Blick ins Buch und bestellen?

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