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Judentum und Popkultur

Caspar Battegay liefert den Beweis, dass Judentum „hipp“ sein kann…

Judentum wird in Deutschland noch immer im wesentlichen durch den Opferstatus und den Nahostkonflikt wahrgenommen. Auch die akademische Forschung hat diese selbst auferlegte Abgrenzung nur vereinzelt durchbrochen. Umso erfreulicher ist das vorliegende Essay von Caspar Battegay, Assistent am Zentrum für Jüdische Studien der Universität Basel. „Dieses kleine Buch ist aus einem Unbehagen heraus entstanden“, erklärt Battegay zu Beginn. Ein Unbehagen darüber, dass die Beschäftigung mit jüdischer Geschichte und jüdischer Identität in Deutschland „auf einem Gräberfeld“ steht.

Battegay wird noch deutlicher. Die Wiederholung bekannter Klischees, wie etwa vom „jüdischen Humor“ oder vom „Volk des Buches“ wiederholt werden, gehe einher mit der Scheu, die Dinge beim Namen, bzw. Juden als solche zu bezeichnen. Dieser Komplex drohe in „Ignoranz und neue Stigmatisierung überzugehen“. In diesem Komplex hätten sich auch die jüdischen Studien eingerichtet.

Battegay möchte mit dem vorliegenden Essay helfen, das angesprochene Unbehagen zu durchbrechen, und um es gleich vorweg zu nehmen, das gelint ihm ganz wunderbar. Natürlich kann dieser Band nur ein erster Schritt sein und dass die deutschsprachigen Jüdischen Studien hinterher hinken liegt auch daran, dass die „hippen“ Juden, die Battergay analysiert vornehmlich im angelsächsischen Raum zu finden sind.

Musik, Film und Fernsehen haben sowohl in den USA wie auch in Kanada schillernde jüdische Akteure. Allen voran natürlich Woody Allen, den Battergay anhand einer Schlüsselszene aus „Annie Hall“ unter die Lupe nimmt, genauso wie Leonard Cohen, dem gleich ein ganzes Kapitel gewidmet ist.

Das zentrale Kapitel „Hip im Exil“ gibt einen kurzen Abriss zur Geschichte der jüdischen Popkultur, die sich Ende der 1960er Jahre herausbildete. Battegay zeigt hier deutlich die spezifische Ausprägung der jüdischen Popkultur aus und untermalt diese mit zahlreichen Beispielen, die das Essay kurzweilig halten. Das Kapitel zu Figuren des Jüdischen in Deutschland stimmt ein wenig traurig, scheint sich hier die jüdische Popkultur noch in den Anfängen zu bewegen und über stereotype Darstellung wie etwa in „Alles auf Zucker“ nur schwer hinaus zu kommen.

Aber es gibt Hoffnung, gerade war der kanadische HipHop Musiker und Allround-Künstler SoCalled auf Deutschland-Tournee, der das Verschmelzen des traditionellen und modernen Judentums immer wieder thematisiert, wie etwa in seiner Version des jiddischen Klassikers „Belz“. Ansonsten gibt es in Deutschland noch viel zu tun. Denn, so macht der Autor im Epilog klar, „schöne Worte nützen wenig gegen Unverständnis und Rassismus, wenn nicht konkret an zeitgenössischen Phänomenen gezeigt werden kann, wie Judentum und jüdische Identität in der globalisierten Gesellschaft jetzt verstanden werden.“ Caspar Battegays Essay wird zumindest für die Jüdischen Studien einen wegweisenden Impuls geben.  – al

Caspar Battegay: Judentum und Popkultur. Ein Essay, Transcript Verlag 2012, Euro 19,80, Bestellen?
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