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Steffl Swing: Jazz in Wien zwischen 1938 und 1945

jazzWie sehr eine Musikrichtung die politische Führung provoziert und sich dennoch über die Jahre hinweg etablieren konnte, beschreibt der profunde Musikkenner und Buchautor Klaus Schulz in seinem neuen Buch „Steffl Swing – Jazz in Wien zwischen 1938 und 1945“.

Schulz, der mehrere Jahre lang Radiosendungen auf Ö1 moderierte, hat in akribischer Kleinarbeit viele Dokumente und Artikel jener Zeit gesammelt und für das umfangreiche Buch aufgearbeitet.
Der Autor des im Verlag der Apfel http://www.verlagderapfel.at erschienenen Buches beschreibt, wie sich einige Musiker den Reglements der Reichs-Musikkammer geschickt entzogen haben, in dem sie unter dem Deckmantel der Zustimmung trotzdem ihre Musik weiterspielten.

„Die Vorbereitungen für dieses Buch haben vor Jahren begonnen“, so Schulz gegenüber pressetext. „Ich hatte das grosse Glück, den wesentlichen Protagonisten der damaligen Zeit persönlich begegnen zu dürfen“, erzählt der Autor. Jenen sei es zu verdanken, dass aus ihren lebendigen und authentischen Erinnerungen und Berichten ein klares Bild von den jazzmusikalischen Ereignissen und den damit verbundenen schwierigen, ja gefährlichen Umständen zwischen 1938 und 1945 entstehen konnte.“ Die meisten der damals aktiven Musiker sind heute nicht mehr am Leben. „Doch hat es auch damals Menschen wie Fridolin Weniger gegeben, die unter schwierigsten Bedingungen Tonaufnahmen hergestellt haben. Diese erlauben eine objektive Beurteilung der herausragenden Qualität der damals gespielten Musik.“ 25 Musikstücke aus der damaligen Zeit sind auf CD gepresst worden und werden mit dem Buch mitgeliefert.

Schulz schreibt: „Die Kampfansage an die moderne Kunst – basierend auf dem Reichskulturkammergesetz von 1933 – kam nicht aus heiterem Himmel, der Bildungssturm der Nazis gegen die Moderne kam nicht über Nacht. Er hat eine komplexe und lange Vorgeschichte, die an das Ende des 19. Jahrhunderts heranreicht und keineswegs nur auf Deutschland beschränkt war.“ Schulz bemerkt, dass der Konflikt um künstlerische Stilrichtungen mit einer gewissen Entfremdung der mittel- und kleinbürgerlichen Massen von ihrer Kultur begann, der durch das Negieren herkömmlicher Schönheitsbegriffe durch die Moderne ausgelöst wurde. „Ein Vorwurf gegen die moderne Kunst, der bis in die Gegenwart zum Teil erhalten geblieben ist“, so der Autor. Die Reichskulturkammer, die am 15. November 1933 ins Leben gerufen wurde, ordnete an, was ideologisch vertretbar war oder was nicht.

In den darauf folgenden Jahren wurden die Zeiten für Jazzmusik, die als „entartet“ eingestuft wurde, immer schwieriger. Im Übrigen gab es auch das Verbot ausländische Radiosendungen zu hören. Der Begriff „Rundfunk-Verbrechen“ wurde geprägt. Aus diesem Grund wurden auch in der „Ostmark“ Todesurteile vollstreckt. Als „entartet“ galten vor allem jüdische Komponisten. Betroffen vom Verbot waren neben Jazz auch Vertreter der Moderne wie etwa Schönberg, Berg, Webern, Krenek, Hindemith, aber auch jüdische Operettenkomponisten wie Paul Abraham, Ralph Benatzky, Fritz Grünbaum oder Peter Herz. Von den Nazis diffamiert wurden auch Hanns Eisler, Alexander Zemlinsky oder Kurt Weill. In einem 25-seitigen Pamphlet aus dem Jahr 1932/33 ist die Rede vom „volkstumzersetzenden Einfluss des Jazz“. Wenige Sätze schon entlarven den ideologisch motivierten Hass gegen den Jazz. „In seiner Pseudowissenschaftlichkeit war das ein symptomatischer Ausdruck für den nationalsozialistischen, menschenverachtenden Rassismus“, schreibt Schulz.

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