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Wer killte Rabbi Jesus?

Theodor Much über religiöse Wurzeln der Judenfeindschaft…

Rezension von Mario Pfanzagl

De facto war es der römische Statthalter Pontius Pilatus, der für die Exekution des Rabbi Jesus verantwortlich gewesen ist. Dennoch haben über zweitausend Jahre Antisemitismus und Beschuldigung der „Juden“ als Mörder des christlichen Religionsstifters ihre Spuren hinterlassen. Auch wenn dank des interreligiösen Dialogs endlich eine Aufklärung in Gang gekommen ist, die mit der unseligen Lüge von jüdischen Christenmördern aufräumt, so ist es doch sehr hilfreich wenn Publikationen wie die vorliegende religiösen Laien wie mir entsprechende Argumentationshilfen und Einsichten vermitteln.

Bereits in ihren beiden Vorworten betonen der Bischof der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich, Prof. Dr. Michael Bünker und der ehemalige Chefredakteur der Furche sowie einstige Vorsitzende der Plattform „Wir sind Kirche“, Dr. Hubert Feichtlbauer, die gemeinsamen Wurzeln von Christentum und Judentum. Schließlich haben sich Jesus und seine Jünger zeitlebens nie von diesen Wurzeln abgewandt und sind schließlich auch als Juden gestorben. Jesus Christentum war, wie Theodor Much belegt, nicht einmal allzu fern von damaligen anderen Strömungen des Judentums entfernt. Jesus Lehren waren jedenfalls nichts unbedingt außergewöhnliches, was ihm die Verdammung durch die priesterliche Nomenklatur eingebracht hätte. So das Hauptargument Muchs, der dem Leser einen sehr detaillierten Einblick in die Lebens- und Glaubenswelten zu Zeiten Jesus vermittelt.

Much zeigt die gemeinsamen Prinzipien von Judentum und Christentum auf, während er zugleich einen geschichtlichen Exkurs wagt, fern umständlicher theologischer Argumentation. Das ist generell das besondere an Muchs Buch, es vermittelt eher Geschichte als Theologie, wenn es auch eine theologische Komponente hat. Diese ist jedoch sehr zugänglich und von einem ökumenischen Ansatz geprägt, der auf gegenseitiges Verständnis ausgelegt ist. Much will dem interessierten Leser helfen Jesus Glauben und damit das damalige Judentum zu verstehen, während er um einen herum die Welt von damals entstehen lässt.

Eine mehr als gelungene Zeitreise, an deren Ende die Antwort auf die große Frage steht, wer denn nun für Jesus Kreuzigung verantwortlich ist. Much nennt Pontius Pilatus und das nicht von ungefähr, denn schon aus nichtbiblischen Quellen weiß man von der relativen Grausamkeit dieses römischen Statthalters und dass er potentielle Aufwiegler immer wieder kreuzigen ließ. Dass ihm eine Szene angedichtet wurde in der er nach einem alten jüdischen Brauch seine Hände in Unschuld wäscht mag eine Geschichtsverfälschung der frühen Christen sein, die ihm auch ein biblisches Zitat in den Mund gelegt haben, von dem er wohl kaum gewusst hat. Eine Lüge die anfangs dazu gedacht war, im Römischen Imperium das die Christen ohnehin schon verfolgen ließ, nicht auch noch den Römern die Schuld an Jesus Tod anzulasten. Als geeigneten Sündenbock und ganz im Sinne einer Abgrenzung verfiel man auf die einstigen Glaubensbrüder und schuf so die Wurzel jenes religiösen Antisemitismus, der sich schließlich zum rassistischen wandeln sollte.

Fazit: Eine höchst faszinierende Zeitreise zu den gemeinsamen Wurzeln von Judentum und Christentum, die ein für allemal mit den religiösen Wurzeln des christlichen Antisemitismus aufräumt.

Theodor Much: Wer killte Rabbi Jesus?: Religiöse Wurzeln der Judenfeindschaft
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