Presseinformation
Dany Walter:
Im Schatten des Maulbeerbaums
Der Roman von Dany Walter erzählt die Geschichte
dreier Familien aus ganz verschiedenen Kulturkreisen, deren Schicksal über
drei Generationen, von den Großeltern bis zu den Enkeln, literarisch
verfolgt wird.
Der zeitliche Rahmen erstreckt sich dabei von Palästina zur Zeit des Ersten
Weltkrieges bis zum israelischen Staat Mitte des 20. Jahrhunderts.
Das Schicksal der einen Familie führt den Leser in die
arabisch-muslimische Welt und Kultur der Beduinen. Die beiden anderen
Familien sind deutscher Herkunft und müssen als Juden in Folge des
Nationalsozialismus aus ihrer Heimat fliehen. Alle drei siedeln sich in der
Scharon-Ebene an, die als "grüne Oase" zu einem Symbol der Hoffnung und
Zukunft der drei hier aufeinander treffenden Familien wird. Mit der
Darstellung der in unterschiedlichen Kulturen verwurzelten Lebenswelten
offenbart der Autor ein objektiv gestaltetes Bild der multikulturellen
Gesellschaft in Israel.
Aus dem Inhalt:
... "Ran nahm das Kind von der Schafswolldecke und legte es in die Arme
der drei Paten, die auf der Steinmauer Platz genommen hatten. Ran fragte
nun: "Wie soll der Name des Kindes lauten?" "Das Kind soll zwei Namen
erhalten, den ersten in Hebräisch 'Chag' und den zweiten in Arabisch 'Ajid'
- nach seinem verstorbenen leiblichen Vater" ...
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Leseproben
»Ich habe den Roman von Dany Walter zu Ende
gelesen und er scheint mir hinreißend zu sein. Besonders der Schluss, der
mich sogar zum Weinen zwang, weil er so starke Emotionen beim Leser weckt.
Die Geschichte ist eine Vision, eine Legende, eine Utopie zu schön, um wahr
zu sein. Es könnte aber ein gutes Drehbuch bieten für eine Verfilmung durch
eine deutsch-israelisch-arabische Co-Produktion.«
Ehud Ben-Ezer, Schriftsteller und
Literaturkritiker
Der
Autor, Dany Walter, wurde 1944 in Sde Warburg als Sohn deutscher Juden, die
vor dem NS-Terror ins damalige Palästina fliehen konnten, geboren. Bereits
während seiner Kindheit im Kibbuz Ginosar schloss er Freundschaft mit den
dort in Zelten ansässigen Beduinen, was ihn schon früh mit der
arabisch-muslimischen Tradition vertraut machte. Der Roman »Im Schatten des
Maulbeerbaums«, in dem nicht nur die Geschichte der deutsch-jüdischen
Familien erzählt wird, sondern auch das Schicksal eines beduinischen
Stammes, ist Dany Walters literarisches Debüt.
In der israelischen Literatur folgt Dany Walter so bekannten Literaten wie
Meir Shalev oder A. B. Jehoshua, die in ihren Romanen ebenfalls
Familienschicksale vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte des Staates
Israel thematisieren. Im Unterschied zu diesen Autoren jedoch, welche eher
in der israelischen Perspektive verharren, versucht Walter in seinem Roman
eine literarische Brücke zur deutschen und arabischen Welt zu schlagen.
Melzer Verlag,
Neu-Isenburg 2004, SEMIT edition, 350 Seiten, Hardcover,
ISBN 3-937389-33-6, 24,95 € / 41,95 sFr.
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Vorwort
Es ist interessant, wie nur wenige Minuten meiner
Kindheit, die ich noch immer lebendig vor mir sehe, mein Leben beeinflusst
haben.
Dieser kurze Moment ereignete sich im Jahr 1951. Ich war sieben Jahre alt
und spielte im Sand vor unserer Haustür.
Neben dem Eingang auf der Terrasse saß meine Großmutter und strickte Socken
für die Kinder.
Es waren die ersten Jahre nach der Staatsgründung und man wusste noch nicht,
wie sich die arabische Bevölkerung, die jetzt auf israelischem Territorium
lebte, infolge des Unabhängigkeitskrieges zwischen dem neu gegründeten
Israel und den arabischen Anrainerstaaten verhalten würde. Daher hatte man
in den arabischen Dörfern eine so genannte militärische Zone eingerichtet.
Um die Dörfer verlassen zu können, mussten die Menschen jeden Tag
stundenlang warten, was das alltägliche Leben sehr beschwerte.
Wir, die in einer bäuerlichen Ansiedlung neben einem solchen arabischen Ort
wohnten, benötigten Arbeitskräfte auf unseren Höfen. Die arabischen Männer
wiederum waren gezwungen zu arbeiten, um ihre Familien ernähren zu können.
Um die langwierige Kontrollabfertigung zu umgehen, gelangten die Arbeiter
täglich auf einem geheimen Weg durch die Orangenplantagen zu uns.
Bei uns arbeitete ein sehr netter und fleißiger Mann namens Junes. Er
gehörte fast schon zur Familie. Den Tag bei uns startete er immer mit
Kaffeetrinken im Familienkreis, erst danach begann er mit seiner Arbeit.
An dem bestimmten Tag kam er im Laufschritt zu uns, hinter ihm war schon die
Polizei zu sehen, die nach illegalen Arbeitern suchte. Meine Großmutter
brachte Junes in ihr Schlafzimmer und schloss die Tür. Dann setzte sie sich
mit ihrem Stuhl vor den Eingang unseres Hauses.
Mit lauter Bassstimme verlangten die Polizisten von ihr sie durchzulassen.
"Warum?", fragte meine Großmutter.
"Wir haben gesehen, wie ein Araber in euer Haus ging und wir wollen ihn
mitnehmen", antwortete einer der Polizisten.
"Habt ihr eine gerichtliche Erlaubnis, mein Haus zu betreten?", fragte meine
Großmutter ganz ruhig.
Überrascht von dem Mut meiner Großmutter verlangte der Polizist erneut von
ihr beiseite zu treten, damit ihr nichts passiere.
"Ins Haus hinein kommt ihr nur über meine Leiche", sägte sie und rückte mit
dem Stuhl noch weiter an die Tür heran. "Dann wird in eurer Akte auch ein
Mord notiert werden", fügte sie noch hinzu.
"Warum versteckst du diesen arabischen Verbrecher?", fragte der Polizist
erstaunt.
"Ich werde dir etwas erzählen", sagte meine Großmutter, und mit der Hilfe
meiner Übersetzung begann sie:
"Nur vor wenigen Jahren war ich in derselben Situation wie dieser Araber.
Ich bin sehr spät aus Deutschland herausgekommen. Und wenn nicht einige
Menschen in meinem Dorf ihr Leben riskiert hätten, um mir zu helfen, hätte
ich Deutschland nicht lebendig verlassen können. Mit dem Pfarrer an der
Spitze, der mir nicht nur half, sondern auch dafür sorgte, dass ich als
Jüdin weiterhin in der Gemeinde bleiben konnte, retteten sie mein Leben.
Solange ich lebe, werde ich niemals erlauben, dass jemand wegen seines
Glaubens oder deswegen, weil er Nahrung für seine Kinder verdienen will,
bestraft wird."
Seitdem sind Jahre vergangen, und ich habe noch vieles andere erlebt. Diese
Erlebnisse sind auch in der einen oder anderen Form im Buch zu finden. Aber
wenn ich mich festlegen müsste, was mich zu dieser Geschichte bewegt hat, so
ist es dieses Bild von mir im Alter von sieben Jahren mit meiner Großmutter.
Prolog
Die Vögel musizierten, als wüssten sie, dass Ajid, der
verstorbene Sohn von Chadj Ali, begraben auf dem Friedhof unterhalb des
Hügels, ihren Gesang so geliebt hatte. Der Sonnenaufgang stand nun kurz
bevor. Jossi nahm den offenen 'Wassermelonenstein des Propheten Elias',
dessen Inneres voll von natürlichen Quarzkristallen war, und der Ajid und
ihm gehört hatte. Er legte ihn an eine Stelle, die nur ihnen bekannt war.
Danach nahm er Johanna das Baby ab und legte es auf eine Schafswolldecke auf
einen speziellen Platz. Die Sonne begann nun zu scheinen, ihre ersten
Strahlen ließen den Baum und seine Blätter erglänzen.
Auf einmal traf ein Sonnenstrahl durch eine kleine Spalte im Baum direkt auf
den großen Kristall in der Mitte des 'Wassermelonensteins des Propheten
Elias'. Durch die Lichtreflexe des mittleren auf die anderen Kristalle
entstand ein farbiges Licht, das alle Anwesenden, die neben dem Stein
standen, erleuchten ließ. In diesem Moment sah es aus, als ob ein Leuchter
mit Tausenden von Lichtern den Kopf des Kindes erstrahlen würde.
Die Farben wurden immer stärker, so lange die Sonne am Aufgehen war, und sie
verschwanden in dem Moment, als sie ihre Höhe erreicht hatte.
"Das war es", sagte Jossi, "nun können wir mit der Zeremonie beginnen."
"Wer ist der Vater?", fragte Ran, der 'Mohel', ganz offiziell.
"Ich", antwortete Jossi.
"Und wer ist der Pate?", fragte Ran weiter.
Jossi sagte: "Alle drei: Reinhard, Ali und Chanan."
"Du weißt, dass das nicht üblich ist", erwiderte Ran.
Jossi antwortete: "Ich weiß, und darum habe ich speziell dich eingeladen,
und die Geschichte erzähle ich dir später."
"Deine Bitte sei mir eine Pflicht", sagte Ran. "Lasst uns mit der Zeremonie
beginnen."
Bald wird die Sonne aufgegangen sein, und wir können mit der Beschneidung
beginnen."
In der Gruppe, die sich unter dem großen
Maulbeerfeigenbaum versammelt hatte, waren ganz unterschiedliche Religionen,
Kulturen und Generationen vertreten: die konvertierte Jüdin Johanna mit
ihrem einwöchigen Sohn auf dem Arm, eingerahmt auf der einen Seite durch
ihren Mann Jossi, einem in Israel gebürtigen Juden, auf der anderen Seite
durch ihre blinde Mutter Renate mit ihrem Mann Reinhard, Christen aus
Deutschland, die speziell zur Beschneidungszeremonie nach Israel gekommen
waren.
Hinter ihnen stand Lea, die inoffizielle Großmutter von allen, neben ihr
Chanan und Ruth, die Eltern von Jossi, Bauern aus dem Nachbardorf Renanim.
Den arabisch-muslimischen Teil der Gruppe repräsentierten Chadj Ali und
seine Frau Chamuda aus dem südlich gelegenen Beduinendorf.
Der Rest der Gruppe bestand aus einigen Freunden und der wichtigsten Person,
dem 'Mohel' Ran-Lavi, als Beschneider, der Chef der Zeremonie.
Die morgendliche Kälte beherrschte noch die Luft, Tau tropfte wie Regen von
den Blättern des Maulbeerbaumes. Die Stille der Leute hatte den Morgengesang
der Vögel wieder zum Leben erweckt. Zuerst das Zwitschern zweier Amseln, das
wie ein musikalischer Dialog anmutete. Als Trommel begleitete sie der
Honigsauger mit seiner Tack-Tack-Stimme. Im Hintergrund das Trillern einer
Schar von Sperlingen, in das auch die Turteltaube einstimmte.
Ran nahm das Kind von der Schafswolldecke und legte es in
die Arme der drei Paten, die auf der Steinmauer Platz genommen hatten. Ran
fragte nun: "Wie soll der Name des Kindes lauten?"
"Das Kind soll zwei Namen erhalten, den ersten in Hebräisch 'Chag' und den
zweiten in Arabisch 'Ajid' - nach seinem verstorbenen leiblichen Vater."
Ran war überrascht, sagte aber nichts dazu. Er wusste, dass Jossi sicher
einen guten Grund für diese ungewöhnliche Zeremonie hatte. Ran hob das Kind
in die Höhe und sagte:
"Nach jüdischem Brauch beginne ich die Beschneidung des Kindes Chag, des
Sohnes von Ajid ...", hier machte er eine kleine Pause, dann sprach er
weiter: "Ajid El-Arabia, Sohn des Chadj Ali El-Arabia, und von Jossi, Sohn
des Chanan Schany."
Das Kind legte er nun auf den Schoß der drei Paten und begann mit der
Beschneidung.
Jossi umarmte liebevoll Johanna, und beide blickten hinunter zum
Beduinenfriedhof, wo das Grab von Ajid war.
Jossi sagte: "Ich bin sicher, dass Ajid jetzt bei uns ist, auch wenn er dort
liegt. Er schaut auf uns herab und lacht sein schallendes Lachen. Sei
gegrüßt Ajid, du bist mein Bruder und du wirst es auch immer bleiben, der
kleine Ajid wird uns immer an dich erinnern."
Das Weinen des Kindes unterbrach die Stille des Ortes.
Ein Vogelschwarm flog erschreckt auf, als gäbe er das Zeichen, dass die
Zeremonie beendet sei.
Ran, der 'Mohel', gab das Kind mit einem Segensspruch zurück in die Arme der
Mutter. Langsam verließen die Gäste den Platz.
Nur Chadj Ali blieb sitzen und schaute nachdenklich zum Horizont: "Der
kleine Chag-Ajid symbolisiert die tiefe Freundschaft zwischen Ajid und Jossi
- ein Zeichen der Veränderung, die diese Region so sehr braucht.
Die Wanderung
Der Rauchgeruch vom Holzofen, das Krähen der Rebhühner im
Gras und das Blöken der Ziegen, die auf das Melken warteten, weckten
Suleiman-el-Arabia.
Die Frauen begannen schon mit dem Backen des Fladenbrotes für das Frühstück.
Die Hunde bellten laut bei der Verfolgungsjagd eines Fuchses, der erschreckt
floh und Rettung suchte in einer kleinen Felsspalte, die für die Hunde nicht
zugänglich war. Nun standen sie davor und bellten in der Hoffnung, dass er
wieder herauskommen würde.
Das Zelt seiner Eltern lag in Ein-el-Kudeirat, auf der Halbinsel Sinai. Nach
den Geschichten seines Vaters war das der Ort, an dem auch Moses mit den
Kindern Israels lebte auf ihrer Wanderung aus Ägypten.
Suleiman blickte auf die schwarzen Zelte, die sich am Hang des Hügels
befanden und dachte: Das ist das letzte Mal in diesem Winter, dass ich die
schwarzen Zelte sehe. Wenn ich von der langen Tour der Kamelfütterung
zurückkomme, werden schon die einfachen Sommerzelte stehen. Schade, ich habe
die Winterzelte eigentlich viel lieber. Mit ihrem aus Ziegenfell gewebten
Zeltstoff strahlen sie eine sicherere und ruhigere Atmosphäre aus als die
einfachen Sommerzelte, die aus einfachen Jutesäcken hergestellt sind und
lediglich Schatten spenden sollen. Aber was soll man machen. Die Winterzelte
sind zu teuer, um sie auch im Sommer zu benutzen, die starke Sonne schadet
ihnen zu sehr. Schon so müssen meine Mutter und Schwester in jeder freien
Minute ihrer Freizeit neue Stoffe für das Zelt weben... ...
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27-03-04 |