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Baumeisterin des Landes Israel

 Die ungewöhnliche und faszinierende Biografie der Architektin Lotte Cohn…

Biografien wie diese sind etwas herrliches. Nicht nur, dass sie dem Leser einen Lebensweg näher bringen, sie lassen ihn auch am zeitgenössischen Geschehen, in diesem Fall in Palästina vor der Staatsgründung und im späteren Israel teilhaben. Die Kunsthistorikerin Ines Sonder, Mitarbeiterin am Postdamer Moses Mendelssohn Zentrum, hat ein einfühlsames und kurweilig Porträt der Pionierin Lotte Cohn vorgelegt.

Pionierin war Cohn in mehrfacher Hinsicht. 1893 in Charlottenburg bei Berlin geboren war sie nach einem Studium an der Technischen Hochschule Charlottenburg 1916 eine der ersten weiblichen Architektur-Absolventinnen in Deutschland. Nachdem sie einige Jahre in einem Architektenbüro mitgearbeitet hatte, wanderte sie 1921 nach Palästina aus. Lotte Cohn war überzeugte Zionistin, und das zu einer Zeit als die große Mehrheit der deutschen Juden noch das politische Ziel einer „jüdischen Heimstätte“ in Palästina ablehnte. Seitdem lebte und arbeitete Lotte Cohn in Palästina, seit 1930 als selbstständige Architektin, zunächst in Jerusalem, dann in Tel Aviv. Sie starb am 7. April 1983 in Tel Aviv.

Lotte Cohn hatte intensiven Anteil am Kultur- und Geistesleben des im Aufbau befindlichen Landes, zu deren jekkischen Gesellschaft sie sich bewegte. Zahlreiche ihrer Bauten wurden für deutsche Einwanderer realisiert, sowohl Privathäuser als auch institutionelle Einrichtungen.

Der Erinnerungen „Die zwanziger Jahre in Erez Israel. Ein Bilderbuch ohne Bilder“ im Anhang lassen Lotte Cohn selbst zu Wort kommen und bieten Einblicke in eine Welt, wie sie im modernen heutigen Israel kaum mehr vorzustellen sind. Lotte Cohn berichtet vom schweren Abschied von ihrer Familie in Berlin, den ersten Schritten in Eretz Israel, von  Alltagsfreuden und -beschwerden. Anrührend sind ihre Anmerkungen in Bezug auf das Kulturleben im Land: „Das Bild wäre nicht vollständig, wenn ich nicht auch der anderen grauen Seiten Erwähnung täte, des geistigen Mangels, unter dem ich wirklich litt.“ Während in westlichen Ländern und Amerika das Kunst- und Kulturleben brausen würde, sei es in Eretz Israel stumm geblieben. Auch vom Zusammenleben mit arabischen den Nachbarn berichtet Lotte Cohn. Es habe keine Feindseligkeiten gegeben, aber auch ansonsten keinerlei weitere Beziehungen.

Eines scheint sich jedoch bis heute nicht geändert zu haben: „Handwerker in Palestina, das waren die Dornen auf meinem Arbeitsweg im Binjan Haarez [Aufbau des Landes]“. – al

Ines Sonder: Lotte Cohn – Baumeisterin des Landes Israel – Eine Biographie
Mit etwa 25 Schwarzweißabbildungen, Gebunden, 240 Seiten, ISBN: 978-3-633-54238-3, Jüdischer Verlag im Suhrkamp 2010, Bestellen?