Michael Warschawski:
An der Grenze
Aus dem Französischen von Barbara Heber-Schärer
Vorwort von Moshe Zuckermann
Broschur, 256 Seiten, mit 25 S-W-Fotos,
Euro 19,90
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Autobiografischer Rückblick:
Israelische Grenzgänger |
Michael Warschawski:
An der Grenze
1949 in Straßburg als Sohn eines Großrabbiners geboren, ging Michael
Warschawski 1965 nach Jerusalem, um den Talmud zu studieren. Das Trauma des
Sechs-Tage-Krieges ließ ihn die israelische Kolonialhaltung ablehnen und für
einen Frieden im Nahen Osten kämpfen, der auf den Werten der Brüderlichkeit,
Solidarität und Koexistenz beruht. Unerschrocken kämpft er seitdem gegen die
Installierung eines Eisernen Vorhangs an, gegen die Perspektive von Krieg
und Einmauerung. Das Buch
vermittelt den Lesern den beispielhaften Mut eines Einzelnen und hinterläßt
in dem Geflecht aus Krieg, Haß, Verzweiflung und Machtpolitik die
beeindruckende Spur einer persönlichen Geschichte.
Warschawski ist eine wichtige Figur der israelischen Linken
und sein Zeugnis trifft direkt ins Zentrum des israelisch-palästinensischen
Dramas. Sein Kampf für ein laizistisches und demokratisches Israel beweist
seinen authentischen Humanismus und sein freies Bewußtsein. Für diese
Qualitäten erhielt seine Autobiographie 2002 den Preis "Témoin du monde" von
Radio France International. Für die politischen und menschlichen Qualitäten
seiner kritischen Analyse wurde es außerdem mit dem Preis der Freunde von Le
Monde diplomatique ausgezeichnet.
Leseprobe: "Ich bin in Straßburg
geboren, an der Grenze. Die Entscheidung meines Großvaters väterlicherseits,
sich dort niederzulassen, war wohl nicht zufällig, sie hatte mit dieser
Eigenschaft als Grenzstadt zu tun. Als er, um dem Militärdienst zu entgehen,
aus seinem kleinen Schtetl in der Nähe von Lodz emigrieren mußte, war seine
Wahl zunächst auf Frankfurt am Main gefallen, damals das geistige Zentrum
des orthodoxen Judentums in Westeuropa, wo er sich an einer Talmudschule
einschrieb. Für einen frommen jungen
Juden, der sich in Westeuropa niederlassen wollte, war Anfang des
zwanzigsten Jahrhunderts Deutschland das bevorzugte Ziel. Die Sprache ist
nicht so weit vom Jiddischen entfernt, es gab dort eine große orthodoxe
jüdische Gemeinde, die zahlreiche Talmudschulen und andere religiöse
Institutionen unterhielt. Frankreich, das vor allem osteuropäische Juden
anzog, die Anschluß an die Moderne suchten und sich assimilieren wollten,
lag Menschen, die mit ihrer frommen Lebensweise verbunden geblieben waren,
eher fern. Doch weil mein Großvater
keine gültigen Papiere hatte, mußte er Frankfurt wieder verlassen und nach
Westen, nach Frankreich weiterziehen. Er machte in Straßburg Halt, eben weil
sich diese Stadt an der Grenze zweier Welten befand: im Lande Rousseaus und
Voltaires gelegen, war sie doch die am wenigsten romanische unter den
französischen Städten. Ihre Kultur und ihre Sprache waren, zumindest zum
Teil, deutsch. Straßburg ist eine Stadt
am Rande Frankreichs, die innerhalb von drei Generationen fünfmal die
Nationalität gewechselt hat, doch nie wirklich deutsch oder wirklich
französisch gewesen ist. Eine gemischte Stadt, deren Bewohner eine doppelte
Identität haben. Auch eine Durchgangsstation für Menschen, die vor
Unterdrückung oder Elend flohen, wie für die Eroberungsarmeen, die mit dem
Ruf "À Berlin!" oder "Nach Paris!" durch die Stadt zogen."
hagalil.com
07-07-04 |