Moshe Zimmermann/Yotam Hotam (Hg.),
Zweimal Heimat. Die Jeckes zwischen Mitteleuropa und Nahost
Beerenverlag 2005
Euro 25,00
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Von einer hebräischen Studiobühne zum Nationaltheater:
Die Transformation von Habima in
Berlin
Habima, ein zionistisches, auf Hebräisch spielendes
Theater, erregte von Anfang an Interesse in den zionistischen Kreisen.
Diese Tatsache allein ist jedoch nicht ausreichend, um die
ausgezeichnete Aufnahme von Habima in Berlin zu erklären...
Neues über die Jeckes:
Zweimal Heimat
Mosche Zimmermann, Herausgeber der Anthologie "Zweimal Heimat. Die
Jeckes zwischen Mitteleuropa und Nahost", traf auf einen wunden Punkt,
als er das Buch im Garten von Mischkenot Schaananim in Jerusalem
vorstellte...
Konferenz in Jerusalem:
Die Rückkehr der Jeckes
Viele Jahre lang, vor allem seit sie vor 70 Jahren im
Rahmen der 5. Einwanderungswelle in Scharen nach Israel kamen, waren die
Jeckes und ihre Eigenschaften das Thema zahlreicher Witze...
Deutsche Juden:
Die "Jeckes"
im israelischen Humor
Sie hatte es schwerer als andere, sich einem ihnen in
vielfacher Hinsicht fremden Milieu anzupassen, und sie hielten an dem
mitgebrachten Lebensstil lange hartnäckig fest...
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Zweimal Heimat:
Die Jeckes zwischen Mitteleuropa und
Nahost
Von Andrea Livnat
Die Einwanderung der deutschen Juden nach Palästina
ist mit einem Paradox verbunden. Während man die deutschen Juden "zu
Hause", also in Deutschland, als das Paradebeispiel für assimiliertes
Judentum schlechthin betrachtete, hielt man sie nach der Emigration, in
Eretz Israel, für schwer integrierbar. Die Jecken, wie die deutschen
Juden bis heute genannt werden, blieben ein "Extremfall der
Assimilation".
Dieser Vorwurf wiegt besonders schwer, wie die
Herausgeber des vorliegenden Bandes, Moshe Zimmermann und Yotam Hotam,
in ihrem Vorwort betonen, verfolgte der Zionismus in Eretz Israel doch
eine strikte Schmelztiegel-Politik, der die Jeckes sehr reserviert
gegenüberstanden. Dennoch haben die Jecken in Politik, Gesellschaft,
Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur prägende Spuren hinterlassen und
wesentlich zum Aufbau des Landes beigetragen.
Im Mai des vergangenen Jahres fand dazu eine
internationale Konferenz im Konrad Adenauer Konferenzzentrum in
Mishkenoth Sha'ananim in Jerusalem statt, deren Beiträge nun in diesem
Band versammelt nachzulesen sind.
Im ersten Teil des Buches stehen Fragen der Assimilation
und den Besonderheiten des deutschen Zionismus im Zentrum. Shulamit
Volkov leitet den Teil mit allgemeinen Überlegungen zur Verwendung des
Begriffs "Assimilation" ein und weist daraufhin, dass die deutschen
Juden selbst "die ganze Epoche hindurch nach Wegen [suchten], ihre
jüdische Identität zu bewahren". Der Frage der Definition der deutschen
Juden fügt Michael Brenner die Frage des "Modells" hinzu und
unterscheidet dabei das Modell des Judentums in West- und Mitteleuropa
und das Modell des Judentums in Osteuropa. Während das israelische
Judentum dem osteuropäischen Modell ähnlich sei, habe sich das
amerikanische Judentum dem Modell des deutschen Judentums entsprechend
entwickelt, wo es sich "in verschiedenen Lebensbereichen, darunter auch
in der Religion" fortsetzt.
Avraham Barkai und Hagit Lavsky widmen sich in ihren
Beiträgen den Besonderheiten und dem "Sonderweg" des deutschen
Zionismus. Barkai geht dabei auch auf die Gründung von Brit-Schalom ein,
deren Anhänger sich für einen binationalen Staat einsetzten. Auch wenn
Brit-Schalom eine kleine Gruppe von Intellektuellen blieb, waren die
deutschen Zionisten im Allgemeinen durch eine "einzigartige gemäßigte
Einstellung" geprägt. Eine Tradition, die nach Meinung von Barkai auch
"heute noch als Fortsetzung der Eigenart des deutschen Zionismus und
seiner Folgegeneration Bestand hat". Auf ein Paradox des deutschen
Zionismus weist Hagit Lavsky hin. Obwohl die Führer der Bewegung sehr
stark an zionistischen Aktivitäten beteiligt waren, fanden sie keinen
Platz in der politischen Führungsriege des Jischuws. Den Jeckes gelang
es nicht, "die Vormachtstellung der osteuropäischen politischen Kultur
in Palästina zu überwinden."
Der zweite Teil des Bandes, der sich der
deutsch-jüdischen Identität in der Migration zuwendet, beschäftigt sich
einerseits mit "migrierender Identität" und andererseits mit
"migrierender Kultur". Dabei werden die Beiträge der Jecken zu
Wirtschaft, Kunst und Kultur, Theater, Literatur, Musik und Pressewesen
beleuchtet. So stellt beispielsweise Nurith Kenaan-Kedar den Einfluss
der deutschen Einwanderer auf die Kunstszene des Landes anhand zweier
Biografien dar. Karl Schwartz, der in München geboren wurde und sein
Studium in Berlin absolvierte, richtete das Tel Aviv Museum ein und
fungierte als sein erster Leiter. Der durch die Kultur der Weimarer
Republik geprägte Kunsthistoriker brachte die Arbeiten so namhafter
Künstler wie Max Liebermann, Lesser Uri, Nahum Guttmann und Yohanan
Simon nach Tel Aviv und publizierte zahlreiche Kataloge, Beiträge, sowie
Bücher zur "jungen palästinensischen Kunst". Auch einer der
bedeutendsten Kunstsammler in Palästina bzw. Israel, Walter Moses, war
deutscher Herkunft. Seine Sammlung bildet heute die Basis des Haaretz
Museums. Beide Persönlichkeiten spiegeln nach Kenaan-Kedar "die Position
der deutschen Juden wider, die sich einerseits in die "neue Heimat"
integrieren, andererseits den Universalismus bewahren wollten."
Der dritte Teil des Bandes befasst sich mit
Erinnerungen, die die Jeckes selbst zu Wort kommen und von ihren
Erfahrungen berichten lässt und so "als historische Quelle zur Frage der
deutsch-jüdischen Erinnerungskultur" beitragen.
Insgesamt kann der eigenen Feststellung des
Verlages nur beigepflichtet werden: "Dank seiner Autoren und seines
facettenreichen Themenspektrums ist dieses Buch konkurrenzlos und für
all diejenigen unverzichtbar, die sich mit der deutsch-jüdischen
Geschichte beschäftigen." Dabei wird auch der mit Israel vertraute Leser
viel Neues und Überraschendes über die deutschen Juden finden. Von den
zahllosen Jecke-Witzen haben Konferenz und Buch dankenswerter Weise
Abstand genommen.
hagalil.com
13-09-05 |