Vor dem Vergessen bewahrt:
Moshe Yaacov BenGavri'el
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Moshe Yaacov BenGavri'el, ein deutschsprachiger Schriftsteller, der
in Jerusalem zu Hause gewesen ist, wäre völlig in Vergessenheit geraten,
hätte ihn Armin Alexander Wallas nicht vor
diesem Schicksal bewahrt.
Abb.
unten: Selbstporträt -
Moshe Yaacov BenGavri'el -
Jewish National and University Library,
Jerusalem, Ms. Var. 365; Abbildung in: Hoeflich,
Tagebücher 1915 bis 1927, 1999, Bildteil |
Im beschaulichen
Jerusalem der vierziger und fünfziger Jahre war dieser bei seinen
Freunden und in jeckischen Kreisen unter seinem Spitznamen, "Moj"
benGavri'el, der sich aus den Initialen seines jüdischen Vornamens -
Moshe Jaacov - zusammensetzte, weit bekannt. Es ist jedoch nicht zu
vergessen, dass er unter einem ganz anderen Namen, nämlich Eugen
Höflich, geboren worden war. Doch ließ er diesen bei seiner Einwanderung
nach Palästina in den frühen zwanziger Jahren ändern, nachdem er während
des Ersten Weltkrieges unter diesem Namen auf Seiten Österreichs
gekämpft hatte. Er wurde in der Regel von anderen als ein schmächtiger
Mann mit einem faltigen, aber meistens lächelnden Gesicht, mit einem
guten Sinn für Humor und einem nicht enden wollenden Repertoire von
Geschichten beschrieben. Aus diesen Gründen wurde er immer sehr schnell
zu einer zentralen Figur auf den Gesellschaften und Bällen des
Jerusalems von früher.
BenGavri'el wurde durch die Menschen und die Landschaften in Palästina
zu seinen Lyrik- und Prosawerken inspiriert, doch sah er sich gezwungen,
seinen Lebensunterhalt als Korrespondent für europäische Zeitungen und
Journalist für die örtlichen europäischsprachigen Zeitungen, wie der
englischsprachigen "Palestine Post" zu verdienen.
Obwohl er seine Werke fast
ausschließlich auf Deutsch verfasste, wurden einige wenige ins
Hebräische übersetzt und waren einer überschaubaren Leserschaft von
früher bekannt. Eines seiner - in Israel - bekanntesten Bücher nennt
sich auf Hebräisch "Haus in der Karpfengasse", was in der
Originalausgabe unter dem Titel "Ein Haus in Prag" erschienen ist.
Fernerhin schrieb er Bücher unter den Titeln "Gold auf den Straßen",
"Die Flucht nach Tarschisch", "Füchse in Jerusalem" und andere, sowie
das außerordentlich anregende, hervorragend satirische Werk "Krieg und
Frieden des Bürgers Mahaschavi", phantasievoll geschrieben und voller
Humor. Eine kleine Straße im Jerusalemer Stadtteil Talpiyot wurde nach
ihm benannt, doch ohne Erklärung und Lebensdaten zu seiner Person.
In der Prosa- und Gedichtsammlung des zuvor genannten Bandes kommen
BenGavri'els emotionelle Eindrücke zu seinem geliebten und geschätzten
Palästina der Mandatszeit zum Ausdruck. In kurzen Eindrücken,
schmuckhaften Bildern und Beschreibungen in knapp gehaltener Sprache. Im
hinteren Teil des Bandes befindet sich ein detailreiches Nachwort von
Wallas und ein Glossar, das den europäischen Lesern die Eigennamen und
andere Ausdrücke erklärt.
Wallas Interesse an BenGavri'el begann
bei seiner Arbeit über des Schriftstellers Tagebuch. Anhand BenGavri'els
persönlichen Notizen, die er über viele Jahre hinweg aufzeichnete,
gelang es Wallas, ein breites wissenschaftliches Spektrum bezüglich der
Epoche, in der die Werke geschrieben worden sind, bezüglich der
Charaktere, die dort erwähnt und beschrieben werden, und bezüglich der
Beschreibung der allgemeinen Stimmung und BenGavri'els wechselnden
Schilderungen ihrer Sorgen und manchmal auch schier hoffnungslos
scheinenden Schwierigkeiten, wie Hunger und Armut im Jerusalem der
vierziger Jahre zu untersuchen. In mühseliger Kleinarbeit erfasste und
untersuchte Wallas jedes noch so unwichtig erscheinende Detail in
BenGavri'els Aufzeichnungen auf seine wissenschaftliche Relevanz. So
füllen letztendlich Wallas Anmerkungen einen bemerkenswert großen Teil
des Bandes, der sogar den eigentlichen Text des Tagebuchs an Umfang
überschreitet. Rund 100 weitere Seiten widmet Wallas der Erörterung von
BenGavri'els kulturellem Hintergrund, der sich auf sein Leben und Werk
auswirkt. Nach seinem Tode setzt nun seine langjährige Mitarbeiterin,
Andrea Luritsch, Wallas Arbeit am zweiten Teil der Tagebücher fort.
BenGavri'el ist nur einer aus einer
langen Reihe von europäischen Künstlern und Schriftstellern, die im
Palästina der Mandatszeit lebten, aber kaum Spuren in der israelischen
Literatur hinterlassen haben, aufgrund der Tatsache, dass sie weiterhin
in ihren Muttersprachen schrieben und deshalb eher einer Überschaubaren
Leserschaft in ihren Herkunftsländern bekannt waren. Einige von ihnen
wären ohne die vermessene Arbeit von Wallas ganz in Vergessenheit
geraten.
Eugen Höflich (Moshe Ya'akov
Ben-Gavriel):
Feuer im Osten. Der rote
Mond
Herausgegeben und mit einem Nachwort von Armin A. Wallas
Arco. 2003. 171 S.
Eugen Höflich (Moshe Ya'akov
Ben-Gavriel):
Tagebücher 1915-1927
Herausgegeben und kommentiert von Armin A. Wallas.
Bühlau Verlag Ges. Wien, Köln, Weimar, 1999. 641 S.
Quellen: Artikel der israelischen
Tageszeitung HAARETZ
vom 05.09.2003 und
http://www.literaturepochen.at/exil |




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itg -
hagalil.com 09.09.2003
Kurzbeschreibung
amazon.de
Eugen Hoeflich / Moshe Ya'akov Ben-Gavriel
(1891 Wien - 1965 Jerusalem)
Eugen Hoeflich/Moshe Ya'akov Ben-Gavriel (1891 Wien -
1965 Jerusalem) zählt zu den bedeutendsten zionistischen Publizisten und
Schriftstellern des 20. Jahrhunderts.
Das Schlüsselerlebnis seiner Jugend war wohl der Palästina-Aufenthalt im
Ersten Weltkrieg (als österreichisch-ungarischer Offizier war er 1917 für
mehrere Monate im k. und k. Reservespital Jerusalem stationiert). In der
orientalischen Lebenswelt fand er Themen und Motive für sein literarisches
Schaffen, aber zugleich eine Perspektive für sein politisches Wirken, das er
in den Dienst der Rückkehr des jüdischen Volkes zu seinen orientalischen
Ursprüngen stellte. Im März 1927 zog er die Konsequenz aus seiner
politischen Überzeugung, siedelte nach Palästina über und nahm seinen
hebräischen Namen Moshe Ya'akov Ben-Gavriel an.
Seine Israel-Romane wurden in den fünfziger und sechziger Jahren zu
Bestsellern. Der vorliegende erste Band der Edition der Tagebücher von Eugen
Hoeflich (Moshe Ya'akov Ben-Gavriel) umfaßt die Jahre 1915 bis 1927
(Kriegs-Tagebücher 1915 und 1917 sowie die "Wiener Jahre" bis zur
Übersiedlung nach Palästina). Diese Aufzeichnungen stellen eine wichtige
literatur-, sozial-, kultur- und mentalitätsgeschichtliche Quelle zum
jüdischen Leben Wiens dar, mit reichhaltigen Informationen zum literarischen
Leben, zum Theaterbetrieb und zur Geschichte des Zionismus.
Mit ihrem ausführlichen, auf Archivrecherchen gestützten Kommentar kann die
vorliegende Edition auch als ein Quellenbuch zu der noch weitgehend
ungeschriebenen Geschichte des Wiener Judentums der Zwischenkriegszeit
verwendet werden.
Vor dem Vergessen bewahrt:
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Simon
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zionistische Jugendführer Simon Kronberg im Oktober 1934 mit einer
Gruppe jüdischer Jugendlicher nach Palästina...
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