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Dirk Ansorge (Hrsg.):
Antisemitismus in Europa und in der arabischen Welt.
Ursachen und Wechselbeziehungen eines komplexen Phänomens
Verlage Bonifatius Paderborn und Otto Lembeck Frankfurt a.M. 2006
Euro 19,90

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Antisemitismus in Europa und in der arabischen Welt:
Ursachen und Wechselbe-ziehungen eines komplexen Phänomens

Ein Sammelband vereint Theologen, Historiker, Islamwissenschaftler, Soziologen und Journalisten...

Ursachen und Wechselbeziehungen eines komplexen Phänomens:
Unausrottbarer Judenhass

Jährlich erscheinen Hunderte Bücher über den Antisemitismus. Ein gut lesbarer Sammelband beleuchtet Aspekte des immer noch grassierenden Vorurteils.

Von Karl Pfeifer
Erschienen in: Die Furche,
Nr. 2/ 11. Januar 2007

Das von Papst Johannes XXIII. initiierte Zweite Vatikanische Konzil brachte eine grundlegende Verbesserung nicht nur des katholisch-jüdischen Verhältnisses, sondern beeinflusste auch andere christliche Kirchen und so ist es nur folgerichtig, dass der katholische Theologe Dr. Dirk Ansorge aufgrund zweier Tagungen der Katholischen Akademie des Bistums Essen 2005 diesen aus vielen Büchern herausragenden Sammelband über Antisemitismus heuer herausgab.

Einführend fragt der Politologe Karl Heinz Klein-Rusteberg was denn das "Neue" am "Neuen Antisemitismus" sei und der Historiker Georg Christoph Berger Waldenegg analysiert die verschiedenen Definitionen des Antisemitismus.

Die Osteuropa-Historikerin Viktoria Poltmann schildert wie sehr traditionelle antisemitische Stereotypen im katholischen Kontext das Denken und Handeln in Polen auch in der Gegenwart bestimmen können. Auch in anderen Ländern Osteuropas, so z.B. in Ungarn, der Slowakei und Kroatien dient Antisemitismus bei der Selbstdefinition nationaler Mehrheiten als Leitmotiv und "die katholische Kirche hat dem bislang kaum etwas entgegenzusetzen vermocht".

Danny Leder, langjähriger Frankreich Korrespondent des Wiener "Kurier" beschreibt die sich häufenden antisemitischer Übergriffe von Teilen der zweiten – meistens schon in Frankreich geborenen – Generation mit muslimisch-nordafrikanischen Hintergrund und die Ängste und Probleme der größten jüdischen Gemeinde in Europa. Viele Juden in Frankreich stammen aus Nordafrika und haben bereits in ihren Geburtsländern muslimischen Antisemitismus erfahren. Wenn es nun in Frankreich so weit ist, dass Juden bestimmte Viertel meiden müssen, dann hat die Vergangenheit sie wieder eingeholt.

Der Islamwissenschafter Jochen Müller zeigt, wie sich in die Kritik oder Agitation gegen Israel in der arabischen Welt antisemitische Stereotypen, wie Ritualmordbeschuldigungen oder Verschwörungstheorien, mischen. Allerdings werden vereinzelt auch arabische Stimmen laut, die auf die Funktion des Antisemitismus verweisen, einen "Gegner" zu dämonisieren, um so von der eigenen Verantwortung für den Zustand der Gesellschaft abzulenken.

Der aus Ägypten stammende Historiker Omar Kamil belegt wie die Begegnung arabischer Intellektueller mit der europäischen Moderne zu einem historischen Bruch bezüglich der Wahrnehmung der Juden führte und macht dafür den Kolonialismus verantwortlich.

Der libanesische Jesuit Khalil Samir, der den Zionismus ablehnt, lieferte einen besonders interessanten und aktuellen Beitrag. Der Konflikt Israel-arabische Nachbarn ist seiner Sicht nach ein politischer und kein religiöser und deshalb auch politisch zu lösen. Er tritt dafür ein, die Existenz des Staates Israel anzuerkennen und ist gegen die Vermischung von Religion und Politik.

Der interessanteste Beitrag kommt vom Herausgeber Dirk Ansorge, dessen Artikel "Zwischen Diplomatie und Theologie: katholische Kirche, Antisemitismus und Staat Israel" auch den heiklen Fragen nicht ausweicht. Der Vatikan befindet sich in einer Zwickmühle, einerseits muss er auf die Kirchen in den arabischen Ländern Rücksicht nehmen, andererseits wird jede Aussage geprüft, ob sie der Zielsetzung von "Nostra Aetate" entspricht. Im antisemitischen Antizionismus sieht Ansorge eine neue Herausforderung für die Kirche.

Jährlich erscheinen Hunderte von Bücher über den Antisemitismus, zu dem sich heute keiner mehr bekennen mag, der aber leider noch immer existiert. Das vorliegende 318 Seiten umfassende Sammelwerk ist ein Glücksfall für die deutschsprachigen Leser, denn alle Beiträge sind leserfreundlich, instruktiv und widerspiegeln eine breite Palette von Meinungen.

Nachträgliche Anmerkung:
Über Klaus Holz, einer der Autoren dieses Sammelbandes, schrieb ich nicht, da ich ihn erst vor kurzem kritisiert hatte. Wilfried von Bredow bemerkte in seiner, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 27. Januar 2007 veröffentlichten Rezension: "Wie könnte man zwischen einem ideologisch verblendeten Antisemitismus und einem streitbaren, aber nicht von vornherein zu disqualifizierenden Antizionismus unterscheiden? Lohnt es sich, in die Schärfe dieser Trennlinie intellektuelle Energie zu investieren? Die Antworten auf solche Fragen fallen nicht leicht, und weil das so ist, fühlt sich der eine oder andere Autor zum Schluss bemüßigt - vor allem Klaus Holz führt das vor -, nach etlichen subtilen und anregenden Überlegungen ein paar politisch korrekte Pflöcke mit dem Holzhammer einzuschlagen. Das hätte nicht sein müssen."

hagalil.com 14-02-07











 

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