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Die zweigeteilte und die gemeinsame Erinnerung
Was es in Israel heißt, des Holocaust zu gedenken, und was in Deutschland

Am 23. Juli 1944 erreichen sowjetische Truppen das Vernichtungslager Majdanek in der Nähe von Lublin. Als sie das Lager betreten, finden sie wenige Häftlinge vor, aber genügend Anzeichen für das, was hier geschah, einschließlich eines Lagerhauses mit 800.000 Schuhen. Roman Karman, ein bekannter sowjetischer Korrespondent, verfaßt am 21. August 1944 folgenden Bericht: "Auf meinen Reisen durch befreite Gebiete habe ich keinen entsetzlicheren Ort als Majdanek gesehen (...) Das ist kein Konzentrationslager; es ist eine gigantische Mordfabrik (...) Im Zentrum der Anlage stand ein riesiges Gebäude mit einem Fabrikschornstein - der Welt größtes Krematorium. Die Gaskammern faßten etwa 250 Menschen gleichzeitig. Sie wurden so dicht in diese Kammern gepreßt, daß sie nach dem Ersticken stehenblieben (...)"(1)

Am 15. April 1945 befreien britische Truppen Bergen-Belsen. Hauptmann Derrick Sington kann nicht fassen, was er sieht. Neben den 28000 Frauen und 12000 Männern, alle bis auf Haut und Knochen abgemagert, erwarten ihn 13000 unbestattete Leichen, einige wie Holz gestapelt, andere einfach irgendwo herumliegend (unter den Toten Anne Frank). Für viele der überlebenden Häftlinge kommt jede Hilfe zu spät. Etwa 10000 sterben kurz nach der Befreiung. Der Offizier Peter Coombs schreibt an seine Frau: "Es sind Juden und es sterben etwa dreihundert täglich. Sie müssen sterben, denn nichts kann sie retten - ihr Ende ist unausweichlich, sie sind bereits zu weit weg, um noch ins Leben zurückgebracht werden zu können. Ich sah die Leichen neben ihren Baracken liegen, denn sie kriechen oder taumeln ins Sonnenlicht, um dort zu sterben. Ich beobachtete sie auf ihrem letzten kläglichen Weg und während ich sie ansah, starben sie."(1)

Am 29. April 1945 betreten amerikanische Soldaten Dachau. Der Kriegsberichterstatter Bill Barrett beschreibt die Befreiung des Konzentraionslagers unter anderen mit folgenden Worten: "Die Soldaten mußten erst den klebrigen Dreck entfernen, bevor sie den ersten Güterwagen erreichten. Sie hielten unvermittelt an und starrten - und die Toten starrten zurück. Es waren etwa ein Dutzend Leichen im schmutzigen Waggon. Sie waren so lange ohne Nahrung geblieben, daß ihre toten Handgelenke Besenstielen mit Krallen glichen - Opfer gezielter Aushungerns. In aller Stille gingen die Soldaten zum nächsten Waggon. Dort waren noch mehr tote Augen, - auf deutsche Häuser starrend, die keine 80 Meter von den Gleisen entfernt standen."(1)

Vor allem in der amerikanischen und britischen Besatzungszone wurde die in der Nähe von Konzentrationslager wohnende deutsche Bevölkerung gezwungen, das von ihren Landsleuten angerichtete Grauen mit eigenen Augen anzusehen. Auf diese Weise sollte der Legendenbildung und dem Vergessen vorgebeugt werden. Vergeblich: Die Leugnung der nationalsozialistischen Massenmorde begann unmittelbar nach Kriegsende. Zunächst relativierte man Zeugenaussagen, dem folgte das Bestreiten der Massentötung durch Giftgas. In den folgenden Jahrzehnten wurden dann die Massenmorde selbst und die Vorgänge der Vernichtung mit großem empirischem Aufwand von den sogenannten Revisionisten - genauer: Negationisten - bestritten. Dabei sind fließende Übergänge von Relativierung zur Verharmlosung und schließlich Leugnung festzustellen.

Die Wirkung revisionistischen Gedankenguts in der Bevölkerung läßt sich nur schwer abschätzen. Ziele ihrer Verbreitung sind keine historisch-wissenschaftlichen Erforschungen dessen, was wirklich geschah, sondern politische: beweisen, daß es so nicht war. In der Absicht, Hitler und den Nationalsozialismus zu rehabilitieren, wollen sie verunsichern - und vermutlich gelingt es ihnen auch. Die amerikanische Historikerin Deborah Lipstadt berichtet in ihrem Buch "Leugnen des Holocausts"(2), daß viele Studenten zu ihr gekommen seien und verunsichert gefragt hätten, woher man wisse, daß es wirklich Gaskammern gegeben habe?

Wenn schon amerikanische Akademiker sich von abwegigen Behauptungen und pseudowissenschaftlichen Gutachten der Holocaust-Leugner in ihrem Geschichtsverständnis beeinflussen lassen, dann dürfte dies in der Bundesrepublik Deutschland nicht viel anders aussehen. Hinzu kommt, daß im Land der ehemaligen Täter und ihrer Nachkommen die Bereitschaft größer sein dürfte, Argumenten zuzuneigen, die darauf zielen, ein traumatisiertes nationales Selbstverständnis zu entlasten, als dies jenseits des Ozeans der Fall ist.

Die sich aufdrängende Frage lautet: Können Besuche der schrecklichsten Orte der Massenmorde, der nationalsozialistischen Vernichtungslager, Verunsicherte oder gar Zweifler von der Unihaltbarkeit "revisionistischer" Positionen überzeugen? Ich habe mir diese Frage während meines Besuches von Auschwitz am 27. Januar 1995 anläßlich des 50. Jahrestages seiner Befreiung gestellt. Die faktenreiche, betont sachlichen Erläuterungen der polnischen Führerin erweckten keine Bilder, vermittelten nicht ansatzweise etwas von dem, was an diesem Ort wirklich geschehen war. Erst der spontan vorgetragene Bericht eines Zeitzeugen öffnete mir partiell einen Erlebnisweg in die Vergangenheit des Vernichtungslagers: Appellplatz, Stangengalgen, Erschießungswand, Dunkelzellen, Gaskammer, Krematorium nahmen Gestalt an - nein: nicht die Steine sprachen: der ehemalige Häftling erweckte in meiner Vorstellung zum Leben, was einst des Todes war. Aber wie lange noch werden diese Zeitzeugen vom Unvorstellbaren berichten können, das im Hohlraum der Zivilisation geschah?

Die ihnen verbleibende Zeit ist absehbar begrenzt. Und damit wird schmerzlich bewußt, daß uns bereits im Übergang befinden vom lebendig-kommunikativen Gedenken der Überlebenden zum kulturell vermittelnden Gedenken der nachfolgenden Generationen.

Was die Soldaten der Alliierten 1945 nach dem Betreten der Vernichtungslager gesehen hatten, waren geronnene Bilder des Grauens, die lediglich den letzten Akt einer mörderischen Dynamik spiegelten. So entsetzlich diese Szenen auch waren: der ihnen vorausgegangene, für die Opfer ins Unendliche gedehnte Ablauf einer infernalischen Totalität blieb und bleibt jenseits aller Vorstellungsgrenzen. Selbst für die Überlebenden scheint die in Leib und Seele eingebrannte Vernichtungserfahrung - aus Gründen des Selbstschutzes - nicht auszureichen, um erneut auch nur in die Nähe dieser (aufgelösten) Grenzen zu gelangen.

Wir müssen es hinnehmen: Was die wenigen lebenden Zeitzeugen uns noch hinterlassen können, sind allenfalls bruchstückhafte Vorstellungen vom erlebten Grauen. Und auch diese werden bald bestenfalls nur noch in schriftlicher Form, auf Band oder Video vorliegen.

Eine Antwort auf die Frage, wie Erinnerung an die nächste Generation weitergegeben werden kann, bietet das Zeremoniell des "Jom Hashoah" in Israel. An diesem Tag des Gedenkens an den Holocaust und der Warschauer Ghettoaufstand heulen die Sirenen des Landes, und alle Menschen - wo immer sie gerade sind - verharren still für eben diese Dauer. Wer es erlebt hat, kann sich dem bewegenden Eindruck dieser Minuten nicht entziehen. Wie das Ertönen des Schofars, der rituellen Widderhorns am Jom Kippur (dem höchsten jüdischen Feiertag), dröhnen die von allen Seiten heulenden Sirenen und verleihen dem Gedenktag sakrale Momente. Doch auch das Gefühl der Warnung vor höchster Gefahr, vor Luft- und Gasangriffen, durchdringt das Land. Für zwei Minuten erstarren Millionen Menschen zu lebenden Mahnmalen, verbunden durch die Erinnerung an den nationalsozialistischen Massenmord und den heldenhaften Widerstand junger Juden im Wahrschauer Ghetto. Ein Volk scheint den Atem, scheint den Lauf der Zeit anzuhalten - und wenn sich dass die Menschen wie befreit aus diesem grandiosen Tableau, diesem scheinbar eingefrorenen Bild lösen, pulsiert das Leben in Israel weiter und vermittelt eine Botschaft von Katastrophe und Erlösung, von Erlösung aus der Katastrophe durch die Geburt eines lebendigen wehrhaften jüdischen Staates.

Im israelischen Verständnis steht der Holocaust in einer historischen Abfolge jüdischer Katastrophen, nach denen das Judentum - wie verheerend deren Folgen auch gewesen sein mögen - stets weiterlebte und zu neuer Blüte fähig war. So wird zwischen Vernichtung der europäischen Judenheit, dem Warschauer Ghettoaufstand und der Geburt des jüdischen Staates eine mythische Verknüpfung hergestellt, wonach der Staat Israel als Erlösung aus der Katastrophe erscheint.(3)

Diese sinnorientierte Sichtweise hat Tradition in Religion und Geschichte des Judentums. Das Wort "zachar" (erinnern) in all seinen Formen kommt in der Bibel nicht weniger als 169 Mal vor. Das Volk Israel wird ermahnt zu gedenken, und zugleich wird dem Volk eingeschärft, nicht zu vergessen. Die biblische Aufforderung zur Erinnerung hat mit wissenschaftlicher Neugier auf die Vergangenheit wenig zu tun. Israel - keineswegs verpflichtet, sich der gesamten Vergangenheit zu erinnern - verfügt über ein besonderes Auswahlprinzip. Vor allem gilt es, der göttlichen Eingriffe in die Geschichte samt der posititven bzw. negativen Reaktionen der Menschen zu gedenken. Die große Gefahr ist nämlich weniger, daß ein Ereignis an sich vergessen wird, als daß vergessen wird, wie es sich ereignete.(4)

Die entscheidenden Geschichtsvorstellungen der Bibel wurden nicht von Historikern, sondern von Priestern und Propheten geprägt; und die Kontinuität der Erinnerung war und ist durch Ritual und Rezitation gewährleistet. Der Sinn von Geschichte und die Erinnerung an die Vergangenheit sind keineswegs mit der Geschichtsschreibung gleichzusetzen. Die kollektive Erinnerung im Ritual wird wirksamer weitervermittelt als durch die Chroniken. Mit dem jährlich begangenen Pessachfest (Passa) gedenken die Juden heute noch in ritualisierter Rezitation der Haggadah (Erzählung) des vor mehr als 3000 Jahren erfolgten Auszuges der Kinder Israels aus Ägypten.

In dieser Haggadah heißt es an entscheidender Stelle: "In jedem Geschlecht ist der Mensch verpflichtet, sich vorzustellen, er selbst sei aus Ägypten gezogen: Und erzählen sollst du deinem Sohn an demselben Tag, deswegen hat Gott es mir getan, als ich aus Ägypten zog. Nicht nur unsere Väter hat Gott erlöst, sondern auch uns." Die biblische Verpflichtung jedes Juden, sich vorzustellen, er selbst sei aus Ägypten gezogen, schlägt einen Bogen von der Befreiung aus geistiger Sklaverei - der Offenbarung am Sinai - bis hin zu den heute lebenden Juden.

Es war eben dieser weitgespannte historische Bogen, die unmittelbare Nähe zur jüdischen Geschichte in ihrer Gesamtheit, die die Rede des israelischen Präsidenten Ezer Weizmann vor dem Deutschen Parlament im Januar 1996 beherrschten. Kein aufklärerischer oder wissenschaftlich herausragender Inhalt hätte bei den Bundestagsabgeordneten eine so ungewöhnlich zustimmende Resonanz, ja Begeisterung hervorrufen können, wie es die eher alttestamentarische Form der Weizmannschen Rede vollbracht hat. Offensichtlich spürten die Parlamentarier, daß hier ein Mensch sprach, der, bei allen historischen Katastrophen, mit seiner Geschichte eins war. Im frenetischen Beifall der Abgeordneten blitzte denn auch nichts anderes auf als deren unstillbare Sehnsucht nach ungebrochener Einheit von eigener Person und nationaler Geschichte.

Die Bereitschaft zum Erinnern und Gedenken ist abhängig vom Verhältnis des Einzelnen zur eigenen Geschichte, zur Geschichte des eigenen Volkes und abhängig vom Grad der Identifizierung mit Volk, Staat oder Nation. Je näher und unverbrüchlicher man zu den Geschicken der eigenen Gemeinschaft steht, desto eher wird man die Erinnerung an deren Geschichte, die dann auch als eigene empfunden wird, zu bewahren suchen. Je ambivalenter, schwieriger und brüchiger die Vergangenheit des Volkes ist, dem man angehört, desto mehr Überwindung erfordert die Beschäftigung mit dessen Geschichte, die dann als eigene ehr abgewehrt wird. Erinnern und Gedenken werden unter diesen Voraussetzungen zur mühsamen Tätigkeit; sie konfrontieren mit den dunklen Seiten der eigenen Gemeinschaft und erschweren die Ausbildung einer ungebrochenen Identität mit dieser. Erinnern und Gedenken bedeuten dann immer auch Auseinandersetzung mit den Biografien der eigenen Eltern, Großeltern, Vorfahren. Die Bereitschaft, der nationalsozialistischen Verbrechen aufrichtig zu gedenken, hängt von der Bereitschaft der nichtjüdischen Deutschen ab, nationale Identität in ihren geschichtlich geformten Brechungen und Diskontinuitäten anzunehmen - sich eben nicht in eine scheinbar heile nationale Identität zu flüchten, die zwangsläufig die Erinnerung an den nationalsozialistischen Massenmord auf ihre Bedürfnisse hin verbiegen, relativieren und schließlich verfälschen muß.

Die Wechselwirkung zwischen Erinnerungsbereitschaft und nationalem Selbstverständnis zeigt, daß es unterschiedliche Ausprägungen des Erinnerns und Gedenkens auf der Seite derer gibt, die Nachfahren der Opfer und derer, die "Nachfahren der Täter" sind. Die "Nachfahren der Täter" können nicht in gleicher Intensität um die ihnen ferner stehenden Opfer des Völkermordes trauern wie die unmittelbar betroffenen Nachfahren der Ermordeten oder Überlebenden. Während letzere im Gedenken vorwiegend die Erinnerung an die Ermordeten der eigenen Familie, des eigenen Volkes bewahren, müßte das Gedenken der "Täter-Nachfahren" an die Opfer des nationalsozialistischen Massenmordes immer auch die Erinnerung an Verbrechen des eigenen Volkes sowie Fragen nach deren Ursachen und Folgen einschließen.

Während dieses eher rational geprägte Erinnern dem Bereich des Sachwissens zugehörig ist, leitet sich das Gedenken der Opfer-Nachfahren eher aus dem Bereich des Identitätswissens her. Sachwissen und Identitätswissen schließen sich aber weder im Gedenken der Opfer-Nachfahren noch in dem der "Täter-Nachfahren" aus. Sie können und sollen sich auch ergänzen, nur lassen sich beide nicht auf eines reduzieren. "Das Identitätswissen fügt dem Sachwissen eine zusätzliche Bewertungsdimension hinzu, die festlegt, daß und warum dieses Wissen für mich als Mitglied einer bestimmten Gruppe wichtig und im Sinne der Aufrechterhaltung einer bestimmten Identität unverzichtbar ist."(5)

Was hier in wissenschaftliche Worte unserer Zeit gekleidet wird, ist nichts anderes als Erinnerung und Gedenken, wie es im Judentum - das Pessachfest ist ein Beispiel dafür - seit mehr als 3000 Jahren gepflegt wird. Durch Kodifizierung, Ritualisierung und Rezitation wird ein identitätsstützendes Gruppengedächtnis aufrechterhalten und in jeder Generation erneuert. Es überbrückt das Aussterben persönlicher Erinnerungen dadurch, daß die Nachgeborenen durch Erziehung eingebunden und zur Teilhabe an gemeinsamen transgenerationellen Erinnerungen verpflichtet werden.

Der Holocaust als Stütze zeitgenössischer jüdischer Identität sieht sich der Kritik ausgesetzt, eine "negative" Definition von Identität zu sein. Dieser Umstand bedeutet aber gleichzeitig eine Stärkung des Identitätswissens und des Gruppengedächtnisses auf jüdischer Seite. Losgelöst von Bewertungen, ob dies Aufbau und Stärkung einer positiv definierten, zeitgemäßen jüdischen Identität fördert oder nicht, kann festgestellt werden: die Einbindung dieses Identitätswissens um die Shoah in die Tradition jüdischen Erinnerns und Gedenkens ist Gewähr dafür, daß der nationalsozialistische Massenmord an den europäischen Juden im Gedächtnis auch kommender Generationen lebendig bewahrt bleiben wird. So wie nach den Forderungen der Haggadah jeder Jude verpflichtet ist, sich vorzustellen, er sei selbst aus Ägypten ausgezogen, so sollte jeder heute lebende Jude sich vorstellen, er sei selbst der nationalsozialistischen Ausrottungspolitik entkommen - und das ist er in der Tat, denn hätten die Nationalsozialisten ihre angekündigten Ziele erreicht, dann gäbe es die meisten der heute in Deutschland und Europa lebenden Juden nicht mehr.

Wir können nur hoffen, daß auf nichtjüdischer Seite, wo Erinnern und Gedenken weniger von Identitätswissen und Gruppengedächtnis geleitet sind, die Lehren aus der Vergangenheit das politische Handeln auch künftiger Generationen bestimmen wird. Da ein aufgezwungenes Gedenken stets oberflächlich bleibt, richtet sich unsere Erwartung, nicht zu vergessen, an die Einsichtigen und Gutwilligen auf nichtjüdischer Seite. Nimmt man die Gleichgültigen, Ablehnenden und ewig Unbelehrbaren aus, dann bleibt eben jener Bevölkerungsteil, der schon immer die schwierige Arbeit aufrichtigen Erinnerns und Gedenkens auf sich genommen hat, ohne selbst schuldig geworden zu sein. Mit diesen Menschen verbindet uns die Aufgabe, aus Verantwortung für zukünftige Generationen, das Geschehene in Erinnerung zu bewahren und die daraus gewonnenen Einsichten zur Richtschnur unseres gemeinsamen Bemühens und eine gerechte, freiheitliche und demokratische Gesellschaft zu machen.

Auch wenn Juden und Nichtjuden der jüngsten Vergangenheit naturgemäß aus jeweils unterschiedlichen Blickwinkeln gedenken: die zweigeteilte Erblast der Erinnerung werden wir auch in Zukunft gemeinsam tragen müssen.

Anmerkungen:
(1) Alle Zitate aus: Michael Berenbaum, The World Must Know, Boston-New York-Toronto-London 1993, S. 183 ff. (Ins Deutsche übertragen von Salomon Korn).
(2) Deborah E. Lipstadt, Betrifft: Leugnen des Holocaust, Zürich 1994, S. 15 ff.
(3) Saul Friedländer/Adam Seligman, Das Gedenken an die Schoa in Israel - Symbol, Rituale und ideologische Polarisierung, in: James E. Young (Hg.), Mahnmale des Holocaust - Motive, Rituale und Stätten des Gedenkens, München-New York 1993, S. 125 ff.
(4) Yosef Hayim Yerushalmi, Zachor: Erinnere Dich! Jüdische Geschichte und Jüdisches Gedächtnis, Berlin 1988, S. 17 ff.
(5) Aleida Assmann, Zwischen Pflicht und Alibi - Wozu nationales Gedenken? Die Debatte um das zentrale Holocaust-Mahnmal zeigt die Deutschen auf der Suche nach einem neuen Gedächtnis. Diplomatie, Geschichtswissenschaft und Erinnerungspolitik sind davon betroffen, in: Die Tageszeitung, Berlin, vom 20. März 1996.

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Salomon Korn:
Geteilte Erinnerung. Beiträge zur 'deutsch-jüdischen' Gegenwart. Mit einem Geleitwort von Marcel Reich-Ranicki, Philo Verlagsges. 2001, Euro 15,00

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