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Trümmerkind jetzt auch als Taschebuch
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Lassen
Sie sich hier von Bernd Späth eine
Besprechung aus dem Kreisboten
Fürstenfeldbruck und die nachfolgende
Reaktion des Autors vorlesen...
Files als RealAudio (kostenloser Player unter
real.com)
Hintergrund zur Debatte
Reaktionen auf einen Roman in Fürstenfeldbruck:
Leserbriefe und Zwischenrufe
Manche der Reaktionen auf Bernd Späths
Roman "Trümmerkind" verwundern uns nicht, es verwundert uns nur,
dass sie erst jetzt kommen...
"Trümmerkind":
Anzeige nach Lesung
Vergangene Woche hat Bernd Späth wegen
Verdachts der Volksverhetzung, Beleidigung und Verleumdung einen
Strafantrag gestellt. Einer der Gäste seiner Lesung in Fürstenfeld
war mit bedenklichen Zwischenrufen aufgefallen...

Ein Skandal,
dass sich niemand aufregt
Dem in Bonn und Oberwinter lebenden Autor Bernd Späth ist mit
"Trümmerkind" ein großer Wurf gelungen - Er zeichnet ein prallvolles und
zugleich scharf umrissenes Bild der Nachkriegszeit
Von Rainer Schanno, Bonner Generalsanzeiger
Bonn. "Ich hasse die Stadt, denn ich war von Anfang an nie mit ihr
zurechtgekommen. Meine Gesundheit war ziemlich angeschlagen, meine
Finanzen im Arsch, mein Studium hing in den Seilen". Von Bonn ist so am
Rande die Rede im neuen Roman "Trümmerfeld" des heute 52-jährigen Autors
Bernd Späth.
Der gebürtige Bayer kehrt mit 24 Jahren seiner
Heimatstadt Fürstenfeldbruck den Rücken und lebt seitdem in Bonn und
Remagen-Oberwinter, wo er seinen Durchbruch als Schriftsteller mit
seinem Erstlingsroman "Seitenstechen" schafft, als Komödie 1985 mit Mike
Krüger und Thomas Gottschalk verfilmt.
Mit "Trümmerfeld" legt Späth einen wortgewaltigen Zeitroman eines ganz
anderen Kalibers vor - er zeichnet ein prallvolles und zugleich scharf
umrissenes Bild der Nachkriegszeit, von den frühen fünfziger Jahren bis
zum Ende der Sechziger.
Noch sind die Ruinen in Fürstenfeldbruck zu sehen, amerikanische Panzer
fahren durch die Straßen, die Frauen geben ihre Strümpfe zum
Laufmaschen-Reparaturdienst. Im aufziehenden Wirtschaftswunderland grüßt
der paffende Kanzlerkandidat Ludwig Erhard mit dicker, qualmender
Zigarre aus dem Mercedes das staunende Volk, das um seine Teilhabe am
aufziehenden Wirtschaftswunder in der Adenauer-Ära kämpft.
Der Vaters des Wirtschaftswunders tritt in der Versammlung auf: "Der
Stumpen ging noch mehrmals aus, da Erhard hitzig auf die Roten eindrosch
und darüber das Rauchen vergaß." Packend schildert der Autor in
"Trümmerkind" seine Kindheit und Jugend in der Kleinstadt
Fürstenfeldbruck - "letztlich meine eigene Biografie".
Der kleine Wolf Achinger wächst in einer zerberstenden Großfamilie aus der
unteren Mittelschicht auf. Der Vater, die Schlüsselfigur, kehrt
verwundet, misshandelt, traumatisiert aus dem Krieg zurück, voller Hass
auf Juden und Amerikaner.
Der Roman beginnt mit den Satz: "Über den Jud an sich, net war, also da
hatten sie mich ja frühzeitig informiert." Jud und Amerikaner seien an
allem schuld, "beim Adolf" wäre das nicht passiert, sagen die Leute
manchmal. "Die Schlüssigkeit einer bestimmten Art von Logik hat mich
immer fasziniert, weil ihr einfach nicht beizukommen ist. Dieser
Argumentation ist man wehrlos ausgesetzt, denn Verstand und Analyse
greifen nicht", kommentiert der Autor im Roman.
Der das bald schon als Jugendlicher begreift und immer wieder voller Wut
den Kampf gegen Antisemitismus, gegen dumpfes Unverständnis und
notorisches Verdrängen aufnimmt. Es sind theoretische Einsprengsel in
einem Sittenbild der Gesellschaft in der Nachkriegszeit, brutal,
zynisch, sarkastisch, ironisch in einer überbordenden Sprache erzählt,
voller Emotionen - und mit sezierendem Blick.
Alles geht zu Bruch in der gewalttätigen Großfamilie, in der Wolf
aufwächst. Sein Vater betreibt in einem muffigen Haus eine kleine
Bäckerei, in der es so herrlich nach frischem Brot duftet. Die
Herrlichkeit ist bald vorbei. Wolfs Mutter Sophie, eine Friseuse,
benutzt den Vater als Sprungbrett, haut einfach ab, lässt ihn und den
fünfjährigen Sohn Wolf im Stich - ein unerhörter Skandal.
Die neue Frau des Vaters, die Stiefmutter, entpuppt sich dem kleinen Wolf
als hinterhältige Schlange. Die Großfamilie zerfällt, kein Wort mehr
sprechen Vater und Stiefmutter am Ende der Jugendzeit mehr mit Wolf, nur
der verbitterte Großvater spendet ein bisschen Wärme.
Feinfühlig erzählt Späth von seiner großen Liebe, die indes einem dicken
Mafioso in die USA folgt und zitternd wieder zurückkommt, als der ins
Nirwana befördert wurde. Kabarett vom Feinsten mit entlarvenden
Seitenhieben serviert Späth aus seiner Zeit als führender Funktionär der
Jungsoziallisten in Bruck: vom schwarzen Soldaten, der bewundert als
"Black Panther" aus den USA auftritt und doch in Bayern aufwuchs, oder
von den nervenden Selbstdarstellern, die ihre Ehekonflikte unter dem
Mäntelchen der Politik austragen.
"Es regt mich auf, dass sich niemand aufregt." Dieser Satz zieht sich wie
ein roter Faden durch den Roman, erklärt zusammen mit der erschütternden
Kindheit des Autors manche Verbissenheit, Sturheit und Anflüge von
Selbstgerechtigkeit. Doch das gehört zur unverblümten Erzählweise.
Die eingestreuten bissigen oder humorvollen Analysen aus heutiger Sicht
erhöhen den Reiz des Romans. Der Leser wird mit seiner Neugier nach dem
weiteren Lebensweg der ihn fesselnden Charaktere nicht allein gelassen.
Er erfährt, wie elend, kriminell, wunderlich oder erfolgreich sie mit
ihrem Leben fertig geworden sind. "Trümmerkind": Ein großer Wurf.
(02.01.2003)
Bernd Späth: Trümmerkind.
Roman, Gustav Lübbe Verlag, 2002
430 S.; 42 Fr., 22 Euro.
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13-01-03
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