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Oskar Maria Graf:
Protest anlässlich der Bücherverbrennung

Oskar Maria Graf ist einer der wichtigsten bayerischen Schriftsteller. Oft wird er mit Ludwig Thoma in eine Reihe gestellt, da sie beide über das einfache Leben schrieben. Thoma sparte zu seinen Lebzeiten nicht mit antisemitischen Äußerungen. Graf verschrieb sich dagegen einer antifaschistischen, humanistischen Lebenseinstellung, schloss sich der linken Arbeiterbewegung an und sparte seine Einstellung auch in seinen literarischen Werken nicht aus.

Oskar Maria Graf wurde 1894 in Berg am Starnberger See bei München geboren. Das Milieu, in dem er aufwuchs, hat er sowohl in dem Roman "Das Leben meiner Mutter", wie auch in der autobiografischen Darstellung "Wir sind Gefangene" charakterisiert. Immer zwischen harter Knochenarbeit im Bäckerhandwerk und seiner schriftstellerischen Begabung hin und hergerissen, verließ er das Elternhaus und ging nach München. Er gehörte dort zu den Aktivisten und Kämpfern der Revolution von 1918. Nach der "Machtergreifung" ging er als engagierter Antifaschist ins Exil. Über Wien, Brünn und Holland gelangte er 1938 nach New York. Obwohl er sich niemals wirklich einleben konnte, in New York in seiner bayerischen Tracht herumlief, niemals Englisch lernte, blieb er bis zu seinem Tod 1967 dort. Er weigerte sich nach Deutschland zurückzukehren, denn, so meinte er einmal, dort habe sich ja nicht wirklich etwas geändert nach 1945, es sind noch immer dieselben Leute.

Zwei Tage nach der Bücherverbrennung, am 12. Mai 1933, veröffentlichte Graf diesen Artikel in der Wiener Arbeiterzeitung:

"Verbrennt mich

Wie fast alle links gerichteten, entschieden sozialistischen Geistigen in Deutschland, habe auch ich etliche Segnungen des neuen Regimes zu spüren bekommen: Während meiner zufälligen Abwesenheit aus München erschien die Polizei in meiner dortigen Wohnung, um mich zu verhaften. Sie beschlagnahmte einen großen Teil unwiederbringlicher Manuskripte, mühsam zusammengetragenes Quellenstudien-Material, meine sämtlichen Geschäftspapiere und einen großen Teil meiner Bücher. Das alles harrt nun der wahrscheinlichen Verbrennung.
Ich habe also mein Heim, meine Arbeit und - was am Schlimmsten ist - die heimatliche Erde verlassen müssen, um dem Konzentrationslager zu entgehen. Die schönste Überraschung aber ist mir erst jetzt zuteil geworden: Laut "Berliner Börsencourier" stehe ich auf der "weißen Autorenliste" des neuen Deutschlands, und alle meine Bücher, mit Ausnahme meines Hauptwerkes "Wir sind Gefangene", werden empfohlen: Ich bin also dazu berufen, einer der Exponenten des "neuen" deutschen Geistes zu sein!
Vergebens frage ich mich: Womit habe ich diese Schmach verdient? Das "Dritte Reich" hat fast das ganze deutsche Schrifttum von Bedeutung ausgestoßen, hat sich losgesagt von der wirklichen deutschen Dichtung, hat die größte Zahl seiner wesentlichsten Schriftsteller ins Exil gejagt und das Erscheinen ihrer Werke in Deutschland unmöglich gemacht.

Die Ahnungslosigkeit einiger wichtigtuerischer Konjunkturschreiber und der hemmungslose Vandalismus der augenblicklich herrschenden Gewalthaber versuchen all das, was von unserer Dichtung und Kunst Weltgeltung hat, auszurotten und den Begriff "deutsch" durch engstirnigsten Nationalismus zu ersetzen.
Ein Nationalismus, auf dessen Eingebung selbst die geringste freiheitliche Regung unterdrückt wird, ein Nationalismus, auf dessen Befehl alle meine aufrechten sozialistischen Freunde verfolgt, eingekerkert, gefoltert, ermordet oder aus Verzweiflung in den Freitod getrieben werden. Und die Vertreter dieses barbarischen Nationalismus, der mit Deutschsein nichts, aber auch rein gar nichts zu tun hat, unterstehen sich, mich als einen ihrer "Geistigen" zu beanspruchen, mich auf ihre sogenannte "weiße Liste" zu setzen, die vor dem Weltgewissen nur eine schwarze Liste sein kann!
Diese Unehre habe ich nicht verdient! Nach meinem ganzen Leben und nach meinem ganzen Schreiben habe ich das Recht, zu verlangen, dass meine Bücher der reinen Flamme des Scheiterhaufens überantwortet werden und nicht in die blutigen Hände und die verdorbenen Hirne der braunen Mordbande gelangen. Verbrennt die Werke des deutschen Geistes! Er selber wird unauslöschlich sein wie eure Schmach! Alle anständigen Zeitungen werden um Abdruck dieses Protestes ersucht."

Oskar Maria Graf
Das Leben meiner Mutter
Dtv 1998
Euro 12,50
Bestellen?
Oskar Maria Graf
Wir sind Gefangene. Ein Bekenntnis
Dtv 1999
Euro 12,00
Bestellen?

Oskar Maria Graf,
Made in Bavaria

 

aue / hagalil.com 11-05-03











 

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