Imre
Kertész:
Ich - ein anderer
Gelesen von
Dieter Mann
Der
Hörverlag
2003
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Hörbuch-Tipp:
Imre Kertész' "Ich - ein
anderer"
"Ich bin das unverbesserliche Kind von Diktaturen. Meine
Besonderheit ist das Gebrandmarktsein", resümiert der Erzähler in Imre
Kertész' Roman "Ich – ein anderer" für sich. Das Gefühl und der daraus
resultierende Zustand des Gezeichneten durchzieht die Erzählung wie ein
roter Faden und zeigt, was Imre Kertész an anderer Stelle deutlicher
formuliert hat: "Ganz gleich, woran ich denke, immer denke ich an
Auschwitz. Auch wenn ich scheinbar von etwas ganz anderem spreche,
spreche ich von Auschwitz."
"Ich – ein anderer" ist eine Reise
durch verschiedene Städte, Lebensphasen und durch die Geschichte des 20.
Jahrhunderts. Budapest, Berlin, Wien, Leipzig, München, Tel Aviv, alles
Orte, die der Erzähler in seinen Reisen aufsucht, auf Lesetour, für
einen Vortrag, um einen Preis entgegenzunehmen. Kertész legte 1997 mit
diesem Buch einen Roman vor, der, mehr noch als seine bisherigen Werke,
der "Roman eines Schicksalslosen" oder das "Galeerentagebuch", mit
Autobiographischem verwoben ist oder sogar autobiographisch ist.
Die Geschichten reihen sich fast
traumähnlich aneinander, Wien: "Am Tag danach, ein Wiener Sonntag,
vormittags Wittgenstein, mittags Spaziergang nach Hitzing. Der Hitzinger
Friedhof, der gepflegte Garten, die schönen Gräber, fast hätte ich
hinzugefügt, die wohlgenährten Toten." Budapest, die Sprache ist das
einzige, was den Erzähler noch mit seinem Land verbindet. Berlin, die
Stadt nach der Wende, die Vereinigung als antikreative Erfahrung, zurück
in Feldafing bei München, "nutzloser Kampf mit Feder, Papier und mir
selbst", schließlich Tel Aviv, "diese Stadt lebt und läßt leben."
Gleichzeitig ist "Ich – ein anderer"
auch das Zeugnis einer existenziellen Krise, die der Erzähler, der seine
Identität als "sich selbst schreibende Identität" definiert, durchlebt,
zwischen "Leben und Tod". "Mein Körper strebt Richtung Tod, mein Kopf
dreht sich zum Leben um, mein Fuß holt unschlüssig zu einem Schritt aus.
Einem Schritt wohin? Egal. Denn wer den Schritt tut, bin schon nicht
mehr ich. Das ist ein anderer."
al / hagalil.com
10-05-04 |