antisemitismus.net / klick-nach-rechts.de / nahost-politik.de / zionismus.info

haGalil onLine - http://www.hagalil.com
     

hagalil.com
Search haGalil

Newsletter abonnieren
 
 
 

 


Yitzhak Laor: Steine, Gitter, Stimmen
Unionsverlag 2003
Euro 22,90

Bestellen?

Leseprobe


Foto Itay Ben-Ezra

"Laors Buch ist in jeder literarischen Hinsicht bedeutender als die Bücher von Grossman und Shalev. Israels Literatur-establishment kann keinen Einfluss auf die ewigen Jagdgründe der Bestseller haben, aber es sollte das, was vom öffentlichen Literaturdiskurs übrig geblieben ist, auf Yitzhak Laors neues Buch richten."
Amnon Navot, Ma'ariv, Tel Aviv

"Dieser Roman ermöglicht eine einzigartige Leseerfahrung. Er ist bewegend, macht wütend, überschreitet Grenzen. Er ist ebenso witzig wie erschreckend in seinem abgründigen Humor, zügellos und zugleich verblüffend strukturiert." Avi Katz, Ha'aretz, Tel Aviv

Yitzhak Laor:
Ecce homo

Eine Odyssee durch Tel Aviv zur Zeit des zweiten Golfkriegs: Adam Lotem, General der israelischen Armee, ist auf der Suche nach den Bildern von Luca Signorelli und nach der geheimnisvollen Shulamit, der er in der Bibliothek der Universität begegnet und die sich ihm immer wieder entzieht...

Literatur aus Israel:
Yitzhak Laors "Steine, Gitter, Stimmen"

Markus Lemke, Übersetzer
Gutachten zum Roman
Unionsverlag

Kaum ein Roman könnte sich widerborstiger sperren, in gedrängter Form subsumiert zu werden, zumal in Form einer Inhaltsangabe. Laors hochkomplexes Kunstwerk ermöglicht es dem Leser nicht ohne weiteres, einen geordneten Handlungsstrang herauszulösen, auch nicht derer zwei oder drei. Vielmehr erinnert der Roman an ein pausenloses Abbrennen narrativer bengalischer Feuer, eine unüberschaubare Vielzahl angerissener, sich verbindender, überschneidender, widersprechender, gegenseitig ausschließender, revidierender Geschichten. (...)

Ironischerweise lassen sich jedoch bei all dem – wenn der Leser denn darauf besteht – Überreste filtrieren einer Story, die so etwas wie einen Anfang und ein Ende hat, ein grotesk entstellter Bestsellerplot, ein nahöstlicher Geheimdienstthriller um einen (Anti-) "Helden": Vielleicht heißt der Mann Jizchak, Jizchak Kummer: Ein hochrangiger Offizier des Inlandsgeheimdienstes SHABAK, übergewichtig, mit Brille und Narbe hinter dem Ohr, der zum Islam übergetreten und von seinem letzten Einsatzort Gaza nichtabgemeldet verschwunden ist, nachdem ihm ein wichtiger palästinensischer Häftling, ein Informant, abhanden gekommen ist. Wie auch immer – Kummer verliert seine Identität, seinen Glauben, sein Vertrauen in die Menschen, vielleicht auch seinen Verstand. Mit Beginn des Libanonkriegs ist er in Tel Aviv und hält mit seinem Renault schrittfahrend eine Panzertransporterkolonne auf dem Weg zur Nordgrenze auf, bis er schließlich in eine landwirtschaftliche Siedlung im Zentrums des Landes gelangt, wo er eine Anstellung als Lehrer findet und die Suche nach seinem entkommenen arabischen Informanten, der ihn verraten hat und für einen Anschlag verantwortlich ist, fortsetzt.

Vielleicht ist ja Nissim, der gebildete, belesene Schuldiener, sein Mann, ist er der "Stinker" Ismail, der seine Frau mit ihren drei Kindern in einem Flüchtlingslager zurückgelassen hat. Aber vielleicht ist er auch der Bruder des Lehrers, oder vielmehr sein Halbbruder wie der biblische Ismail ein Halbbruder von Isaak/Jizchak? Am Ende verschwindet der Lehrer, führt vielleicht als der Mahdi Muhammad Bashi Utrak (unter dem Namen des zum Islam übergetretenen falschen Messias Sabbatai Zwi) die Kinder der Flüchtlingslager zurück auf ihr Land, während Nissim in einem israelischen Gefängnis landet und seinen Mitinsassen aus "Kalila und Dimna" vorliest, einem persischen Heldenepos.

Vor allem jedoch liest sich der Roman wie ein Versuchslabor für die Willkürlichkeit der menschlichen Identität. Eine Vielzahl von Personen hören auf denselben Namen (...). Andere wechseln ebenso ihren Namen wie ihr Geschlecht, ein literarisches Experiment, das seine Höhepunkte in Gefängnissen und Verhörräumen des israelischen Geheimdienstes findet, wo unter Folter Name, Identität, Lebensgeschichte und einfache, gewünschte Antworten geformt werden.

Bei all dem hat Yitzhak Laors Roman nichts von post-modernistischer Entfremdung – er kommt (überraschenderweise) immer wieder anrührend und geradezu sentimental daher, komisch, grotesk, nicht selten brutal und abstoßend obszön, doch immer schillernd bunt und gewagt.

Der Autor:

Yitzhak Laor wurde 1948 in Pardes Hanna, Israel, geboren. Sein Vater immigrierte 1934 aus Bielefeld, Deutschland, nach Israel, seine Mutter aus Riga, Lettland. Laor ist Dichter, Bühnenautor, Romancier und Journalist. Er studierte Literatur und unterrichtete an der Universität von Tel Aviv an den Fakultäten für Theater und Film und später an der Jerusalemer Filmschule. Regelmäßig veröffentlicht er Literaturrezensionen in der israelischen Tageszeitung Ha'aretz, zudem schreibt er journalistische Essays über Kultur, Gesellschaft und Politik (z.B. für London Review of Books oder New Left Review).

Als Dienstverweigerer wurde er 1972 verhaftet, weil er sich weigerte, in den besetzten Gebieten Dienst zu leisten. Seine kriegskritischen Gedichte und Romane brachten ihm seit den Achtzigerjahren viel Kritik, aber auch Lob ein. Sein Theaterstück "Ephraim kehrt zur Armee zurück" parodiert den Antiheldenroman "Ephraim kehrt zur Luzerne zurück" des bedeutenden israelischen Autors S. Yizhar. Laors Stück wurde von der israelischen Zensur verboten, "weil es die Militärherrschaft in Judäa und Samaria herabsetzt". Schließlich wurde das Stück jedoch vom obersten israelischen Berufungsgericht zur Aufführung zugelassen.

1990 wurde er erneut von der Öffentlichkeit wahrgenommen, weil Ministerpräsident Yitzhak Shamir sich weigerte, den Poesiepreis des Ministerpräsidenten, der Laor verliehen werden sollte, zu unterzeichnen.

Laor gilt als sehr kritischer Dichter, sowohl hinsichtlich seiner Themen als auch seiner Form und seines Stils. Der israelische Kritiker Gabriel Levin schrieb, dass Baudelaires Bemerkung "Das Leben ist ein Krankenhaus" das Motto der Gedichte in "A Night in a Foreign Hotel" sein könnte, in denen Tod, Krankheit und Entfremdung wie eine tief hängende Wolke über einer Wüstenlandschaft ununterbrochen anwesend sind. Laor ist bekannt für seinen düsteren Blick auf die Menschheit. Seine Beschreibungen, etwa vom Altern seiner Eltern oder des Todes einer jungen Frau nach langer Krankheit, atmen eine große Intimität. Seine Dichtung weckt Assoziationen mit Malerei und Film; seine Kraft ist spürbar, auch wenn er Schmerz und Wut ausdrückt.

Leseprobe

hagalil.com 20-10-03











 

haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2014 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved

ehem. IDPS (Israeli Data Presenting Services) Kirjath haJowel, Jerusalem