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Samuel Salzborn (Hrsg.):
Minderheiten-konflikte in Europa.
Fallbeispiele und Lösungs-ansätze
StudienVerlag 2006
Euro 29,90

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Rezension zu 'Minderheiten-konflikte in Europa'

Neue völkische Bewegung und Antisemitismus im heutigen Ungarn

Von Magdalena Marsovszky

Auf die Frage, was Antisemitismus sei, haben viele eine einfache Antwort parat: Judenfeindlichkeit. Liest man jedoch Definitionen wie Antisemitismus sei ein "kultureller Code"[1], eine "Weltanschauung"[2] oder sogar "neuzeitliche irdische Metaphysik"[3], so merkt man, dass es nicht einfach ist, dieses Phänomen zu bestimmen. Obwohl der Begriff Antisemitismus als eine gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Vertretern der Doktrin erfundene bewusste Selbstbezeichnung nicht unproblematisch ist, hat sich in den letzten Jahren in der Forschung ein Konsens um seinen Gebrauch herausgebildet. Demnach können die Ansätze, in denen er geistig-strukturell erkennbar ist, nur dann aufgedeckt werden, wenn man ihn als erweiterten anthropologischen Begriff interpretiert. Was heißt das genau?

Die anthropologische Verschiebung des Antijudaismus zum Antisemitismus im Zuge der tiefgreifenden Säkularisierung der Aufklärung sowie die Bedeutung Herders und die Vorstellung von Volk und Volkscharakter führten dazu, dass Juden nicht mehr wegen ihrer Religion, mit Hilfe der Theologie, sondern wegen ihres vermeintlich anderen Volkscharakters, mit Hilfe der Anthropologie, abgelehnt wurden[4]. Gleichzeitig verselbständigten sich die jahrhundertealten, auf eine bestimmte, identifizierbare Gruppe zielenden negativen Stereotype und konnten nunmehr auch auf Menschen oder Gruppen angewandt werden, die mit der jüdischen Religion nichts gemein hatten. Auch in Ungarn richtet sich der Antisemitismus nicht nur gegen Juden oder vermeintliche Juden, sondern gegen all diejenigen, die im Gegensatz zum Blut- und Bodenmythos den Kosmopolitismus, die Urbanität und die Intellektualität verkörpern.

(…)

Typisch für die gegenwärtige Vergangenheitsverdrängung in Ungarn ist die Wortwahl, mit der bis zum heutigen Tag die völkischen Intellektuellen der Zeit zwischen dem I. und dem II. Weltkrieg bezeichnet werden. Schon die meistbenutzten ungarischen Ausdrücke 'népi' oder 'populista' sind irreführend und bagatellisieren die Gefährlichkeit der Bewegung. So hat man auch meistens Schwierigkeiten, sie ins Deutsche zu übersetzen und benutzt die Worte "volkstümlerisch", "volkstümlich" oder "populistisch"[5]. Wie in der Wortwahl, so gibt es auch in der Forschung in Ungarn keinen Konsens darüber, ob die so bezeichnete Bewegung die ungarische Variante der deutschen völkischen Bewegung ist, in die typologische Nähe der osteuropäischen Narodnik-Bewegungen gehört, eine Art Sonderstellung, d.h. einen 'Dritten Weg' verkörpert, in der die Bauernromantik die wichtigste Rolle spielt, oder aber in den Typus der amerikanischen populistischen Bewegungen zu platzieren ist[6].

In der jüngsten Forschung in Deutschland ist es allerdings keine Frage mehr, dass die ethnonationalistischen Tendenzen in Ungarn um die Jahrhundertwende 'völkische' Tendenzen waren[7]. Für HROCH[8] ist es überdies keine Frage, dass es sich hierbei auch um eine Bewegung handelte. Der Historiker geht sogar so weit zu behaupten, es hätte nicht einmal einen von Deutschland ausgehenden Kulturtransfer nach Ungarn gegeben, es sei also nicht um eine einseitige Rezeption gegangen. Er vertritt vielmehr die These, dass es bei beiden um - durch eine gegebene historische Situation stimulierte - parallele 'patriotische Bewegungen' geht und weist auch nach, dass der Ausdruck 'népi' etymologisch nicht mit dem Wort 'narod', sondern mit dem Wort 'gens' verwandt ist.

Obwohl es Unterschiede in den Strukturen beider Bewegungen gibt, sprechen auch die Gemeinsamkeiten dafür, dass die ungarische völkische Bewegung eine Variante der deutschen ist. Strukturell typisch für beide Bewegungen ist der Ethnonationalismus, der die Identität des Landes als ethnisch homogenes Deutschtum bzw. Magyarentum, das heißt, die Zugehörigkeit zur Nation aufgrund des Blutes und der Abstammung, bestimmte, was mit einer aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts stammenden Ablehnung des Westens, des Liberalismus und des Kapitalismus' einherging. Doch die Bestimmung einer Nation als ethnisch-homogene Abstammungsgesellschaft führt auf der anderen Seite immer zu Exklusion, also zur Ausgrenzung, was sich in beiden Bewegungen als Antisemitismus niederschlug[9]. Die Ablehnung fremder Einflüsse manifestierte sich zusätzlich in Deutschland in der Ablehnung des lateinischen und des französischen[10] und in Ungarn in der des deutschen Einflusses[11]. Typisch für beide Bewegungen war die paternalistische, autoritäre Kulturauffassung, die sich auch auf die politische Kultur, auf soziale Werte und auf die Moral bezog. All diese Kategorien verstärkten das ethnische Identitätsbewusstsein. Die autoritäre Kultur manifestierte sich auch in der Heroisierung der Macht, wie z.B. auch in der Kultivierung des Militärs und der militärischen Tugenden[12]. Der Unterschied zwischen beiden Bewegungen bestand darin, dass die ungarische – im Gegensatz zur deutschen – nach den 20er Jahren so massive Proteste im Hinblick auf das Elend der bäuerlichen Schichten zeigte[13], dass dies einer sozialen Revolte gleichkam. Diese Tatsache verleitet Wissenschaftler dazu, die ungarische Bewegung fortwährend als 'volkstümlerisch' einzustufen und damit den Schwerpunkt auf ihre bauernromantische Seite zu legen. Diese Seite ist sicherlich ein wichtiger Bestandteil, sie ist aber nur ein Element. Forscht man in dieser Richtung weiter, erscheint einem jene destruktive Dynamik, durch die im Sommer 1944 mit dem deutschen Vorgehen vergleichbare gründliche, bürokratische Konsequenz möglich wurde, mit der binnen acht Wochen beinahe eine halbe Million ungarischer Juden deportiert wurde[14], nicht logisch. Bauernromantik bietet nicht genug Motivation zum Morden.

Es scheint viel mehr angebracht, die Komponente der Ethnizität als kulturellen Faktor, als 'imagined community'[15] in den Vordergrund zu stellen und, da beide Bewegungen 'Kulturbewegungen' waren (bzw. die ungarische heute wieder eine ist), sie in kulturwissenschaftlicher und kulturpolitischer Perspektive, d.h. den völkischen Nationsgedanken und die völkische Organisationspraxis zu untersuchen. Dem Faktor Kultur wird seit dem zurecht umstrittenen aber dennoch bedeutenden Arbeit von HUNTINGTON, 'The Clash of Civilisations'[16], allgemein mehr Aufmerksamkeit geschenkt, und spätestens seit dem 11. September 2001 hat man auch eingesehen, dass Kultur sicherheitspolitische Relevanz besitzt: Sie ist eine der wichtigsten Triebfedern gesellschaftspolitischer Prozesse. Ethnizität im Zusammenhang mit der gängigen, im Land üblichen Kulturtheorie, dem Kulturbegriff und diesen Kulturbegriff in die Praxis zu übertragenen Kulturpolitik zu prüfen heißt, festzustellen, welche kulturpolitische Strategien und operative Maßnahmen es sind, die die Ausgrenzungstendenzen der Gesellschaft unmittelbar mobilisieren, und welche diesen zugrunde liegenden und gültigen Kulturtheorien und Kulturbegriffe es sind, die die Strategien und Instrumentarien permanent mit ideologischer Nahrung füttern. Denn, wenn die Kulturtheorie, die 'ideologische Nahrung' an sich ausgrenzend ist, dann werden die auf diese aufgebauten kulturpolitischen Strategien und operativen Maßnahmen die Ausgrenzungstendenzen in der Gesellschaft reproduzieren und sogar verselbständigen.

Eine der wichtigsten Objektiviationen des völkischen Denkens in Ungarn war und ist die 'nationale Kultur'. Diese wurde seit den 1890er Jahren immer statischer und im Kern unveränderbar als Kultur des 'Magyarentums', also im ethnischen Sinne verstanden. Man suchte nach einem reinen, völkischen Kern des Magyarentums und betrachtete jeden fremden Einfluss als Verunreinigung. Biologische und kulturelle Elemente mischten sich in den allgemein herrschenden ethnischen Diskurs, und die magyarische Nation wurde bald als Rasse verstanden[17].

Die völkische Bewegung hatte verschiedene Zweige. So gab es z.B. bereits am Anfang des 20sten Jahrhunderts eine 'Volkskunstbewegung', deren Vertreter, vor allem Lehrer und Künstler, die positivistischen Tendenzen der ungarischen Ethnographie entschieden ablehnten und den vorherrschenden Historismus durch eine reine nationale Kunstsprache ersetzen wollten. "Die archaische Sprache der Rasse (d.h. der Nation) enthält das, was das Denken der Rasse leitet", hieß es[18]. Diese hygienische Auffassung der magyarischen Rasse führte dazu, dass die Angst vor einer zunehmenden Bedrohung 'fremdvölkischer Elemente' wuchs. Die zunehmende Kommunikation, der Verkehr, die Presse "erschweren die Stärkung der nationalen Eigenheiten /.../ und immer mehr werden wir uns gleich /.../. Vergessen wir nicht, dass unsere eigenständige nationale Persönlichkeit dadurch gefährdet ist, dass hier mehrere Völker unterschiedlicher Art in diesen einen Staat hineingepresst wurden. Und dass eine solche Nähe nicht gerade der Stärkung des Nationalcharakters zuträglich ist /.../, sondern dass wir gegenseitigen Einflüssen ausgesetzt sind, unter denen die Reinheit des Nationalcharakters leidet", schrieb ein bedeutender Lehrer und Kunstkritiker[19]. Zwischen den völkischen und den liberalen Denkern des Landes gab es zwar einen Konsens darüber, dass die Machtstellung der magyarischen Eliten erhalten bleiben solle, es gab jedoch einen Unterschied in der Auffassung, wer diese 'wirklichen Magyaren' seien. Diese waren für die völkischen Denker die armen Bauern, die sie in die bürgerliche Gesellschaft integrieren wollten. Sie verbanden den Rassismus mit sozialen Forderungen. Entgegen der 'dekadenten Kultur' in den urbanisierten Ballungsräumen wurde der Jugendstil von einigen Theoretikern als 'magyarische Kunst' sui generis betrachtet, wobei, wie es hieß, die Künstler "unter dem Volk leben sollten, so dass wir alles, was unbewusst, instinktiv magyarisch ist, in unsere bewusste Kunst einbringen können. /.../ Ich bin umgeben vom turanischen Atem ich atme seinen uralten, heidnischen Geruch in meine Seele ein, so dass er mich durchdringe und meine Eingebung und Phantasie bereichere"[20].

Im erwähnten Zitat ist eine weitere Richtung der völkischen Bewegung angedeutet: der Turanismus, der bereits seit Anfang des 19. Jahrhunderts einen immer größeren Einfluss auf das ungarische kulturelle und politische Bewusstsein ausübte. Die Turanische Gesellschaft wurde 1910 gegründet und hatte als Ziel die wissenschaftliche Erforschung "Turans, unserer großen Vergangenheit und vielleicht noch größeren Zukunft"[21]. Unter 'Turanismus' wurde eine Hinwendung zu den eurasischen Ursprüngen der Zivilisation verstanden[22]. Schon zu Beginn des Ersten Weltkrieges kam ihr – mit Deutschland vergleichbarer - nationaler Größenwahn zum Vorschein, der sich im Falle eines Sieges der Monarchie einen deutsch-österreichisch-ungarisch-zentrischen Machtblock vorstellte, der über den ganzen eurasischen Kontinent dominieren sollte. Auch Ungarn sollte dabei eine Großmachtrolle zukommen[23]. In der orthodoxen Abzweigung der Bewegung, der durch entschlossene Westeuropafeindlichkeit, Antiklerikalismus und Rassenschutz hervortrat, gab es auch Schamane (ung.: táltos), die täglich ihre Zeremonien am Sonnenberg verrichteten. Sie wandten sich statt dem Christentum lieber vermeintlich uralten Riten zu, weil nach ihrer Meinung das Christentum, das in erster Linie international sei, das Rassen- und Nationalbewusstsein töte[24]. In einer weiteren turanistischen Abzweigung spielte als Großmachtideologie die geopolitische Lage Ungarns eine große Rolle, nach der aus hydrographischen und orographischen Gründen der Karpatenraum zur Schaffung eines selbständigen Staates prädestiniert sei. In diesem Land gehöre die Führungsrolle der Donau-Theiß-Ebene, da sie die Größte Raumenergie darstelle[25].

Wichtigstes Moment, und für die kulturelle Entwicklung des Landes bis zum heutigen Tag von grundlegender Bedeutung ist der Friedensvertrag von Trianon (1920) nach dem Zusammenbruch der Monarchie, als Ungarn – nach dem Ersten Weltkrieg als Teil der Monarchie auf der Verliererseite – zwei Drittel seiner Gebiete an die Nachbarländer abtreten musste und nahezu ein Drittel der ungarischen Bevölkerung von einem Tag auf den anderen Staatsbürger der Nachbarländer wurden. Seit dieser Zeit wurde die wichtigste Frage der Politik, der Kultur und des alltäglichen Lebens die Wiederherstellung des 'status quo ante Trianon', die Revision der Grenzen von 1914. Auch der ungarische Faschismus war bis zuletzt von der Ideologie des Revanchismus geleitet[26].

(…)

Das völkische Denken der Zwischenkriegszeit schlug sich in der Literatur so nachhaltig nieder, dass sich ein literarischer Streit entwickelte, der unter der Bezeichnung 'Streit zwischen den Völkischen und den Urbanen' in die Literaturgeschichte einging[27]. Die völkischen Literaten verurteilten die westlich orientierten 'Modernisierer', auch 'Urbane' genannt, die eher zu Abstraktionen geneigt, am Individuum interessiert und Kosmopoliten waren[28]. Auch sie waren vom Turanismus beeinflusst; nach ihren Vorstellungen war der Idealstaat ein turanisch-slawischer Bauernbund, in dem anstatt des Individualismus und dekadenten Liberalismus der asiatische Kollektivismus herrscht[29]. Sie setzten sich für die Verbesserung der sozialen Lage der 'einzig werttragenden Klasse', also des Bauerntums ein, womit gleichzeitig das Problem der 'Gegensätze' zwischen der bäuerlichen, 'rein-magyarischen' und der 'städtisch-dekadenten' Kultur auftauchte. Das typische antisemitische Stereotyp der 'sündigen Stadt', bzw. die 'sündige urbane Lebensweise', das auch in der völkischen Bewegung im wilhelminischen Deutschland eine große Rolle spielte[30] und das in der ungarischen Literatur bis 1897 zurückzuverfolgen ist[31], erschien besonders bildhaft und vehement bei Dezsö Szabó gleich nach dem Zusammenbruch der Monarchie[32]. Er schrieb in seinem dreibändigen Werk 'Das weggefegte Dorf': "wie sehr diese Stadt [Budapest/ M.M.] das Symbol des leidvollen madjarischen Lebens ist. Wenn man jeden einzelnen seiner Steine auswränge, flösse aus ihnen madjarisches Blut, madjarischer Schweiß, madjarischer Schmerz, und in dem aus ihnen erblühten Leben genießen Fremde, herrscht eine fremde Sprache, eine fremde Kultur. Und der davongejagte Sohn steht ohne Brot da und sucht sich heimatlos ein Grab"[33]. Die soziale Empathie der völkischen Literaten für die bäuerlichen Schichten führte so weit, dass wegen der Kulturüberlegenheit eines vermeintlichen und nur im dörflichen Milieu erhalten gebliebenen "Rassencharakters' sogar die Konzeption des Rassensozialismus auftauchte[34].

Das völkische Denken im Realsozialismus

Das völkische Denken konnte auch nach dem Zweiten Weltkrieg trotz der universalistischen Idealen des Realsozialismus nicht zurückgedrängt werden[35]. Vielmehr kehrte sie nach den wenigen 'nicht-nationalen' Jahren der Nachkriegsperiode mit sowjetischer Unterstützung wieder[36]. Nachdem ab 1951 die kommunistische Parteiführung aus manipulativen Gründen die der 'nationalen Frage' seit Jahrzehnten verbundene und angesehene Intelligenz in ihr totalitäres System einbezog und diese fortan ihre Macht legitimierte, wurde erneut die 'nationale Tendenz' bestimmend. Sie wurde nach Stalins Tod – bis auf die Jahre um 1956 herum – auch von der sowjetischen Führung unterstützt, und mit der Zeit wurde daraus ein Sozialismus mit 'nationalem Antlitz'[37]. Dieser Sozialismus mit dem nationalen Antlitz wurde zum großen Teil von den vorhin erwähnten völkischen Literaten unterstützt[38].

So spielte auch in dieser Zeit die Konzeption der 'Nationalkultur' ein große Rolle. Ab der 60er, 70er Jahre bekam das völkische Denken sogar als kulturnationalistischer, völkischer Widerstand neue Triebe. Da Kunst und Kultur in Ungarn damals einen elitären Charakter hatten (und zum großen Teil auch heute noch haben) und die Rolle eines "nationalen Orakels" erfüllten[39], nahmen an diesem Widerstand in erster Linie und zum größten Teil zur 'nationalen Seite' gehörenden Schriftsteller, Publizisten und Philosophen teil. Besonders in den 80er Jahren blühten auch die sog. Tanzhausbewegung, durch die der authentische ungarische Volkstanz auch aus den Gebieten außerhalb der heutigen Landesgrenze erlernt werden konnte und der Schwarzhandel mit Gegenständen der authentischen Volkskunst aus abgetrennten Gebieten. Gegen den Universalismusanspruch des Realsozialismus verstand sich der Widerstand auch als ein ethnischer Widerstand des Magyarentums als 'ethnos', d.h. als imaginäre Gemeinschaft der Abstammung und Affiliation. Der ethnische Kulturnationalismus entwickelte durch den von ihr propagierten nationalen Mythos mit der herrschenden (paternalistischen, autoritätsgläubigen) Ideologie verwandte Reflexe, zudem bedeutete das Erstarken des nationalen Mythos vom 'kleinen aber reinen Magyarentum in der Rolle des Opfers fremder Großmächte' für die Gesellschaft eine Kohäsionskraft. So wurde der Widerstand vom Regime als Opposition toleriert, wodurch sich ein gesamtgesellschaftlicher Konsens entwickelte. "Die traditionelle kommunistische Politik /.../ hatte über Jahrzehnte eine viel stärkere Affinität zu den Völkischen, als zu den Liberalen, Sozialdemokraten oder zu den radikalen Vertretern der Selbstverwaltung, den Reform-Kommunisten"[40]. Auch Züge einer Solidargemeinschaft konnten damals beobachtet werden: Obwohl die 'Urbanen' in ihrer Sozialismuskritik den Weg des westlichen Liberalismus einschlagen wollten, sprach man mit ihnen. Einen Dialog konnte man das jedoch nicht nennen, denn die Zügel der offiziellen realsozialistischen Kulturpolitik waren im Hinblick auf die Aktivitäten der 'Urbanen' besonders straff angezogen, zudem war die antisemitische Konnotation des 'Urbanen' als 'Jude' im Lande, wenn auch unausgesprochen, dennoch jedem geläufig[41]. Trügerisch war dieser Zusammenhalt auch deshalb, weil er nicht etwa durch demokratische Bestrebungen, sondern durch das gemeinsame Feindbild der Besatzermacht Sowjetunion zusammengehalten wurde. Ehemalige Dissidenten ('Urbane') beklagen heute, dass auch die deutschen Politiker und Journalisten, die infolge von Brandts Ostpolitik vermehrt Ungarn besuchten, mit ihnen nicht nur keinen Kontakt pflegten, sondern sie sogar als "Fantasten" abtaten[42].

Ein Großteil der gesellschaftlichen Elite (Kulturpolitiker und die völkische Intelligenz) erhoffte also die gesellschaftliche Integration von einem ethnonationalistischen, also völkischen Kulturnationalismus. Da sie dazu nicht nur von ihren eigenen Unterdrückern eine immer offenere Unterstützung bekamen, sondern auch vom Westen, bedeutete für viele die kulturnationalistische Form des nationalen Widerstandes die progressive, von unten kommende 'Revolution' und die Möglichkeit der gesellschaftlichen Integration.

Das völkische Denken nach der Wende

Durch das Zusammenspiel dieser Faktoren bedeutete das Ende des Realsozialismus eine ethnonationalistische Wende[43]. Die Auflösung traditioneller sozialer Bindungen führte zum Entstehen individueller, vereinzelter Existenzen, die ihre Identitäten heutzutage weniger in traditionellen religiösen als vielmehr in diesseitigen, ethno-religiösen Bindungen finden, in denen der kulturelle und sprachliche Zusammenhalt als Insignien der Differenz in den Vordergrund gestellt werden. Auch die heutige ethnonationalistische Ideologie hat eine totalistische Logik, weil die Grundlage ihrer Existenz dadurch bestimmt wird, dass sie als Basis für die individuelle Identität die Gruppenidentität betrachtet. Da sie zu einer Homogenisierung der eigenen Gruppe drängt, führt dies auf der anderen Seite automatisch zur Ausgrenzung von irgendwelchen 'Fremden'. Auch der heutige Ethnonationalismus ist also vorurteilsgesättigt, gleichzeitig aber alltagstauglich, weil er in der erlebten Ungleichzeitigkeit Orientierungsschablonen bietet, in denen religiöse und Abstammungskategorien plötzlich neu zum Leben erwachen[44]. Die Grundlage dieser Ideologie ist die Nation als kulturelle Kategorie, 'imagined community'' ein Gefühl kultureller Zugehörigkeit, das sich in imaginierten und erfundenen Traditionen und runderneuerten Religionen offenbart. Als moderne Ideologie ist der Ethnonationalismus als Alltagsreligion zu bestimmen, in der sich Säkularisation, Nationenbildung und der Realsozialismus miteinander verbinden. Er beruft sich auf kein konkretes historisches Bild, sondern raubt seine Legitimation "willkürlich und opportunistisch /.../ aus der Geschichte zusammen"[45]. Da die ethnonationalistische Ideologie immer zur Homogenisierung der eigenen Gruppe und zur Ausgrenzung einer vermeintlichen 'fremden' Gruppe führt, sind der Ethnonationalismus und der moderne Antisemitismus vielfach die zwei Seiten der gleichen Medaille.

(…)

Seit der Wende unterliegt Ungarns Kulturpolitik ein - je nach Einstellung der Regierungen unterschiedlich intensiv ausgeprägter - nationalistischer Kulturbegriff, dessen Basis das romantische Ideal der Nation und ein ethnischer Volksbegriff bilden. Der sowieso vorhandenen Bereitschaft zum völkischen Denken wurde so nach 1989/ 90 zu einer neuen Blüte verholfen. Kultur wird auch heute statisch und im Kern unveränderbar als Kultur des 'Magyarentums' verstanden. Das Volk wird ebenfalls als ethnisch-homogene Abstammungsgemeinschaft im Sinne von 'ethnos' (im Gegensatz zu 'demos') verstanden[46]. Wenn 'nationale Kultur' eine 'einheitliche, homogene nationale Gemeinschaft' voraussetzt, dann ist dies eine Fiktion, eine imaginierte, also kulturelle Konstruktion, eine 'imagined community', da in Ermangelung einer religiösen bzw. ethnischen Einheit nur historische Mythen und ein von allen Beteiligten der Gemeinschaft akzeptiertes Geschichtsbild und eine von allen akzeptierte Symbolwelt als Kohäsionskraft der Gemeinschaft dienen können. Die nationale Gemeinschaft ist auch deshalb eine imaginierte Gemeinschaft, "weil die Mitglieder selbst der kleinsten Nation die meisten Anderen niemals kennen, ihnen begegnen oder auch nur von ihnen hören werden, aber im Kopf eines jeden die Vorstellung ihrer Gemeinschaft existiert"[47]. Das auf diese Volkstheorie aufgebaute Kulturkonzept und die aus ihm abgeleitete Kulturpolitik trugen zum Entstehen von kulturellem Ethnozentrismus[48] bei.

Zudem basiert der Kulturnationalismus Ungarns auf der Volks- und Kulturbodenthese, wonach die 1920 infolge des Vertrags von Trianon abgetrennten Gebiete kulturell noch immer zu Ungarn gehörten und die dort lebenden ungarischen Minderheiten (symbolisiert durch die 'Heilige Krone' St. Stephans aus dem 10. Jahrhundert) als 'Magyarentum' zusammengefasst würden. Weil es nach dieser Auffassung auch die in den Nachbarländern lebenden ungarischen Minderheiten kulturell zu integrieren gilt, wurden außerhalb der Landesgrenzen 'ingroups' bestimmt, was bereits in den ersten Jahren nach der Wende zum Erstarken des 'Großreich-Mythos' führte. Das heißt, dass der kulturelle Ethnozentrismus die revanchistischen Gedanken förderte. Die ethnisch-homogene Kulturauffassung führte innerhalb der Landesgrenzen zur gleichen Zeit jedoch dazu, dass 'outgroups' bestimmt, d.h. 'Fremde' konstruiert wurden[49], was sich als Antisemitismus niederschlug.

Er nahm im Lande in den letzten 15 Jahren in dem Maße zu, in dem die Tendenzen der 'Globalisierung' verstärkt wahrnehmbar wurden. Die 'Globalisierung' wird als der Untergang des Magyarentums aufgefasst, wodurch es in der völkischen Denkweise in der Rolle des Opfers gesehen wird. Mal in der der USA, mal in der der Europäischen Union, mal des Westens mal des Neoliberalismus usw. Es entsteht ein paradoxer Eindruck: Irgendwie erleiden viele scheinbar ein Minderheitenschicksal, selbst Mehrheiten fühlen sich als Heimatvertrieben und als Fremde im eigenen Land, da sie das Gefühl haben, es mit übermächtigen Gegnern zu tun zu haben. Es entstehen Verschwörungstheorien[50].

Der moderne Antisemitismus[51], richtet sich also zunächst nicht gegen reale Juden, sondern gegen ein kulturelles Konstrukt, denn die Protagonisten der 'nationalen Erneuerung' schreiben Menschen, die als 'Juden' bestimmt werden, eine solche Menge an gesellschaftlich negativen Eigenschaften zu, die keine materielle Entsprechung haben können und je haben konnten. Hinter abstrakte Begriffe, wie 'liberal', 'kosmopolitisch', 'universalistisch' usw. werden 'Juden' oder 'vermeintliche Juden' gesetzt, und all diejenigen, die im Gegensatz zum Mythos von dem 'Vaterland' und der 'durch das eigene Blut getränkten Heimaterde' (nach dem Blut- und Bodenmythos) den Kosmopolitismus, die Urbanität und die Intellektualität verkörpern, werden als 'jüdisch' bestimmt. Die Denkstrukturen dieser Form der Ausgrenzung richten sich auch gegen jene, die außerhalb geltender Normen vermutet werden, so z.B. auch gegen Roma und Homosexuelle.

Strukturelle Ähnlichkeiten

Zwischen der heutigen völkischen Denkweise und der um die Jahrhundertwende sowie zwischen den beiden Weltkriegen gibt es auffällige strukturelle Ähnlichkeiten. So ist die ethnonationalistische Denkweise sowohl in der politischen Rechten als auch in der Linken zu finden, wobei sie bei letzteren in einer viel schwächeren Form erscheint. Es herrscht heute über alle politischen Parteien hinweg Einigkeit darüber, dass es ein ethnisch homogenes Magyarentum und eine magyarische Kultur gibt, der kulturelle und sprachliche Zusammenhalt werden als Insignien der Differenz in den Vordergrund gestellt. Die ethnisch-kulturellen Kategorien wurden sogar bereits in der Verwaltung institutionalisiert. So hat die nationalkonservative Orbán-Regierung 2001 mit dem sog. Status Gesetz den 'Nationalbürger-Ausweis'[52] und die sozialliberale Koalition 2005 das sog. 'Nationalvisum'[53] eingeführt, das ethnischen Auslandsungarn Privilegien gewährt, die strikt an die Zugehörigkeit zum 'Magyarentum' gebunden sind. Uneinigkeit herrscht in Ungarn jedoch auch heute darüber, wer die 'wirklichen Magyaren' sind. Diese sind für die völkischen Denker die Nationalkonservativen, die sie die 'bürgerliche' oder 'nationale' Seite nennen. Sie suchen nach einem reinen, völkischen Kern des Magyarentums und betrachten jeden fremden Einfluss als Verunreinigung. Im Unterschied zu früher ist ihre soziale Empathie weniger ausgeprägt, dennoch konzentrieren sie sich eher auf die stabile Großfamilie mit bescheidenen Ansprüchen und christlicher Werteorientierung als Gegenpol zur 'Profitorientierung' und 'luxoriösen' Lebensweise[54] der Sozialliberalen, was übrigens das Bild des 'geldgierigen, kapitalistischen Juden' aufschimmern lässt[55].

(…)

Die 'patriotischen' Kulturkonzepte führen zur Rückbesinnung auf die eigenen 'authentischen' Werte, was jedoch die Rückbesinnung auf erfundene Traditionen und auf eine Ideologie mit antimoderner Stoßrichtung bedeutet. So spielt der Turanismus auch heute eine Rolle. Als im Herbst 2003 für die Verfilmung des 'Roman eines Schicksallosen' vom Nobelpreisträger Imre Kertész im Pilisgebirge nördlich von Budapest mit dem Bau der Kulisse, eines Ebenbildes des Konzentrationslagers Buchenwald begonnen wurde, wurde vehement protestiert. Die "Sakralität" von Pilis sollte verteidigt werden, denn dort hätten bereits die Skyten gesiedelt, dann die "ehrwürdigen Schamanen, Nachfahren des Hunnenkönigs Attila", zudem sei "das Gebirge energetisches Zentrum des Karpatengebirges, wo die göttlichen Energien zusammenlaufen". Für den Fall, dass die Bauarbeiten nicht gestoppt werden würden, wurde in Aussicht gestellt, dass dasselbe "passieren [könnte], was nach Sharons Besuch auf dem Tempelberg geschah"[56]. Die kriegerische Psychose im Land verdeutlicht die rhetorische Frage des ungarischen Philosophen Miklós Gáspár TAMÁS[57], "was [denn] nach Sharons Besuch auf dem Tempelberg [geschah]?", um dann gleich die Antwort zu liefern: "Massiver Judenmord".

(…)

Wichtiges Moment des ungarischen Antisemitismus ist die "umgekehrte Assimilation", von der der Dichter Sándor Csoóri bereits 1990 schrieb. Darin wird vor den Liberalen als "Minderheit" gewarnt, die die magyarische Nation ihrem Stil und Denken anzugleichen versuchten. Dieser Gedanke schlug sich 2004 anlässlich einer Demonstration nieder, dessen Hauptredner sich darüber beklagte, dass "es /.../ viele Länder auf der Welt [gibt], in denen die Mehrheit die Minderheit unterdrückt, aber nur ein Land, in dem es die Minderheit mit der Mehrheit tut, und das ist Ungarn"[58], und zu deren Abschluss eine israelische Fahne verbrannt wurde. Ende 2004 schlug eine Journalistin in der nationalkonservativen Tageszeitung Magyar Nemzet vor, den Ombudsman für die Minderheitenfragen zur Verantwortung zu ziehen, da die "Bürger, die sich für das Aufrechterhalten der magyarischen Nation verantwortlich fühlen, zu Minderheiten in ihrer eigenen Heimat geworden sind"[59].

Diese Art 'Minderheitenstatus' wird von den Liberalen immer wieder auch auf die 'Postkommunisten', d.h. auf die Sozialisten ausgeweitet, die "internationale Menschen", "Zerstörer des Magyarentums und der Nation", "Vasallen der Globalisierung", ja sogar "entartet" seien[60]. Für die 'nationale Kultur zerstörerisch' wird auch die eigene, gegenwärtige (seit 2002 regierende) sozialistisch-liberale Regierungskoalition empfunden, weshalb die Nationalkonservativen permanent auf die 'Fremdbesetzung der Nation' anspielen und sie z.B. brüsseltreue 'Brüsseliten' (dies ist die Abwandlung des ehemaligen moskautreuen 'Moskowiten') bezeichnen[61]. Die 'Ablehnung des Westens' richtet sich heute als Aggression im Zusammenhang mit der (erlebten) Integration gegen die EU und zeigt sich in Verschwörungstheorien. Der in Ungarn verbreitete Code "Tel Aviv – New York – Brüssel – Achse" oder der Begriff "Euro-Zionismus"[62] stehen für eine vermeintliche jüdische Weltverschwörung mit der EU. Den Nationalstaat in Frage zu stellen, wird als Zeitgeist-Phänomen im Denken eines einflussreichen Teils der eigenen Elite angesehen. Dieses Denken sei als Strategie der politischen Eliten mächtiger Staaten darauf gerichtet, die kleinen Länder zum Verschwinden zu bringen. Die 'europäische Idee' wird in dieser Sichtweise ad absurdum geführt und mutiert zu einer neuen imperialen Herrschaftsideologie[63]. So wird auch die Integration allgemein vielfach als "Anschluss", als "Kolonisierung" oder als einfacher Wechsel von der "Ost-EU" (Sowjet Union) in die "West-EU" (Europäische Union) erlebt.

Auch heute mischen sich biologische und kulturelle Elemente in den ethnischen Diskurs, und im Gegensatz zu den Sozialisten und Liberalen werden die 'wirklichen Magyaren' öfters als höhere "Menschenart" und "Rasse" bezeichnet[64]. Zudem wird der "wirtschaftliche Lebensraum im Karpatenbecken"[65] als positive Vision aufgezeichnet.

Wie die aufgezählten Beispiele verdeutlichen, bleibt die antisemitische Rhetorik bei weitem nicht nur auf die Sprache der rechtsradikalen Parteien begrenzt, sondern ist auch typisch für die 'bürgerlichen' Parteien 'der Mitte'. Die Nationalkonservativen fühlen sich als 'die Nation' schlechthin, als die 'Rechten/ Richtigen' und 'echten Ungarn', die von den 'Linken', den 'Feinden des Volkes', den 'nicht-ungarischen', 'identitätslosen' und 'hungarophoben Vaterlandsverrätern' tiefe mentale Gräben trennen, weshalb Ungarn seit den ersten Jahren nach der Wende allmählich zum gesellschaftspsychologisch geteilten Land geworden ist. Heute gibt es zwei Parallelgesellschaften im Land, wobei jede Seite ihre eigenen Medien nutzt, und dies fast ausschließlich; von einem gesellschaftlichen Dialog ist man weit entfernt.

(...)

Die Untersuchung dürfte bewiesen haben, dass wir heute in Ungarn wieder von einer völkischen Bewegung sprechen können. Tatsache ist auch, dass der gegenwärtige nationalkonservative Oppositionsführer, Viktor Orbán vor Kurzem im Zusammenhang mit dem Treffen des so genannten Dorfparlaments von "der größten bürgerlich-dörflichen Bewegung seit der völkischen Bewegung in den 30er Jahren" sprach[66].

Antidemokratische Gesinnung und reale politische Gefahr

Wie in der deutsch-völkischen Bewegung im wilhelminischen Kaiserreich vor hundert Jahren, so kann auch heute der Antisemitismus in Ungarn als Identitätsproblem der völkisch eingestellten Mehrheitsgesellschaft bestimmt werden, die aus einer 'Verteidigungshaltung' heraus den 'Fremden' die Fähigkeit zur nationalen und kulturellen Strukturzugehörigkeit abspricht, deren kulturelle, soziale, religiöse und moralische Minderwertigkeit behauptet und dabei in deren Wirken eine Schädigung nationaler und ethnischer Strukturen erblickt. Da sie Andersartigkeit als existenzielle Bedrohung empfindet, artet die als gerecht empfundene Selbstverteidigung immer wieder zum metaphysischen Kampf zwischen Gut und Böse aus. Dies tritt besonders in den Wahlkampagnen vor den Parlamentswahlen zutage. Das völkische Sendungsbewusstsein wird auch durch die christliche Kirche 'göttlich legitimiert', indem sie zur "richtigen Entscheidung" mahnt, andernfalls würden die Gläubiger am Jüngsten Tag zur Rechenschaft gezogen"[67]. Der traditionelle Ethnonationalismus wird zur Ethnoreligion, in dem der Kampf geradezu gegen den "Antichrist"[68] und gegen "gigantische, bolschewisierende, satanische Kräfte"[69] geführt wird. Wie 2002, so wurde deshalb die Stimmung auch 2006 kurz vor den Wahlen jeweils an die Grenze des Explosiven zwischen den Nationalkonservativen und den Sozialliberalen getrieben.

Im Frühjahr 2006 war zusätzlich eine weitere Entwicklungsstufe der völkischen Denkweise zu beobachten: Die (ethno)kulturalistische Staatsauffassung der nationalkonservativen Opposition ging in eine biologistische über. Im Gegensatz zur strategischen Funktion der Kultur in der nationalkonservativen Regierungsperiode zwischen 1998 und 2002[70] stand im Wahlprogramm der Fidesz/Bürgerlichen Union jetzt die Errichtung eines Superministeriums für Gesundheitswesen mit einem Superminister, der als "Arzt der Nation" für die Gesundung der "Volksseele"[71] und für die Wiedergewinnung der "magyarischen Lebenskraft" sorgen sollte[72]. Ihm sollten auch die "Zigeunerangelegenheiten"[73] unterstehen. Der designierte Amtsinhaber propagierte bereits als Kandidat eine neue Ethik, weg von der Verantwortung für das Individuum, hin zur Verantwortung für das Volkstum und die Nation, was für ihn auch bedeutet, dass der "uferlose Freiheitsdrang des Einzelnen im Interesse der Gemeinschaft eingeschränkt werden soll"[74]. Der Arzt am Volk ist somit zum eigentlichen Spezialisten zur Lösung gesellschaftlicher und bevölkerungspolitischer Probleme aufgestiegen und wurde schon im Wahlkampf mit einem priesterlichen Mythos als autoritäre Führerpersönlichkeit ausgestattet. Dr. István Mikola versteht unter Nation einen "Volkskörper", dem durch Trianon Arme und Beine abgehackt worden wären und der jetzt als verstümmelter Rumpf dastehe[75]. Auch für Viktor Orbán bedeutet die Nation einen Körper. "Die ungarische Nation ist unsere Gemeinschaft", sagte er zum Auftakt der Wahlkampagne am 12. März 2006, und "die Republik ist nur unsere Wohnung. Wenn Sie so wollen, ist die magyarische Nation unser Körper, und die Republik ist unser Kleid. Aber uns interessiert nicht die Mode, sondern das, was hinter den Kleidern versteckt ist. Das ist der Unterschied zwischen der Nation und der Republik. Für uns ist deshalb vor allem die Nation wichtig." [76]

Auszüge aus: SALZBORN, Samuel (Hrsg.) (2006), Minderheitenkonflikte in Europa. Fallbeispiele und Lösungsansätze, Studien Verlag, Innsbruck/ Wien/ Bozen, 201-221.

Anmerkungen:
[1] Shulamit Volkov: Antisemitismus als kultureller Code, München 2000.
[2] Klaus Holz: Nationaler Antisemitismus. Wissenssoziologie einer Weltanschauung, Hamburg 2001.
[3] Endre Kiss: Antiszemitizmus mint metafizika [Der Antisemitismus als Metaphysik] 2004, in: http://www.pointernet.pds.hu/kissendre/judaisztika/
20041129112051676000000660.html
.
[4] Hermann von der Dunk: Antisemitismus zur Zeit der Reichsgründung. Unterschiede und Gemeinsamkeiten: ein Inventar, in: Peter Alter/Claus-Ekkehard Bärsch/Peter Berghoff (Hg.): Die Konstruktion der Nation gegen die Juden, München 1999, S. 65ff.
[5] Vgl. Hans Magnus Enzensberger: Ungarische Wirrungen (1985), in: Ders.: Ach Europa! Wahrnehmungen aus sieben Ländern. Mit einem Epilog aus dem Jahre 2006, Frankfurt a.M. 1989, S. 132; András Kovács: Von antijüdischen Vorurteilen zum politischen Antisemitismus? in: Antisemitismus in Mittel- und Osteuropa: Vorurteil und Politik. Ost-West Gegeninformationen, H. 3/ 2005, S. 18.
[6] Péter Nagy Sz. (Hg.): A népi-urbánus vita dokumentumai 1932–47 [Dokumente des Streits zwischen den Völkischen und den Urbanen], Budapest1990; Ferenc Gyurácz: Igazi populisták. A múlt század végi amerikai farmermozgalom [Die echten Populisten. Die Farmerbewegung am Ende des letzten Jahrhunderts]. Életünk, H: 12/ 1991, 1108ff; András Bozóki: Vázlat három populizmusról: Egyesült Államok, Argentína és Magyarország [Skizze dreier Populismen: Vereinigte Staaten, Argentinien und Ungarn]. Politikatudományi Szemle, H. 3/1994, S. 35ff.
[7] Árpád von Klimó: Nation, Konfession, Geschichte. Zur nationalen Geschichtskultur Ungarns im europäischen Kontext (1860-1948), in: Edgar Hösch/Karl Nehring (Hg.): Südosteuropäische Arbeiten, Nr. 117, München 2003, S. 137ff.
[8] Miroslav Hroch: Ethnonationalismus – eine ostmitteleuropäische Erfindung? Oskar-Halecki-Vorlesung 2002, Leipzig 2002, S. 17.
[9] Puschner 2001; Philippe Burrin: Warum die Deutschen? Antisemitismus, Nationalsozialismus, Genozid, Berlin 2004; Miklós Szabó: Az újkonzervativizmus és a jobboldali radikalizmus története /1867-1918/ [Die Geschichte des Neukonservatismus und Rechtsradikalismus /1867-1918/], Budapest 2003, S. 101ff; Krisztián Ungváry: Értelmiség és antiszemita közbeszéd [Die Intelligenz und der antisemitische Diskurs], in: Beszélö, H. 6/ 2001, S. 74ff.; Rolf Fischer: Entwicklungsstufen des Antisemitismus in Ungarn 1867-1939. Die Zerstörung der magyarisch-jüdischen Symbiose, in: Mathias Bernath/ Karl Nehring (Hg.): Südosteuropäische Arbeiten Nr. 85, München 1988.
[10] Puschner 2001, S. 40.
[11] Johann Weidlein: Jüdisches und deutsches Schicksal in Ungarn unter gleichem Stern, Schorndorf 1969; Norbert Spannenberger: Der Volksbund der Deutschen in Ungarn 1938-1944 unter Horthy und Hitler, in: Konrad Gündisch (verantwortl.): Schriften des Bundesinstituts für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, Bd. 22, München 2002.
[12] Puschner 2001, S. 92ff.; Klimó 2003, S. 213ff.
[13] z.B. Hanák 1993, S. 225; Ungváry 2001.
[14] Götz Aly/ Christian Gerlach: Das letzte Kapitel. Realpolitik, Ideologie und der Mord an den ungarischen Juden 1944/1945, Stuttgart/München 2002, S. 429.
[15] Benedict Anderson: Die Erfindung der Nation. Zur Karriere eines erfolgreichen Konzepts. Frankfurt a.M./New York 1996 [Original u.d.T. Imagined Community. Reflections on the Origin and Spread of Nationalism, London 1983].
[16] Samuel Huntington: Kampf der Kulturen. Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert, München 2002 [Original u.d.T. The Clash of civilisations, New York 1996].
[17] Klimó 2003, S. 139.
[18] Zit. in: ebd.
[19] Zit. in: ebd., S. 140.
[20] Zit. in: ebd., S. 141.
[21] Zit. in: ebd., S. 142.
[22] Krisztián Ungváry: Der ungarische Turanismus – Ein geistiger Irrweg der Zwischenkriegszeit, in: Suevia Pannonica. Archiv der Deutschen aus Ungarn, 31. Jg. (2003), S. 7.
[23] Ebd., S. 5.
[24] Ebd., S. 10.
[25] Ebd., S. 11.
[26] Vera Ránki: Magyarok – Zsidók – Nacionalizmus. A befogadás és a kirekesztés politikája [Ungarn – Juden – Nationalismus. Die Politik der Inklusion und der Exklusion], Budapest 1999, S. 82.
[27] Nagy 1990.
[28] Ránki1999, S. 94.
[29] Ungváry 2003, S. 11.
[30] Puschner 2001, S. 115ff.
[31] Szabó 2003, S. 150.
[32] Nagy 1990, S. 484.
[33] Zit. in Johann Weidlein: Der madjarische Rassennationalismus. Dokumente zur ungarischen Geistesgeschichte im 20. Jahrhundert, Bremen 1961, S. 24.
[34] Nagy 1990, S. 485.
[35] Péter Agárdi: Közelítések a Kádár-korszak müvelödéspolitikájának történetéhez [Annäherungen an die Geschichte der Bildungspolitik der Kádár-Ära] In: Ders.: Müvelödéstörténeti szöveggyüjtemény II/2, 1945-1990, Pécs 1993, 711-744; Sándor Révész: Aczél és korunk [Aczél und unsere Zeit], Budapest 1997; Éva Standeisky: Kultúra és politika (1945-1956) [Kultur und Politik 1945-1956], in: József Vonyó (Hg.) Társadalom és kultúra Magyarországon a 19–20. században. Tanulmányok, Pécs 2003, 121ff.
[36] Éva Standeisky: Bünbocsánat. Erdélyi József pere és költöi rehabilitálása [Vergebung. Der Prozess von József Erdélyi und seine dichterische Rehabilitierung], in: 2000 [Monatszeitschrift für Kulturkritik], Juni 2001, 49ff.; dies.: Üldözött értelmiségiek a kora Kádár-korszakban. Zsigmond Gyula, Püski Sándor és társaik pere, (Esettanulmány) [Die Zeit der verfolgten Intelligenz in der frühen Kádár-Ära. Der Prozess gegen Gyula Zsigmond, Sándor Püski und deren Kreise (Fallstudie)] in: 1956-os Intézet-Évkönyv [1956er Institut-Jahrbuch], Jg. 10 (2002), S. 169 ff.; dies.: A népi írók és a kultúrpolitika az 50-es években [Die völkischen Schriftsteller und die Kulturpolitik in den 1950er Jahren], in: Múltunk, H. 1/2004, 48ff.
[37] Standeisky 2003, S. 127.
[38] Ebd.
[39] Gáspár Miklós Tamás: Törzsi fogalmak [Stammesbegriff], 2 Bde., Budapest 1999, S. 202f.
[40] Agárdi 1993, S. 741.
[41] György Csepeli: Jelenlét hiány által. Antiszemitizmus Közép- és Kelet-Európában [Sie fehlen und sind dennoch anwesend. Antisemitismus in Mittel- und Osteuropa], in: Jel-Kép, H. 2/ 1998, S. 69.
[42] István Eörsi: Interview in: Magdalena Marsovszky: "Die kollektive Amnesie”, in: Saarländischer Rundfunk SR 2 v. 10.11.1996.
[43] Detlef Claussen: Das Verschwinden des Sozialismus. Zur ethnonationalistischen Auflösung des Sowjetsystems, in: Ders./ Oskar Negt/ Michael Werz (Hg.): Kritik des Ethnonationalismus, Frankfurt a.M. 2000, S. 18.
[44] Michael Werz: Verkehrte Welt des short century. Zur Einleitung, in: Ebd., S. 7.
[45] Ebd., S. 8.
[46] Emerich Francis: Ethnos und Demos. Soziologische Beiträge zur Volkstheorie, Berlin 1965; Etienne Balibar: Rassismus und Nationalismus und Die Nation-Form: Geschichte und Ideologie, in Ders./Immanuel Wallerstein: Rasse, Klasse, Nation. Ambivalente Identitäten, Hamburg/Berlin 1990, 49ff. u. 107ff.
[47] Anderson 1996, S. 15.
[48] Manfred Brocker/Heino Nau, (Hg.): Ethnozentrismus. Möglichkeiten und Grenzen des interkulturellen Dialogs, Darmstadt 1997.
[49] Vgl. Hans-Ulrich Wehler: Nationalismus: Geschichte, Formen, Folgen, München 2001, S. 54.
[50] Beck 2004, S. 34.
[51] András Kovács (Hg.): A modern antiszemitizmus [Der moderne Antisemitismus], Budapest 1999.
[52] Keno Verseck: Nationalkonservative Yuppies. Ungarns Außenpolitik ist nicht nur für das eigene Land gefährlich, in: die tageszeitung v. 21.6.2001.
[53] János Gadácsi: Nemzeti vízumot vezetne be a kormány [Die Regierung würde ein Nationalvisum einführen], in: http://www.radio.hu/index.php?cikk_id=120252, Internet-Nachrichtendienst des öffentlich-rechtlichen Kossuth Radios v. 6.1.2005.
[54] Viktor Orbán: Interview, in: "Luxus-baloldaliak jönnek, és kioktatják az országot" [Die Luxuslinken kommen und belehren das Land], HirTV v. 03.10.2005.
[55] Freddy Raphael: Sechstes Bild: "Der Wucherer", in: Julius H. Schoeps/Joachim Schlör (Hg.): Antisemitismus. Vorurteile und Mythen, München/Zürich 1995, S. 103ff;. Avraham Barkai: Einundzwanzigstes Bild: "Der Kapitalist", in: Ebd., S. 265ff.
[56] Levente Szörényi: Interview, in: Pilis szakrális hely [Pilis ist ein sakraler Ort], in: Magyar Nemzet v. 28.8.2003.; Balázs Illényi: Szent hegy [Heiliger Berg], in: Heti Világgazdaság v. 17.9.2003; Lajos Aradi: Interview, in: Pilis kultikus helyei [Die kultischen Orte von Pilis], in: Kossuth Rádió v. 4.1.2004.
[57] Gáspár Miklós Tamás: A haladó ifjúság példaképe II. [Das Vorbild der progressiven Jugend], in: Magyar Hírlap v. 1.9.2003.
[58] Magdalena Marsovszky (2004): ‚Ungartum Erwache!’ Trotz nationalistischer Psychose ist nicht "Kerneuropa" die Lösung, in: http://www.hagalil.com/archiv/2004/01/ungartum.htm v. 28.01.2004.
[59] Matild Torkos: ‚Ügyes’ [Geschickt], in: Magyar Nemzet v. 17.12.2004.
[60] István Csurka: Interview in: Kossuth Rádió v. 21.03.1999.
[61] Der Oppositionsführer und Leiter der nationalkonservativen Partei Fidesz-MPSZ, Viktor Orbán sagte: "Früher sagte der Ungar, es gäbe die Moskowiten. Jetzt sagt man – ich habe es nicht erfunden, stehe aber dazu -, dass es die Brüsseliten gibt. Ob es eine Kontinuität zwischen beiden Gruppierungen gibt, darüber würde ich mich jetzt nicht äußern, das überlasse ich der Fantasie der Hörer" (Kossuth Rádió v. 17.12.2002).
[62] Aranka Vennes: Kulturális találkozó, magyar termékekkel [Kulturtreffen mit ungarischen Produkten], Hörfunksendung in: Kossuth Rádió v. 12.12.2003.
[63] Vgl. Robert Maier: Die Präsenz des Nationalen im (ost)mitteleuropäischen Geschichtsdiskurs, Hannover 2002.
[64] Kornél Döbrentei: Kommentar, in: Kossuth Rádió v. 12.12.2004.
[65] Viktor Orbán: Interview in: Kossuth Radio v. 27.01.2002.
[66] Viktor Orbán: Interview in: "Luxus-baloldaliak jönnek, és kioktatják az országot" [Die Luxuslinken kommen und belehren das Land], in: HirTV v. 3.10.2005.
[67] Auszug aus einer Predigt, zit. in: Klubradió v. 21.3.2006.
[68] "...hier zeigte sich der mal als Bolschewik, mal als Liberale erscheinende echte Antichrist"– sagte der Präsident der Christlich Demokratischen Volkspartei (KDNP) und Vizepräsident des Komitees für Menschenrechte im Parlament, Zsolt Semlyén, in Kossuth Rádió v. 17.7.2005.
[69] So formulierte der Vorsitzende des Fidesz-Parteiausschusses, László Kövér in der Provinzstadt Köszeg, zit. in: Heti Világgazdaság v. 7.10.2005.
[70] Magdalena Marsovszky: Antisemitismus in Ungarn nach 1989. Demokratiedefizit und kulturpolitische Herausforderung für Europa, in: Zeitgeschichte-online, Thema: Die Debatte um den Antisemitismus in den ostmitteleuropäischen EU-Beitrittsländern: Der Fall Ungarn, Januar 2005 hrsg. von Maren Brodersen in Kooperation mit Magdalena Marsovszky, URL: http://www.zeitgeschichte-online.de/zol/_rainbow/documents/pdf/asm_oeu/marsovszky_asm.pdf
[71] József Makkay: Esély a megcsonkított nemzettest felépülésére. Beszélgetés Mikola István volt egészségügyi miniszterrel [Chance für den Aufbau des verstümmelten Volkskörpers. Ein Gespräch mit dem ehemaligen Gesundheitsminister, István Mikola], in: http://www.fidesz.sopron.hu/article_plain.php?id=10053, lokaler Nachrichtendienst der Fidesz/Bürgerlichen Union v. 9.10.2004.
[72] Sarolta Virághalmy, Miklós Halász-Szabó: Fidesz-lista: Orbán az élen, a második Mikola "a nemzet gyógyítója" [Fidesz-Liste: Orbán an der Spitze, zweiter ist Mikola "der Arzt der Nation"], in: http://www.radio.hu/index.php?cikk_id=173773&rid=PWtUTQ==, Internet-Nachrichtendienst des öffentlich-rechtlichen Kossuth Rádios v. 11.3.2006.
[73] Dr. István Mikola, Interview, in: "Mindenki megtapsolt" [Jeder hat mir Beifall geklatscht], in: Népszabadság v. 18.3.2006.
[74] Aus seiner Wahlkampfsrede zit. in: Klubrádió v. 22.3.2006.
[75] wie Anm. 91.
[76] zit. in: Klubrádió v. 13.3.2006.

hagalil.com 20-07-07











 

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