Neuer Comic von Elke Steiner:
Die anderen Mendelssohns
Nach dem hoch gelobten Comic
Rendsburg
Prinzessinstraße hat die aus Bremen stammende Künstlerin mit ihrer
Version der Geschichte um die "schwarzen Schafe" der berühmten Familie
Mendelssohn ein weiteres Comic zur jüdischen Geschichte vorgelegt.
Die Familie ist heute vor allem wegen zwei ihrer
Vertreter berühmt. Zum einen Moses Mendelssohn, Begründer der Haskalah,
der jüdischen Aufklärung. Zum anderen dessen Enkel, der Komponist Felix
Mendelssohn-Bartholdy. Von den übrigen Familienmitgliedern ist so gut
wie nichts bekannt. Ihr Schicksal zeigt die wechselvolle Geschichte, die
wie "ein Mikrokosmos der "deutsch-jüdischen Symbiose" 150 Jahre Berliner
Geschichte" widerspiegelt, wie Jutta Harms in der Einführung schreibt.
Im vorliegenden ersten Band stellt Elke Steiner Moses
Mendelssohns Tochter Dorothea Schlegel (1764-1839) und einen seiner
Enkel, Arnold Mendelssohn (1817-1854), vor.
Dorothea,
geboren als Brendel Mendelssohn, wurde mit dem Kaufmann Simon Veit
verheiratet. Unglücklich in dieser Ehe flüchtete sie sich in
intellektuelle Salonzirkel, wo sie sich in Friedrich Schlegel verliebte.
Brendel nahm einen neuen Namen an, Dorothea, und ließ sich schließlich
scheiden, ein Schritt, der auch den Bruch mit ihrer Familie nach sich
zog. Dorothea und Friedrich lebten in wilder Ehe, schrieben beide und
wurden zum Skandalpaar. Die beiden gingen schließlich nach Paris und
heirateten, nachdem Dorothea zum Christentum konvertierte. Sie konnte
auch ihre beiden Söhne zum Katholizismus bekehren.
Elke Steiner verknüpft diese Geschichte mit einem Besuch
von Dorotheas Neffen Arnold Mendelssohn und lässt dessen Geschichte
teilweise durch sie erzählen.
Arnold
war Mediziner und lebte zeitweise mit dem Sozialistenführer Ferdinand
Lassalle zusammen. In eine Diebstahlaffäre verwickelt wurde Arnold zu
fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Auf Intervention seines Onkels kam er
frei, musste jedoch ins Exil gehen, die preußische Nationalität wurde
ihm aberkannt. Schließlich kam er nach Jerusalem, wo er ein christliches
Hospital gründete, auch Arnold war zum Katholizismus konvertiert. Als
Militärarzt für die Türken nahm er am Krimkrieg teil und starb an Typhus
bei einem Marsch durch das heutige Iran.
Elke Steiner hat die Geschichte dieser beiden
Mendelssohns szenenartig in Bilder übersetzt und damit einen erfrischend
anderen Blick auf die Familiengeschichte der Mendelssohns geschaffen.
Die als "schwarzen Schafe" Angesehenen und nur ungern Erinnerten werden
so zu den Akteuren und stehen symbolhaft für die Komplexität
deutsch-jüdischer Identität nach der Aufklärung.
Und außerdem ist das Buch auch noch ein sehr schöner
Comic. Auf den nächsten Band kann man sich also nur freuen! Er wird Carl
Mendelssohn Bartholdy, Eleonora und Francesco von Mendelssohn
vorstellen.
Bilder zur Vergrößerung bitte anklicken!
al / hagalil.com
31-12-04 |