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Tamar Amar-Dahl:
Moshe Sharett - Diplomatie statt Gewalt.
Der "andere" Gründungsvater Israels und die arabische Welt.

Martin Meidenbauer Verlagsbuchh. 2004
Euro 24,90

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Moshe Sharett:
Diplomatie statt Gewalt

Von Reiner Bernstein
Erschienen bei: http://www.genfer-initiative.de/

Mit der Arbeit von Tamar Amar-Dahl liegt nunmehr in deutscher Sprache eine Schrift über Moshe Sharett vor, der angesichts der politischen Bedeutung David Ben-Gurions und dessen Niederschlägen in der Historiographie fast vergessen ist. Selbst in Israel ist der langjährige Außenminister, der für kurze Zeit auch das Amt des Ministerpräsidenten bekleidete, einer "collective amnesia" anheim gefallen, wie der Jerusalemer Historiker Gabriel Sheffer vor einigen Jahren bemerkt hat. Die Autorin selbst nennt ihn einen der vergessenen Gründungsväter Israels.

Der Dank an die Autorin, deren Arbeit sich auf schwer zugängliche Quellen stützt, wird nicht dadurch gemindert, dass sie exemplarisch einen Teilbereich heraushebt: das Denken und die Politik Sharetts in der "arabischen Frage" zwischen 1949 und 1956. Diese Konzentration bezieht sich insbesondere auf die palästinensischen Flüchtlingswellen seit Ende 1947 und das Verhältnis zu den arabischen Staaten seit den Waffenstillstandsverträgen von Rhodos 1949.

Dabei wird deutlich, dass Sharett weniger in der operativen Auseinandersetzung mit den Gegnern des neuen Staates als in deren moralischen Rechtfertigung ein Problem sah und sich insofern von der „Realpolitik“ Ben-Gurions taktisch und weniger substantiell unterschied. Gleichsam im Vorgriff auf Debatten, die inzwischen alle Verhandlungschancen zwischen Israel und den Palästinensern unter dem Stichwort "Recht auf Rückkehr" belasten, hieß Sharett die demographische "Veränderung" im Zuge des palästinensischen Exodus gut und eine Rückwanderung großen Stils war für ihn ausgeschlossen, ohne aber seine Bedenken zurückzuhalten, dass Israel für den palästinensischen "Holocaust" (dieser Begriff fällt tatsächlich) zur Rechenschaft gezogen werden könnte – und tendiert zu einer Autonomieregelung statt eines Staates für die Palästinenser.

Die zahllosen Konjunktive und Zweifel in seiner politischen Rhetorik – die "innere Stimme" –, welche kritische Reflexionen über den Gang des Zionismus einschließen, unterstreichen die deutliche Überforderung Sharetts in der Tagespolitik. Sie sind dem zupackenden Aktivismus Ben-Gurions nicht gewachsen (selbst wenn dieser die Geschäfte ohne amtliche Legitimation vom fernen Sde Boqer aus zu lenken versucht), der die militärische Gunst der Stunde zur territorialen Erweiterung des Staatsgebietes nutzt und den arabischen Nachbarstaaten seine Agenda aufzuzwingen sucht. Da helfen auch keine Aufforderungen Washingtons zur Zurückhaltung an die Adresse der Regierung in Jerusalem.

Frühzeitig zeichnet sich überdies ab, wie entschlossen hohe Offiziere auf politische Entscheidungsprozesse Einfluss nehmen: Generalstabschef Moshe Dayan etwa hält nichts von der Idee eines Verteidigungspakts mit den USA, weil Israels Stärke unter dem Schirm des Kalten Krieges ohne ein solches Bündnis auskomme.

Die Unterscheidung der Autorin zwischen dem defensiven Ethos Sharetts und dem offensiven Zugriff Ben-Gurions steht freilich auf unsicheren Füßen und ist weiterer Erwägungen wert. Denn die Differenzen mit Ben-Gurion signalisieren weniger zwei grundverschiedene Richtungen in der "arabischen Frage", sondern beide Personen repräsentieren ganz gegensätzliche Charaktere in der israelischen Politik: Während der eine, von allen Widerständen und Einsprüchen unbeirrt, die von ihm definierten Interessen Israels verfolgt, will der andere seine Sorgen vor unliebsamen und feindlichen Reaktionen des Auslands nicht aus den Augen verlieren, obwohl er keine operativen Alternativen zur Regierungspolitik anbietet.

Schon eher trifft die von Amar-Dahl vorgeschlagene Charakteristik Sharetts als Anhänger zivilgesellschaftlichen Denkens mit moralischen Untertönen zu, dem gegenüber sein Widerpart ganz auf etatistisch-machtpolitische Kategorien setzt, denen Selbstzweifel fremd sind. – Es wäre angezeigt gewesen, wenn der Verlag die Autorin vorgestellt hätte. So erfahren wir leider nichts über ihre wissenschaftliche Vita.

hagalil.com 31-03-05











 

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