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Gadi Blum, Nir Hefez:
Ariel Scharon
Die Biographie

Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 2006
Euro 25,00

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Neue Biografie:
Machtmensch Ariel Scharon

Von Ralf Balke

"Ich höre, Sie sind der gefährlichste Mann im Nahen Osten." Mit diesen Worten empfing einst in den siebziger Jahren Henry Kissinger bei einem Treffen Ariel Scharon. Dem ehemaligen israelischen Ministerpräsidenten eilte offenbar schon damals der Ruf eines unberechenbaren Haudegens voraus – so die beiden Journalisten Gadi Blum und Nir Hefez in ihrer aktuellen Scharon-Biographie.

Ob man nun die Meinung des US-Außenministers teilt oder nicht, zweifelsohne zählt er genau wie David Ben Gurion, Anwar as-Sadat oder Jitzhak Rabin zu den großen Männern, die den Nahen Osten nachhaltig ihren Stempel aufgedrückt hatten. Doch im Unterschied zu diesen polarisierte er wie kaum eine andere politische Figur die Gemüter in Israel wie auch in der übrigen Welt.

Für seine Gegner war er die Skrupellosigkeit in Person, der Verantwortliche für die Massaker in den Beiruter Flüchtlingslagern Sabra und Schatila, für seine Bewunderer dagegen galt er als der unermüdliche Kämpfer, der sich Zeit seines Lebens für die Sicherheit des Staates Israel eingesetzt hatte.

Detailliert skizzieren die beiden Autoren alle Stationen seiner militärischen und politischen Karriere, schildern prägende Ereignisse aus der Kindheit sowie familiäre Schicksalsschläge. Insbesondere die Atmosphäre im Moschav Kfar Malal, wo er in den zwanziger und dreißiger Jahren aufwuchs, sollte ihn wohl maßgeblich beeinflussen, denn seine Eltern standen damals im Dauerclinch mit der Dorfgemeinschaft, zeigten sie doch wenig Bereitschaft, sich den kollektivistischen Regeln zu unterwerfen. "Für Arik waren die Fronten klar: er und seine Familie gegen den Rest der Welt." Irgendwie sollte dies wohl zum Motto für seine spätere Laufbahn werden.

Blum und Hefez arbeiten zahlreiche Grundzüge des Charakters und des politischen Handelns Ariel Scharons heraus, die sich wie ein roter Faden durch seine Vita zogen. Da ist das hohe Maß an Rücksichtslosigkeit zu nennen, die Schwierigkeit Autoritäten anzuerkennen sowie ein recht flexibler Umgang mit der Wahrheit. "Wenn er nicht mehr gewohnheitsmäßig lügen würde, wäre er ein außerordentlicher militärischer Führer", schrieb einmal sein Mentor Ben Gurion entnervt ins Tagebuch.

Bereits als Kommandeur der legendären Zahal-Einheit 101 fiel er in den fünfziger Jahren seinen Vorgesetzten durch Einsätze auf, die zwar tollkühn und spektakulär waren, aber auch unter den eigenen Leuten einen hohen Blutzoll forderten. Gleichzeitig konnte er Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um etwa in Gefangenschaft geratene Soldaten seiner Einheit zu befreien. Und schon damals legte er ein Verhalten an den Tag, dass für ihn zum Grundmuster werden sollte: "Er tat so, als hätte er das militärische Rad neu erfunden, setzte sich über zahlreiche Instanzen der strengen militärischen Befehlskette hinweg und wandte sich direkt an den Generalstabschef und den Verteidigungsminister, um seine Methoden durchzusetzen."

Auffällig an Ariel Scharons Karriere ist aber auch die gehörige Portion Pragmatismus, mit der er Freund und Feind gleichermaßen immer wieder zu überraschen vermochte. So war er zwar die treibende Kraft hinter dem israelischen Siedlungsprogramm in den besetzten Gebieten, betrieb aber mit dem gleichen Elan auch wieder ihre Auflösung, wenn er andere Prioritäten sah.

Bereits 1982 sorgte Scharon dafür, dass die israelischen Siedlungen auf der Sinai-Halbinsel abgerissen wurden - schließlich ging es um den Frieden mit Ägypten. Und 2005 setzte er den vollständigen Rückzug aus dem Gaza-Streifen durch, hoffte er doch so eine neue Ausgangsposition in den Verhandlungen mit den Palästinensern zu schaffen. So mancher seiner Anhänger aus der Siedlerbewegung, der einmal vor Begeisterung "Arik, König Israel" gerufen hat, blieb angesichts solcher Schritte die Luft weg, und friedensbewegete Israelis, für die Ariel Scharon früher einmal die Inkarnation des Bösen war, konnten sich plötzlich für ihn erwärmen.

So lautet denn auch das Fazit der Biographie: Ariel Scharon liebte die Macht, ein Ideologe jedoch war er nicht wirklich. In seinen Zeiten als Oppositionspolitiker konnte er die extremsten Positionen vertreten, in dem Moment aber, in dem er politische Verantwortung trug, tat er aber oftmals das Gegenteil. Genau das macht das Rätsel Ariel Scharon aus, genau deshalb ging von seiner Person immer eine große Faszination aus.

Gadi Blum und Nir Hefez gelingt es, ein Porträt Ariel Scharons zu zeichnen, das all diesem Rechnung trägt und geradezu Shakespeare'sche Züge trägt: Zum einen hochtalentiert und voll visionärer Kraft, trotzdem aber mit menschlichen Fehlern zuhauf, brutal und in Sachen Intrige ein wahrer Meister. All das zeigen die beiden Autoren, ohne dabei eine Dämonisierung oder Heroisierung zu betreiben und das ist die eigentliche Leistung des Buches. Zudem vermitteln sie einen hervorragenden Eindruck darüber, nach welchen Spielregeln Politik in Israel funktioniert.

Etwas irritierend jedoch ist die Tatsache, dass die beiden Autoren es nicht für nötig hielten, mit Ariel Scharon einmal ein persönliches Gespräch zu suchen. Offen bleibt zudem die Frage nach dem politischen Erbe Ariel Scharons: Wird man sich an ihn einmal nur deshalb erinnern, weil er Israel 1982 in das Desaster des Libanon-Krieges geführt hatte, oder aber, weil Scharon derjenige war, der Siedlungen im Gaza-Streifen und der Westbank aufgab und somit die Rahmenbedingungen für einen Frieden mit den Palästinensern schuf?

hagalil.com 17-01-07











 

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