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Hans Schafranek, Johannes Tuchel (Hg.):
Krieg im Äther
Widerstand und Spionage im Zweiten Weltkrieg

Picus Verlag, Wien, 2004
Euro 26,90

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Krieg im Äther:
Widerstand und Spionage im Zweiten Weltkrieg

Rezension von Karl Pfeifer

Spionagethriller kommen, wenn sie gut geschrieben sind, auf die Bestsellerlisten und werden manchmal verfilmt. Wissenschaftler, die ihre Arbeiten gestützt auf Dokumente verfassten, legen in diesem Sammelband wirklich spannende Arbeiten vor, die sich zum Teil wie die oben erwähnten Bestseller lesen. Doch es geht hier nicht nur um interessante Geschichten, sondern auch um einen neuen Blick auf die Zeitgeschichte, der erst durch den Zusammenbruch des "realen Sozialismus" und der Öffnung seiner Archive möglich wurde.

Heute scheint uns die Frage, ob es denn gerechtfertigt war, als Deutscher oder Österreicher mit ausländischen Mächten zusammenzuarbeiten, um zum Sturz des Nationalsozialismus einen Beitrag zu leisten, überflüssig. Doch man überlege sich welche Überwindung es einem monarchistischen oder konservativen Offizier gekostet haben muss, "gegen sein eigenes Land" tätig zu werden. Heute zweifelt – außer den Rechtsextremen – niemand mehr, dass diese Zusammenarbeit nicht nur legitim, sondern in manchen Fällen auch kriegsverkürzend und so Menschen rettend war.

Aus den Beiträgen wird aber auch klar, dass nicht nur die Sowjetunion gravierende Fehler beim Einsatz ihrer Agenten machte, sondern auch die britischen Dienste nicht immer so brillant gewirkt haben, wie uns das Filme und Bücher weismachen wollen.

Welche Gefahr es für einen aus Österreich geflüchteten Juden, für einen niederländischen Kaufmann oder einen  desertierten Wehrmachtsangehörigen bedeutete als Fallschirmspringer in seiner Heimat eingesetzt zu werden, kann man sich heute schwer vorstellen und doch gab es Antifaschisten und Patrioten die dazu bereit waren, oft auch ihr Leben dabei verloren.

In diesem Sammelband wird auch das Wirken der deutschen Nachrichtendienste anhand der neuesten Erkenntnisse beleuchtet.

Der einleitende Text von Peter Steinbach (Karlsruhe) setzt sich kritisch mit jenen langlebigen Tendenzen in der geschichtswissenschaftlichen Forschung auseinander, die den von außen – d.h. aus dem Exil oder den Alliierten Kriegsgefangenenlager – geführten Kampf gegen das NS-Regime aus der Gesamtgeschichte des Widerstandes auszugrenzen versuchten., was häufig mit massiven politischen Diffamierungen einherging und eine stark verzerrte, teil von den Feindbildprojektionen des Kalten Krieges aufgeladene Optik schuf.

Etwas mehr als die Hälfte der Beiträge beschäftigt sich mit den Aktivitäten der sowjetischen Nachrichtendienste in verschiedenen europäischen Ländern während der Kriegsjahre.

Besonders spannungsvoll ist der Beitrag von Peter Huber (Genf), der sich befasst mit der wichtigen Funktion, welche die Schweiz bereits vor dem Zweiten Weltkrieg im strategischen Kalkül verschiedener Apparate der Komintern und des NKWD sowie des GRU (Militäraufklärung) innehatte.

Er schildert den Fall des konservativ katholischen deutschen Emigranten Rudolf Rössler, der während des Zweiten Weltkrieges mit dem sowjetischen Geheimdienst zusammenarbeitete und sein tragisches Schicksal nach dem Zweiten Weltkrieg.

Peter Erler (Berlin) geht den abenteuerlichen Schicksalen deutscher Kommunisten nach, die in den dreißiger Jahren und im Zweiten Weltkrieg in China bzw. Persien als Agenten der sowjetischen Geheimdienste operierten.

Ein zweiter Schwerpunkt des Buches besteht in der exemplarischen Untersuchung nachrichtendienstlicher Strukturen des NS-Regimes und der Bekämpfung verschiedener Widerstandsbewegungen.

Wolfgang Neugebauer (Wien) der einen Überblick zur Struktur, Tätigkeit und Effizienz des NS-Systems in Österreich präsentiert wirft ein neues Licht auf manche Probleme der Zeitgeschichte, zum Beispiel auf die Behauptung, dass angeblich Österreicher über ihren Prozentsatz im Deutschen Reich bei dem Massenmord an Juden tätig waren, er erklärt auch warum nach dem „Anschluss“ es zu solchen judenfeindlichen Ausschreitungen gerade in Österreich kam.

Die Verflechtung von Spionage- und Widerstandsaktivitäten in den besetzten Niederlanden analysiert Hans Schafranek (Wien) in seinem Aufsatz über das sogenannte "Englandspiel", bei dem es der Abwehr und Sicherheitspolizei Den Haag gelang, mittels entschlüsselter Funkcodes im Namen gefangener niederländischer Agenten zwei Jahre hindurch zahlreiche "Funkspiele" mit der SOE (britischer Geheimdienst) durchzuführen und viele weitere Funk- und Fallschirmagenten zu ergreifen.

Ich habe diesen Sammelband, an dem 14 Autoren mitgewirkt haben, fasziniert gelesen und kann ihm nur eine möglichst weite Verbreitung wünschen.

hagalil.com 22-03-04











 

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