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Andrei S. Markovits:
Amerika, dich haßt sich's besser.  Antiamerikanismus und Antisemitismus in Europa
konkret Verlag 2004
Euro 15,00

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Zwillinge:
Antiamerikanismus und Antisemitismus

Eine Rezension von Karl Pfeifer

In der Regel kauft ein Rezensent keine Bücher. Doch in diesem Fall habe ich es getan, denn ich hatte vor ein paar Jahren eine kleine Auseinandersetzung mit dem Autor anlässlich einer Podiumsdiskussion mit Daniel Jonah Goldhagen in Potsdam, der Serbien im Jahr 1999 mit Deutschland im Jahr 1939 verglich. Andrei S. Markovits war der Moderator und seine Sympathien waren bei Goldhagen. Hätte ich gewusst, dass mir dieses Buch sehr gefallen wird, so hätte ich mir die Kosten ersparen können. Aber ehrliche Rezensenten wissen bevor sie ein Buch lesen nie, ob es ihnen gefällt.

Markovits 1948 in Rumänien geboren, in Wien in die Schule gegangen, lehrt Politikwissenschaft an der University of Michigan in Ann Arbor und kritisiert unvoreingenommen den heute in Europa salonfähigen Antiamerikanismus. Markovits der kein blauäugiger Verteidiger der USA ist, zitiert die Definition von Paul Hollander: "Antiamerikanismus ist die Anfälligkeit für Feindseligkeit den Vereinigten Staaten und der amerikanischen Gesellschaft gegenüber, ein unbarmherzig kritischer Impuls gegenüber amerikanischen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Institutionen, Traditionen und Werten; er geht einher mit einer Aversion gegen amerikanische Kultur und ihren Einfluss im Ausland, verachtet häufig den amerikanischen Nationalcharakter (oder was dafür gehalten wird), mag amerikanische Menschen, Stile, Verhalten, Kleidung usw. nicht, lehnt die amerikanische Außenpolitik ab und ist fest davon überzeugt, dass amerikanischer Einfluss und amerikanische Präsenz wo auch immer auf der Welt schlecht sind."

Markovits dokumentiert was wir schon längst erfahren haben, den "Antiamerikanismus als europäische Lingua franca" und kann nicht akzeptieren wenn Antiamerikaner einen Amerikaner als Kronzeugen für die Richtigkeit ihrer Behauptungen nehmen. "Tatsächlich können Amerikaner antiamerikanisch sein, und viele sind das auch, so wie Juden antisemitisch, Frauen frauenfeindlich und Schwarze rassistische sein können." Er berichtet auch über den Erfolg der Michel Moore Bücher und Filme, der in Europa größer ist als in den USA: "CSU-Wähler erfreuen sich an seinen Filmen und Büchern genauso, wie radikale Linke".

In einem eigenen Kapitel beleuchtet Markovits die Geschichte des europäischen Antiamerikanismus. Da darf natürlich Karl May und seine Idealisierung des "Noblen Wilden" nicht fehlen. Aber auch Intellektuelle pflegten die antiamerikanische Tradition lange vor den Nazis, die auch nicht die ersten waren, denen es gelang den Antiamerikanismus mit Antisemitismus zu verbinden. Die Nationalsozialisten befürchteten, dass der amerikanische Lebensstil siegen werde. Als Rezept empfahlen sie im "Schwarzen Korps" die radikale Ausmerzung: "Es ist sinnlos, den Amerikanismus mit unpolitischen Mitteln als unpolitische, etwa als lediglich sittlich-kulturelle Entartungserscheinung zu bekämpfen. Er ist aber bereits überwunden, wenn man seine Wurzeln ausgräbt und an ihnen das unverkennbare Signum 'Made in Israel' findet."

Eine Ironie der Geschichte, dass heute Rechtsextremisten und linke "Antiimperialisten" eine gemeinsame antiamerikanische Querfront bilden. Markovits weist darauf hin, dass viele Linke früher große Sympathien für die USA hegten.

Im Kapitel "Amerikanisierung" als westeuropäisches Pejorativ hält er die amerikanische Realität den Vorurteilen gegenüber. Das Kapitel "Zwillingsbrüder: Europäischer Antisemitismus und Antiamerikanismus" ist besonders instruktiv. Mit Recht prangert Markovits an, "die Großzügigkeit, mit der viele europäische – und auch amerikanische – Linksintellektuelle Antisemitismus und antisemitische Übergriffe heute bagatellisieren."

Im letzten mit Lars Rensmann geschriebenen Kapitel setzt er sich mit "Antiamerikanismus und 'Europatümelei' im Prozess europäischer Vereinigung" auseinander und resümiert pessimistisch: "Mit Massenbasis ausgerüstet und mit der bereits erwähnten Kongruenz zwischen Eliten- und Massenmeinung ausgestattet, könnte der Antiamerikanismus zum ersten Mal in seiner lang währenden europäischen Geschichte zu einer machtvollen politischen Kraft werden, die weit über jene Ambivalenzen, Antipathien und Ressentiments der Eliten hinausgeht, wie sie spätestens seit dem 5. Juli 1776 das geistige Leben Europas immer mit geprägt haben."

Das mit Witz und Verve geschriebene Buch ist besonders all jenen empfohlen, die wissen wollen warum die Aversion gegen Amerika immer lauter wird und die Westeuropäer inzwischen mehr eint als jede andere politische Emotion – die gemeinsame Antipathie gegen Israel ausgenommen.

hagalil.com 14-02-05











 

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