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Wolfgang Kraushaar:
Die Bombe im Jüdischen Gemeindehaus
Hamburger Edition 2005
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Der Feind Israel:
"Es gab Antisemitismus bei militanten Linken"
Der Politikwissenschaftler Wolfgang Kraushaar über Israel als Feind subkultureller Linksradikaler und judenfeindliche Züge in der RAF...

Linker Antisemitismus:
Die Bombe im Jüdischen Gemeindehaus

Rezension von Karl Pfeifer

Wolfgang Kraushaar hat akribisch recherchiert, wer am 9. November 1969 eine Bombe in das Jüdische Gemeindehaus Westberlin gelegt hat. Die Geschichte liest sich wie ein Kriminalroman, doch was der Autor beschreibt, ist für manche bis heute nicht akzeptabel. Die Generation von 1968, der man nachsagt, gegen die Eltern und Großeltern aufgrund deren Verhalten im "Dritten Reich" rebelliert zu haben, ist ebenfalls nicht frei von Antisemiten. Freilich definierten sie sich damals als Antifaschisten, Antiimperialisten und Antizionisten.

Aus diesem Dunstkreis kamen sehr verschiedene Personen, wie Bernd Rabehl, der sich erst in den letzten Jahren als Rechtsextemist geoutet hat und Horst Mahler, später Mitbegründer der RAF und inzwischen bekennender Neonazi sowie Dieter Kunzelmann, der die Gruppe anführte, aus der der Bombenleger kam. Die linken Täter haben versucht für diese Tat diverse Geheimdienste verantwortlich zu machen.

Kraushaar legt die Beweise vor, wer an dieser Tat beteiligt war und wie sie ideologisch gerechtfertigt wurde, z.B. durch das Flugblatt der "Schwarzen Ratten" vom 13. November 1969, dessen Titel "Schalom + Napalm" jeden antijüdischen und antiisraelischen Terror rechtfertigt: "Unter dem schuldbewussten Deckmantel der Bewältigung der faschistischen Greueltaten gegen Juden hilft sie entscheidend mit an den faschistischen Greueltaten Israels gegen palästinensische Araber". So die Beschuldigung gegen die westdeutsche Regierungspolitik.

Worauf es ihnen ankam, war es den "Judenknax" zu bekämpfen. Diesen Ausdruck verwendete Kunzelmann, der es sich leicht machte, in seinen Augen war Faschismus gleich Zionismus, Israel gleich "Drittes Reich" und Al-Fatah gleich Antifaschismus.

Für den linken Republikanischen Club kam nur ein Geistesgestörter oder ein Faschist als Täter in Frage, jedenfalls kein Linker. Beate Klarsfeld, die ein Jahr zuvor den ehemaligen Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger auf dem CDU-Parteitag wegen dessen NS-Vergangenheit geohrfeigt hatte, schrieb an die Jüdische Gemeinde: "Das auf die Jüdische Gemeinde Berlin geplante Attentat ist so widerwärtig, daß es die Täter auf die gleiche Stufe stellt wie die SA und SS. Ich und meine Freunde der APO, die wir überzeugt sind, daß es eine gerechte Lösung im Nahen Osten nur geben kann, wenn die Araber die Existenz des Staates Israel anerkennen, erklären uns mit ihnen solidarisch." Offenbar wusste sie nicht, dass die mit der SA und SS auf eine Stufe gestellten unter den Reihen ihrer Freunde von der APO zu finden waren und zwar unter den von Kunzelmann angeführten "Haschrebellen", die sich später zu den Tupamaros von West-Berlin mauserten.

Am Abend des 13. Februar 1970 wurde ein heimtückischer Brandanschlag auf ein jüdisches Altersheim in München verübt, bei dem sieben Insassen getötet und neun verletzt wurden. Kunzelmann scheute sich nicht, Juden, die den Nationalsozialismus überlebt hatten, die Schuld an der Mordaktion in die Schuhe zu schieben. Er behauptete ernsthaft, dass Zionisten die Täter wären, um damit unter den Juden Angst und Schrecken zu verbreiten und sie so zur Einwanderung nach Israel zu verleiten.

Dass es sich bei dem von erheblichen Teilen der Neuen Linken propagierten Antizionismus in Wirklichkeit um einen kaum kaschierten Antisemitismus handelte, wies Kunzelmann empört zurück, als eine "bauernschlaue Lüge der Galinskis und Springerknechte" und "Jeder, der diesen Satz akzeptiert, vertritt den imperialistischen Standpunkt und wird damit für jeden Linken zum Klassenfeind."

Kraushaar zitiert Thomas Haury, der die Strukturprinzipien, die für das Weltbild des modernen Antisemitismus maßgeblich sind nannte, extremer Manichäismus, Personifizierung, Konstruktion einer harmonieträchtigen "Wir-Gemeinschaft" als Gegenpol zu "den Imperialisten", "den Israelis" und "den Juden" und eine "eschatologische Perspektive der Erlösung", eine Utopie die letztlich auf der Vernichtung des Feindes gründet.

Kraushaar hat sich nicht mit einer Schilderung der Aktivitäten dieser Gruppen begnügt, sondern beleuchtet den linken Schuldabwehrantisemitismus sowie die Konstituierung der Stadtguerilla als antisemitischer Akt. Sein Buch schildert zwar die Vergangenheit, bleibt aber dennoch höchst aktuell.

Denn die von ihm geschilderten Phänomene kann man auch heute bei Teilen der Linken wahrnehmen und nicht nur bei ihnen. Wenn ein schwedischer Antisemit, dessen Verbindungen zu Holocaustleugnern offensichtlich sind, in "Kulturzeit" von 3sat auftreten kann und die Verantwortlichen von ihren Chefs gedeckt werden, dann sieht man, wie weit in der Mitte schon diese Haltung des Schuldabwehrantisemitismus salonfähig ist.

Dem Verlag gebührt Dank für dieses Buch, welches das tabuisierte Thema eines linken Antisemitismus behandelt. Wolfgang Kraushaar hat ein spannendes und tiefschürfendes Buch vorgelegt, das natürlich bei vielen Linken Widerspruch erregt, denn "Linke Antisemiten gibt es nicht!" hat ja schon Gerhard Zwerenz ein paar Monate nach der Entführung eines Air-France Flugzeugs nach Entebbe, Uganda postuliert, wo das Mitglied der "Revolutionären Zellen" Wilfried Böse mit seinen palästinensischen Spießgesellen eine Selektion zwischen jüdischen und nichtjüdischen Geiseln durchführte und die Juden wieder einmal für den Tod bestimmt waren.

hagalil.com 10-10-05











 

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