antisemitismus.net / klick-nach-rechts.de / nahost-politik.de / zionismus.info

haGalil onLine - http://www.hagalil.com
     

hagalil.com
Search haGalil

Newsletter abonnieren
 
 
 

 

Grauschleier und Faschismus:
Judenschicksale unter Mussolini

Von Ralf Bachmann
[BESTELLEN?]

Obwohl bis heute dann und wann Meldungen über antisemitische Äußerungen und Handlungen aus Italien zu uns dringen, liegt über der Rassenpolitik unter Mussolini ein eigenartiger Grauschleier. Brutale Judenverfolgung gehörte spätestens seit 1938 zum Alltag im faschistischen Italien. Und doch unterschied sich die Lage der italienischen Juden erheblich von der der deutschen.

Darüber sprach Regine Wagenknecht, Autorin der kommentierten Anthologie »Judenverfolgung in Italien 1938-1945«, in einer lehrreichen und unterhaltsamen Veranstaltung des JKV, die ganz zu Unrecht wenig Aufmerksamkeit fand.

»Es gab viele hilfsbereite italienische Menschen«, sagte sie, »die unter Gefährdung ihres eigenen Lebens Juden halfen..., sogar unter den Beamten, die Befehle und Verordnungen nur lässig ausführten. Ihnen allen haben mehr als 29.000 Juden ihr Leben zu verdanken.« Diese Tatsache hat jedoch auch bewirkt, dass die breite Öffentlichkeit über Jahrzehnte zu Unrecht nur die Erinnerung an den »guten Italiener« pflegte, während das Leid, die Verfolgung und Ermordung der Juden weitgehend verdrängt und verschwiegen wurden.

»Nachdenken über das Geschehene« bezeichnet aber Primo Levi in seinen Erinnerungen an Auschwitz als »die Pflicht eines jeden«. Regine Wagenknecht hat es in ihrem kürzlich im Parthas-Verlag Berlin erschienenen Buch in sorgfältiger Arbeit unternommen, die verschiedenen Etappen der judenfeindlichen Politik Mussolinis anhand von literarischen und dokumentarischen Selbstzeugnissen Überlebender, teilweise erstmalig in deutscher Sprache veröffentlicht, detailliert zu beleuchten.

Sie las aus mehreren Kapiteln, die dem geschichtlichen Ablauf folgend, mit Ausgrenzung, Internierung, Flucht, Deportation und Danach überschrieben sind. Im Buch ist jedem Abschnitt eine kommentierende Einführung vorangestellt, was dem Leser beim Facettenreichtum der individuellen Schicksale die Einordnung erleichtert. Ob die deshalb erfolgte Zertrennung einiger längere Zeiträume überspannender Texte vor allem bei den Romanpassagen nicht auf Kosten der emotionalen Wirkung geschah, ist eine andere Frage.

In ihrem Text wie in der lebhaften Diskussion, die sich der Lesung anschloss, ließ die Autorin dankenswerterweise bei allem Bemühen um historische Korrektheit genügend Raum auch für die Tragik des Einzelfalls, für bewegende Details. Man legt das Buch mit einer Mischung von Trauer und Optimismus aus der Hand: Den Tränen über das Leid steht die Hoffnung gegenüber, die aus der Fülle guter Taten der Mitmenschen gespeist wird.

Mehrere Fragen und Antworten bezogen sich gerade angesichts der jüngsten Neonaziskandale in Sachsen, Berlin und Brandenburg auf Texte im Schlussteil. Die zum Teil vor vielen Jahren ausgesprochenen Warnungen und Appelle der Überlebenden wegen der Gleichgültigkeit vieler Zeitgenossen, wegen der zunehmenden Zahl von Schoah-Leugnern in Italien, wegen der Koalition Berlusconis mit der von Exfaschisten gegründeten MSI (heute Alianza Nazionale) haben wieder beklemmende Aktualität gewonnen. Er fühle seit einiger Zeit erneut »den Schauder vergangener Tage« schreibt Aldo Zargani 1995 in seinen Erinnerungen. Es scheine fast, »als bestehe die Zivilisation aus einer dünnen Folie, unter der die barbarischen Schichten der Vergangenheit weiter Druck ausüben«.

Lange zuvor hatte Primo Levi (1919-1987) sich und anderen die Frage beantwortet, was zu geschehen hat, wenn der Faschismus, vielleicht auf leisen Sohlen und unter anderem Namen, wiederkehrt: »Dann helfen weise Ratschläge nichts mehr und es gilt, die Kraft zum Widerstand zu finden: Auch dabei kann die Erinnerung an das, was vor gar nicht so langer Zeit im Herzen Europas geschah, Halt und Ermahnung bieten.«

[BESTELLEN?]
Judenverfolgung in Italien 1938-1945
von Regine Wagenknecht

hagalil.com 06-07-2005











 

haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln Meinungen und Kenntnisstand der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.
haGalil onLine

[Impressum]
Kontakt: hagalil@hagalil.com
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2014 © haGalil onLine® bzw. den angeg. Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved

ehem. IDPS (Israeli Data Presenting Services) Kirjath haJowel, Jerusalem