Klaus Holz:
Die Gegenwart des Antisemitismus
Islamistische, demokratische und antizionistische Judenfeindschaft
Hamburger Edition 2005
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Holz:
Die Gegenwart des
Antisemitismus
Klaus Holz, Leiter des Evangelischen
Studienwerkes e.V. Villigst, hat ein Taschenbuch über die Gegenwart des
Antisemitismus vorgelegt, das lediglich einen großen Vorteil hat, es
umfasst nur 112 kleinformatige Seiten... |
Islamischer Antisemitismus:
Schuld ist immer der Dritte
Der islamische Antisemitismus ist aus
Europa importiert - als "moderne Weltanschauung mit antimoderner
Stoßrichtung". Das belegt eine Studie des renommierten Soziologen Klaus Holz
Von Michael Kiefer
Der Antisemitismus in islamisch geprägten
Gesellschaften hat ein bestürzendes Ausmaß angenommen. Das zeigen nicht nur
die jüngsten antisemitischen Ausfälle des iranischen Präsidenten
Ahmadinedschad oder eine mit Antisemitismen gespickte Rede des früheren
malaysischen Ministerpräsidenten Mahathir von 2003. Auch die schier
unerträgliche antisemitische Propaganda der arabischen und iranischen Medien
beweist das seit Jahren.
Zudem ist Besorgnis erregend, dass die in Internet und Satellitenfernsehen
verbreitete antisemitische Propaganda mittlerweile die in Europa lebenden
muslimischen Migranten in großer Zahl erreicht. Diese Hetzereien bleiben
nicht folgenlos. Zahlreiche antisemitische Straftaten in Belgien, Frankreich
und Großbritannien rechnet die Polizei migrantischen Jugendlichen zu, die
meist arabischer Herkunft sind.
Wissenschaftliche Studien zu diesem relativ neuen Phänomen liegen derzeit
noch nicht vor. Stattdessen erschien in den letzten drei Jahren eine Reihe
publizistischer Schnellschüsse. Jene meist undifferenzierten und
monokausalen Darstellungen verorten die Hauptursache des Antisemitismus im
kulturell-religiösen Hintergrund der migrantischen Jugendlichen und der
islamischen Minderheiten. Die Grundbotschaft solchen Schrifttums ist meist
schlicht gestrickt. Der Islam sei das eigentliche Problem, und man habe es
folglich mit einem muslimischen oder islamischen Antisemitismus zu tun.
Eine neue Studie des renommierten Antisemitismusforschers und Soziologen
Klaus Holz zeigt nun auf: Diese Terminologie, die einen originären
islamischen Antisemitismus behauptet, ist wissenschaftlich nicht haltbar.
Holz legt in seiner Studie überzeugend dar, dass alle Formen des
gegenwärtigen Antisemitismus - die islamistische, demokratische und
antizionistische Judenfeindschaft - über die gleichen semantischen
Strukturen verfügen. Gerade für den Antisemitismus in den islamischen
Gesellschaften bedeutet das: Er ist in allen wesentlichen Aspekten ein
Export aus Europa. Der moderne europäische Antisemitismus musste lediglich
an eine islamistische Semantik angepasst werden, was keine grundlegenden
Veränderungen erforderte.
Nach Holz lässt sich diese These sowohl historisch als auch systematisch
belegen. Die Geschichte des Antisemitismus in der islamischen Welt
unterteilt Holz in drei Entwicklungsphasen, "eine frühe, am deutschen
Nationalismus und Nationalsozialismus orientierte, eine am sowjetischen
Sozialismus und Antizionismus ausgerichtete und eine islamistische Phase".
Zu allen Phasen bietet Holz einen kurz gefassten historischen Überblick, der
im Wesentlichen zeigt, wie sich ab dem Beginn des 20. Jahrhunderts aus
Europa stammende antisemitische Stereotype in der islamischen Welt
verbreiteten. Das eigentliche Glanzstück der Studie ist jedoch die Struktur-
und Merkmalanalyse des islamistischen Antisemitismus. In den Kapiteln
"Gemeinschaft und Gesellschaft", "Macht und Verschwörung", "Die Figur des
Dritten" und "Nation und Religion" führt Holz mit außerordentlicher
Sachkenntnis den Nachweis, dass der islamistische Antisemitismus in allen
wesentlichen Aspekten eine in Europa präfigurierte "moderne Weltanschauung
mit antimoderner Stoßrichtung" ist.
Besonders gelungen ist das Kapitel "Die Figur des Dritten", in dem der Autor
die dreigliedrige Struktur des islamistischen Antisemitismus darlegt. Wie
auch in den nationalistischen Varianten des Antisemitismus erscheint "der
Jude" in der Weltsicht der Islamisten durchgehend als "Dritter", der die
partikularen Identitäten bedroht, indem er die binäre Unterscheidung
zwischen uns und den anderen zersetzt.
Neben den skizzierten Ausführungen zum islamistischen Antisemitismus bietet
der Band zwei weitere ausführliche Kapitel zum "antizionistischen" und
"demokratischen Antisemitismus". Einziger Schwachpunkt ist hier die
Terminologie. Die Bezeichnung "demokratischer Antisemitismus" ist unpassend
und irreführend. Doch dies ist nur ein kleiner Schönheitsfehler.
Abdruck mit freundlicher Genehmigung der
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02-04-06 |