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Kerstin Höckel:
Wie kannst Du so fest glauben
Meine Schwester, der Gott der Juden und ich

Piper Verlag 2007
Euro 18,00

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Wie kannst Du so fest glauben:
Meine Schwester, der Gott der Juden und ich

Claudia, Paul, Kerstin und ihr Zwillingsbruder Hugo leben mit den Eltern, einem Lehrerehepaar, in einer deutschen Kreisstadt. Eine Familie, die sich "einmal im Monat zu demokratischen Familienkonferenzen im Esszimmer traf, um abzustimmen, wer den Rasen mäht, wer die Spülmaschine einräumt, Schnee schippt, wer die Hunde ausführt uns so weiter."

Die Kinder gehen aufs Gymnasium, Claudia macht Abitur und fährt mit einer Gruppe von Jugendlichen nach Israel. "Danach war alles anders." Sie kam braungebrannt und blondgesonnt zurück - und verliebt. Verliebt in Ben aus Haifa, Sohn deutscher Christen, die in Haifa ein Heim für behinderte Kinder betreiben. Claudia fährt wieder nach Israel, Ben kommt zu Besuch, die Eltern besorgen ihm eine Lehrstelle als Tischler und richten dem jungen Paar eine kleine Wohnung unterm Dach in ihrem Haus ein. Eine tolerante Familie - im Gegensatz zu Ben – "er duldete Claudias deutsche Familie lediglich als Blindarm des Universums seiner Freundin. Ballast, wir lieferten keine Symptome, wegen deren man uns aus ihrem Leben hätte entfernen müssen, also arrangierte er sich mit uns, solange es nötig war. Derweil trampelte er auf unseren Gefühlen rum, um seinen Standpunkt zu klären. Er war nicht von hier, er war von dort, Personalausweis hin und her."

Ben ist fanatischer Israelliebhaber, wartet sehnsüchtig auf den israelischen Pass und auf den Eintritt in die Armee: "Seine Stimme erhob sich salbungsvoll, wenn er über Jerusalem dozierte, wo der Tempel gestanden hatte, sie überschlug sich, wenn er die Verlogenheit der Araber beschrieb, ihren Haß auf die rechtmäßigen, gottgewollten Mitbewohner, ihre Faulheit, ihren Neid auf die Errungenschaften der Juden. Ich wunderte mich, wie leicht ihm das Wort Jude über die Lippen ging, errötete, wenn ich es auszusprechen versuchte oder das Aussprechen umschiffte. Das Wort Jude wecket bei mir diese schwarzweißen Bilder von bis auf die Haupt über den Rippen abgemagerten KZ-Häftlingen vor Stacheldraht…….und sagte nichts, außer, dass ich zu feige war, Jude zusagen, Jude Jude Jude, weil ich einen Teil der jüdischen Geschichte nachträglich mitzuverantworten hatte ".

Claudia lernt hebräisch, bald hört man aus der Dachbodenwohnung nur fremdartige Laute, das Paar hört auf, mit der übrigen Familie zu essen – sie kochen und essen streng koscher. Ben verkündet unerwartet, dass er und Claudia heiraten (der Vater ist schockiert und verletzt, er wurde nicht um die Hand seiner Tochter gefragt, wie er es erwartet hätte), nach Israel ziehen und konvertieren werden.

Aus Claudia wird Sara, eine ultra-orthodoxe Jüdin, ihre Röcke werden lang, die Beine mit blickdichten Strümpfen bedeckt, die Haare mit einem Tuch. Sara und Ben leben zuerst in Haifa, bekommen Kinder, fünf, Tendenz steigend, sie beschließen in eine Siedlung im Westjordanland zu ziehen, also ins besetzte Gebiet, ins "Streifenland", wie Kerstin es nennt (weil diese Gebiete auf den Landkarten schraffiert dargestellt werden). Aus Sara wird eine orthodoxe Siedlerin.

Kerstin wird Schauspielerin und endlich bekommt sie die Rolle, mit der sie ihre Neffen glücklich machen möchte: Pippi Langstrumpf: "Im Spätherbst stand wieder eines dieser Großfamilienfeste an, runder Geburtstag, die Eltern spendierten Flugtickets für unsere Israelis. Ich probte gerade Pippi Langstrumpf und sprang im Quadrat vor Vorfreude in den Riesenschuhen. Pippi und mich malten sich das Spektakel aus, wie ich Elieser und Schimon (die Neffen) aus dem Zuschauerraum auf die Bühne bitte würde, nachdem ich die Räuber vertrieben hatte. Am Telefon erklärte mir die Schwester, dass sie nicht ins Theater kommen könnten. Tut mir leid, Kleines, unser Rabbi hält es für besser. Was hat euer Rabbi damit zu tun, wenn deine Schwester die Lieblingsheldin aller Kinder verkörpert, na ja, sie ist so unverschämt zu allen, zu ihrer Lehrerin, den Polizisten, zur Obrigkeit, überhaupt, wenn die Kinder sehen, dass ihre Tante dahinter steckt, dann denken sie, das sei so in Ordnung und dann ist unsere ganze Erziehung im Eimer."

Die Mutter fährt öfters nach Israel, um die Enkel zu besuchen, Kerstin beschließt, mitzukommen. Um diese Reise ist das ganze Buch aufgebaut, Kerstin ist in "Streifenland" bei der Schwester und erinnert sich zurück, an die Kindheit, an die Verwandlung der Schwester, an den eigenen privaten und beruflichen Weg, an das langsame Herantasten der Familie an die sich entfremdende Tochter, an die Enkelkinder, bzw. Neffen und Nichten.. Sie passt sich während des Besuchs der Lebensweise der Schwester an – in der Kleidung, in den Bewegungen, im Umgang mit den Neffen.

Nur ein einziges mal kommen sich die Schwestern wieder sehr nahe, fast so, wie früher – sie zwei mit dem Baby fahren nach Tel Aviv ans Meer, an den orthodoxen Strand, an einem Frauenbadetag. Es ist ein vergnügter Tag und Sara ist wieder die große Schwester. Bis zum Tor in die Siedlung. "Ich hatte die Rolle der orthodoxen Jüdin beinahe widerstandslos inhaliert, auf die Schnelle war mir vieles lieb geworden, der Respekt vor dem anderen Geschlecht, die seltenen Berührungen, Unantastbarkeit der Körper, die Bedeutung einer Umarmung, bei aufrechten Gang der gesenkte Blick, der irgendwann automatisch nach innen zu schauen beginnt. Ich hatte mich frei gefühlt auf den Straßen, wo mich kaum jemand beachtete, wo ich erst gar nicht auf die Idee kam, ich müsste ein Ereignis sein, und dennoch eine federleichte Aura mit mir herumtrug. Die Erotik, die bisweilen in der Luft gelegen hatte trotz der Verkleidung, wurde nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt und umgehend verspielt, sie blieb beherrscht, gezähmt durch die Gebote. Meine Neugier auf Handgelenke und Hälse, zaghaftes Erahnen eines Körpers unter der Verhüllung, die Phantasie hat ganz andere Möglichkeiten in Sachen Körperbau als die Natur. Wie verheißungsvoll eine bestrumpfte Fessel sich biegen konnte, wie entzückend eine von der Hausarbeit verschwitzte Nackenpartie. Kein Fernsehprogramm, keine Frauenzeitschriften, auf öffentlichen Werbetafeln an den Siedlungsmauern nur Schriftzeichen, die ich nicht zu deuten vermochte, Gott in allen Dingen, seine ständige Anwesenheit in Bewegungen, Gesten, Buchstaben, Speisen, Ritualen, auf allen Wegen."

Kerstin Höckel hat ein lebendiges, bewegendes Buch über Verständnis und Unverständnis, über den privaten Nahost-Konflikt zweier jungen Frauen, eine vergnügt-ernste Auseinandersetzung mit dem Thema Glauben, eine deutsche Familiengeschichte von heute, spannend und witzig geschrieben.

"Ich zücke die Postkarte, die ich im Wandständer vor dem Damen-WC gefunden habe. Was will ich dir sagen. Sara, Claudia. Eine Schwester ist eine Schwester. Eigentlich ist alles beim alten. Und auch wieder nicht. Schalom Schwesterherz…"

hagalil.com 05-09-07











 

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