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Reprint des Philo-Atlas von 1938:
Handbuch für die jüdische Auswanderung

Andrea Übelhack


Philo-Atlas. Handbuch für die jüdische Auswanderung
Reprint der Ausgabe von 1938. Mit einem Vorwort von Susanne Urban-Fahr.
Philo Verlag 1998
Euro 25

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"Was kann der Philo-Atlas, ein lexikalisches Werk, das 1938 in Deutschland kurz nach den Novemberpogromen als letztes Buch eines jüdischen Verlages erschien, heute seinen Lesern vermitteln?" Die ausführliche Einleitung von Susanne Urban-Fahr im Reprint des Handbuches, das sie im wiedergegründeten Philo-Verlag herausgegeben hat, beantwortet diese Frage ausführlich. Der Atlas zeigt, in sachlichen Stichwörtern versteckt, die Sorgen und Zukunftsängste, die Versuche und Schwierigkeiten deutscher Juden bei der Auswanderung. "Wer dieses Handbuch heute genau liest, von Stichwort zu Stichwort blättert, wird den Mythos in sich zusammenbrechen sehen, daß die deutschen Juden Ausgrenzung und Verfolgung quasi passiv haben über sich ergehen lassen."

Der Atlas bot für viele deutsche Juden die erste Quelle für wichtige Basisinformationen. Da nicht alle Auswanderer nach Palästina wollten, listet der Atlas unterschiedliche Länder mit ihren Details auf, daneben Einreise-, Visa- und Zollbestimmungen, typische Krankheiten, Landeswährungen, jüdische Organisationen und Rechtsbestimmungen. Der Atlas erschien im Dezember 1938, also einen Monat nach den Novemberpogromen. Auch die Herausgeber im Philo-Verlag, die lange Zeit davon überzeugt waren, dass der Nationalsozialismus lediglich eine vorübergehende Erscheinung sei, mussten mittlerweile die Auswanderung als letzte Möglichkeit in Betracht ziehen. Der Atlas ist vom Pragmatismus dieser Stunde geprägt.

Das "Handbuch für die jüdische Auswanderung" ist das dritte in einer Reihe von Philo-Lexikas. Bereits 1934 erschien das "Handbuch des jüdischen Wissens", das bis Ende 1937 viermal neu aufgelegt wurde. 1936 folgte das "Philo Zitaten-Lexikon. Worte von Juden – Worte für Juden". Der Philo-Atlas war schließlich das letzte Buch, das von einem jüdischen Verlag veröffentlicht wurde, zum 31. Dezember 1938 wurden endgültig alle Aktivitäten des jüdischen Verlagswesens gewaltsam eingestellt. Der Centralverein sowie der Hilfsverein der Juden in Deutschland hatten bei der Konzeption des Handbuches mitgearbeitet. Susanne Urban-Fahr gibt in der Einleitung auch einen Überblick über die Geschichte des Philo Verlages, der 1919 unter dem Dach des Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens gegründet wurde.

Insgesamt bot der Philo-Atlas für 3,85 Reichsmark über 800 Stichwörter, 19 farbige Landkarten, sowie Tabellen zu Einwohnerzahlen, jüdischen Gemeinden, Telefon- und Briefgebühren, Lebenshaltungskosten in Übersee und mehr. Das Reprint wird durch die ausführliche Einleitung von Susanne Urban-Fahr ergänzt, die neben der Entstehungs- und Verlagsgeschichte die einzelnen Beteiligten in Kurzbiographien vorstellt.

Im Vorwort des Philo-Atlas selbst heißt es: "Der Philo-Atlas – Nachschlage-, Karten- und Tabellenwerk zugleich – ist in der Reihe der Philo-Lexika ein ausgesprochen zeitbedingtes Speziallexikon. Die jüdische Wanderungsbewegung unserer Tage hat das jüdische Leben völlig umgestaltet und der jüdischen Sozialarbeit einen stark erweiterten Wirkungskreis gegeben. Der einzelne jüdische Mensch steht vor Aufgaben und Entscheidungen, die ein großes Maß zusätzlichen allgemeinen und jüdisches Wissen verlangen. Der Philo-Atlas soll die zahllosen neu entstandenen Fragen beantworten helfen. Er soll ein Informator für den Auswandernden, ein Wegweiser für den Einwandernden und ein Bindeglied zwischen den Menschen draußen und hier sein."

Die Lektüre des Handbuchs aus heutiger Sicht zeigt die Geschichte der deutschen Juden aus einem anderen Blickwinkel, scheinbar sachlich und distanziert. Tatsächlich erwachen aus den Seiten die Ängste und Nöte derjenigen, die sich zur Auswanderung entschließen mußten, die sich überlegen mußten, in welches Land sie flüchten wollten, die fest im deutschen Alltag verwurzelten waren und nichts von der Hakenwurmkrankheit oder Frambösie wußten. Eine Lektüre, die mehr über die Schoah lehren kann als viele Geschichtswerke.

 

Lesebeispiele von A-Z

"Akklimatisierung (Gewöhnung) d. Auswanderers an d. Ò Klima d. Einwanderungslandes hat m. Vorsicht zu geschehen (Ò Hitzschlag, Ò Sonnenstich). – Bes. in trop. u. subtrop. Ländern wichtig, sich an dort übliches. langsameres Arbeitstempo zu gewöhnen. Größere Beanspruchung des Körpers durch Hitze u. Luftfeuchtigkeit würde sonst bald zu völliger Erschlaffung führen. Vermeidung jeder Hast. Anpassung an d. veränderte Umwelt auch in d. Ò Ernährung, Vorsicht m. körperlicher u. geistiger Arbeit, bis man d. Maß d. Arbeitsfähigkeit im fremden Klima kennt, sind notwendige Vorbedingungen f. A.

Bataten (Yamswurzel): Wurzelknollen einer trop. Windenart v. leicht süßlichem Geschmack. Wie Kartoffel bereitbar.

Carte d'identité (span.: carta d'identidad): Personalausweis, d. viele Länder f. Ausländer zum Gebrauch im Inland bei längerem Aufenthalt (z.B. Frankreich über 2 Monate) verlangen.

Durchwanderer sind Auswanderer, d. auf d. Reise ins Einwanderungsland ein anderes Land passieren od. sich dort kurz aufhalten müssen. Hierzu meist Ò Transitvisum (vorher besorgen!) erforderlich.

Einordnung ins Einwanderungsland: Vorbedingungen f. persönliche E.: 1) ausreichende Beherrschung d. Landessprache; diese ist nicht nur wirtsch., sondern bes. auch in sozialer Hinsicht v. größter Bedeutung; ohne ihre Kenntnis ist man v. Leben d. Umwelt abgeschnitten. 2) Bereitschaft zum verkehr auch m. d. einheimischen Bevölkerung: es gibt keinen größeren Fehler, als nur unter Auswanderern zu verkehren; 3) andererseits ist es dringend notwendig, sich vorhandenen j. Gem. anzuschließen; fehlen diese, so soll man sich um ihre Gründung bemühen. Dies ist Voraussetzung einer j. E. Ò Auswanderung Ò Sprache

Finnland: Republik, Größe u. Ew. Ò Tab. Sp. 231, Karte 3. x: Kein Visum erforderlich. Einreise kann an d. Grenze verweigert werden, wenn d. Einreisende als unerwünscht angesehen wird. Genehmigung f. jede Erwerbstätigkeit (auch f. selbständige) erforderlich. Arbeitnehmer bedürfen bes. Arbeitserlaubnis vor d. Einreise. Längerer als dreimonatiger Aufenthalt bedarf d. Aufenthaltserlaubnis. Wenig Möglichkeiten (Ò Eu). J: ca. 2000 = 0,05%, davon ca. 1200 = 0,4% in Helsingfors (= Helsinki, 280 000 Ew.).

Grundstücke: Verfügungen, Kauf, Tausch, Belastung usw. über im Ausland belegene G. v. Deviseninländern sowie im Inland belegene G. v. Ausländern sind genehmigungspflichtig. Tausch im Inland belegener gegen im Ausland belegene od. Erwerb im Ausland belegener G. durch Deviseninländer wird in bes. Ausnahmefällen genehmigt (Preußen u. Bayern Regierungs-, Berlin Polizeipräsident; in d. meisten anderen dt. Ländern: Reichsstatthalter).

Hitachdut Olej Germania: Organisation zur Beratung v. j. Einwanderern aus Dt. in Ò Pal. Gegr. 1933. Sitz: Ò Tel-Aviv.

Infektionskrankheiten: Ansteckende Krankheiten durch Ò Kontaktinfektion, durch v. Kranken benutzte Gegenstände, Sprechen u. Husten (verstreute Speicheltröpfchen = Tröpfcheninfektion), Ausscheidungen d. Kranken, lebensfähige Erreger im Staub (bes. in d. Umgebung d. Kranken) sowie Übertragung durch Fliegen, Mücken, Flöhe, Läuse, Wanzen, Ò Zecken. Jede I. wird auf eine od. mehrere obengenannter Weisen übertragen. Ò Prophylaxe setzt Kenntnis d. Ansteckungsweise Ò betr. Krankheit voraus. Ò Desinfektion.

Judentum ist infolge d. Dogmenlosigkeit in Glaubenssätzen nur schwer zu fassende geistig-religiöse Grundlage d. Zugehörigkeit zur Gemeinschaft, welche nach übereinstimmender Auffassung alles j. Richtungen auf göttliche Offenbarung zurückgeht. Da d. fortschreitende Auflösung d. religiösen Formen, in welchen sich d. J auch nach d. Zerstörung d. Tempels u. d. nationalen Gemeinschaft bewahrt hat, sowie d. gegenwärtige Wanderungsbewegung in ihrer Bedrohung d. stärksten soziologischen Stützpunkte (O- u. Mittel-Eu) d. J eine Gefahr f. d. Fortbestand d. Jt. überhaupt darstellen, bedarf es d. gemeinsamen Überzeugung u. unablässigen Bemühung d. Auswanderer sowie d. f. sie verantwortlichen Organisationen, um d. Auswanderern d. Jt. zu erhalten u. an ihren neuen Wohnsitzen neue Zentren j. Lebens erstehen zu lassen.

Kinderverschickung: Vollständige Einordnung wird bes. durch Auswanderung in jungen Jahren gewährleistet (Ò Jugendalijah). Durch K. sind d. j. Wanderungsorganisationen bemüht, 10-12jährige Kinder bei j. Familien in USA. unterzubringen. Sehr sorgfältige Auswahl d. Kinder erfolgt durch Ò Reichsvertretung in Verbindung m. Ò Hilfsverein, d. auch d. technische Durchführung d. Auswanderung u. Erledigung alles Formalitäten obliegt. Eltern d. durch K. nach USA. gelangenden Kinder dürfen selbst kein Auswanderungsprojekt betreiben u. können nicht damit rechnen, in absehbarer Zeit ihren Kindern nachzuwandern.

Landungsdepot: Geldsumme in fremder Währung (zumeist USA-Dollar od. Währung d. Einwanderungslandes), d. vor Einreise bei d. Schifffahrtsgesellschaft od. bei d. Einreise bei d. Einwanderungsbehörden f. bestimmte Zeit hinterlegt wird. L. soll d. Kosten d. Rückreise sicherstellen od. garantieren, dass Einwanderer d. Öffentlichkeit nicht zur Last fällt. Ò Vorzeigegeld

Moskitonetz: Netz aus engmaschigem Tüll (Maschenweite höchstens 1½ mm), d. v. Gestell gehalten d. Bett v. fliegenden Insekten freihält. Es soll auch am Tage fest unter d. Matratze gesteckt u. regelmäßig abends v. innen nach Fliegen u. Mücken abgesucht werden. Seitenteile werden zweckmäßig v. Matratzenhöhe aufwärts m. etwa 30 cm breitem Streifen kräftigen Stoffes verstärkt, um ein Hindurchstechen d. Insekten auf d. Netz anliegenden Körper zu vermeiden.

Nansenpaß erhalten nach internationaler Vereinbarung (auch in Dt.) russische Flüchtlinge aus Estland, Lettland, Litauen u. d. Sowjetunion, wenn sie am 1.8.1914 russische Staatsangehörige waren, vor d. 1.1.1923 ins neue Staatsgebiet eingereist sind u. seitdem ununterbrochen dort leben, staatenlos u. ohne Paß od. Paßersatz eines dritten Staates sind. Inhaber v. N. verpflichtet d. ausstellende Staat nicht zum Schutz d. Paßinhabers. Frauen und Kinder erhalten N. ohne Nachweis obiger Voraussetzungen.

OSE (Organisatia Sanitaria Eugenica): Gesellschaft f. Gesungheitsschutz d. J (bes. in O-Eu), gegr. 1912 in St. Petersburg; Sitz seit 1938 Paris m. Arbeitsausschuß f. Auswanderung j. Ärzte. Gibt heraus Revue Ose (Paris); Soziale Medizin (Warschau); Folksgezunt (Wilna).

Passage: Ausdruck f. Fahrpreis einschl. Verpflegung bei Überseereisen. P.-Sätze richten sich nach Güte d. Schiffsklassen u. Lage d. Kabinen u. sind f. d. einzelnen Routen meist durch internationale Abreden (Pool) d. Reedereien geregelt. Ò Tab. Sp. 261.

Quote: Von manchen überseeischen Einwanderungsländern festgesetzte Zahl d. aus d. Auswanderungsgebieten im Höchstfall zuzulassenden Einwanderer (z.B. USA, Brasilien).

Rückwanderer sind Personen, d. in d. Vergangenheit aus ihrer Heimat nach Dt. eingewandert sind u. in ihr Heimatland zurückkehren wollen. R.-Länder sind vor allem d. Staaten in O-Eu. R. betreut Hauptstelle f. j. Wanderfürsorge bei d. Ò Reichsvertretung u. ihr angeschlossene Wanderfürsorgestellen (Berlin: Jüdische Gemeinde, C2, Rosenstraße 2-4).

Seekrankheit: Übelkeit m. Erbrechen, ausgelöst bei empfindlichen Personen durch Schaukelbewegungen d. Schiffes (Luftkrankheit in gleicher Weise im Flugzeug). Vorbeugung: Mäßigkeit beim Essen, Nikotin- u. Alkoholgenuß. Ablenkung durch Lesen od. andere Beschäftigungen. Möglichste Vermeidung v. Küchen- und Essensgerüchen durch Aufenthalt auf d. Windseite. Behandlung: m. Vasano (Schering) in Tabletten- u. vor allem Zäpfchenform, Peremesintabletten (Heyden) u. Mothersill Sea Sick Remedy (Burroughs & Welcome, London).

Transportversicherung bei allen größeren Land- u. Überseetransporten anzuraten. Prüfen, ob bei Verlust d. Gutes Auszahlung d. Versicherungssumme in d. Währung d. Einwanderungslandes möglich ist.

Übersee: Die Überseewanderung ist zu scheiden von der Pal.-Wanderung (Ò Alijah) u. steht im Gegensatz zur Eu-Wanderung. Seit 1934 wendet sich d. Strom d. j. Auswanderung, des. d. v. d. j. Wanderungsorganisationen planmäßig gelenkte, in immer stärkerem Umfange nach d. überseeischen Ländern, bes. Am u. d. brit. Ò Dominions, da diese Länder im allgemeinen d. bereits Eingewanderten nicht die Schwierigkeiten d. Arbeits- u. Aufenthaltserlaubnis in d. Weg legen, welche Daueraufenthalt u. Existenzaufbau in eu. Ländern nur noch in seltenen Ausnahmefällen zulassen. Anfang 1933 bis Mitte 1938 dürften insgesamt ca. 63 000 j. Auswanderer aus Dt. nach Ü. eingewandert sein. Ò Dt.

Vertreter finden Möglichkeiten fast nur in Ländern m. wenig entwickelter Ind. u. m. verhältnismäßig starker weißer Bevölkerung (S- u. Mittel-Am). Über aussichtsreiche Waren, Handelsgebräuche, Zahlungsgewohnheiten usw. geben d. v. engl. Departement of Overseas Trade herausgebrachten Länderberichte Auskunft. Gewöhnlich ist etwas eigenes Geld notwendig, um etwa 1 Jahr bis zum Eingang d. ersten eigenen Einkünfte abwarten zu können.

Wehrpflicht f. Auswanderer: Bei Auswanderung Abgabe d. Wehrpässe u. Mitteilungd. Auswanderung an d. Wehrbezirkskommando Ausland (Berlin W35, Herkules-Ufer 11). Auch J m. Wohnsitz im Ausland of. Auslandsaufenthalt v. länger als 1 Jahr unterliegen d. Wehrüberwachung durch d. zuständigen Konsul. Schriftliche od. mündliche Meldepflicht d. Zu- od. Fortzugs od. d. etwaigen Wechsels d. Aufenthaltsortes beim Konsul. Verpflichtung, jedem Gestellungsbefehl Folge zu leisten.

Yen: Währung Japans, Formosas, Mandschukuos. 1 mandsch. Yuan = 1 Yen. Ò Tab. Sp. 247.

Zwischendeck: Primitivere Schiffsklasse, schlechter als 3. Klasse. Fehlt meist auf modernen Ueberseedampfern. Ò Schiffsklassen."

hagalil.com 19-01-2003











 

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