Falk Wiesemann:
Antijüdische Nippes und populäre "Judenbilder".
Die Sammlung Finkelstein
Jüdisches Museum Hohenems und Klartext Verlag 2005
Euro 29,90
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Ausstellung im Jüdischen Museum Hohenems:
Antijüdische Nippes und populäre "Judenbilder"
Eine Rezension von Karl Pfeifer
Wie oft hörte und las ich von den schönen
Zeiten vor 1933 bzw. 1938, als doch Juden und Christen angeblich in
glücklicher Eintracht in Mitteleuropa gelebt haben und der
Antisemitismus nur eine Marotte des Pöbels gewesen sein sollte. Doch was
im 255 Seiten umfassenden Katalog Antijüdische Nippes und populäre
"Judenbilder" / Die Sammlung Finkelstein, gezeigt wird, befand sich in
den Stuben des Bürgertums und die antisemitischen Bilder erschienen in
weit verbreiteten Zeitungen.
Der Katalog, der anlässlich der bis zum 26.
Februar stattfindenden gleichnamigen Ausstellung im Jüdischen Museum
Hohenems erschienen ist, lasst uns erahnen, wie verwurzelt der
Antisemitismus in Mitteleuropa war (und leider immer noch ist).
Hanno Loewy, Direktor dieses Museums fragt in
seinem Geleitwort: "Und wer ließ einst den Humpen kreisen, der ein
ganzes Programm der Selbstwahrnehmung auf seinem Relief präsentiert: vom
schlafenden, ausgebeuteten, betrogenen "deutschen Volk" bis zu seiner
stolzen "Wiedergeburt", für die es einzig und allein der Austreibung
jener lächerlichen Gestalten bedarf, die aus Holz und Porzellan, Metall
und Stein, Ton und Elfenbein so viele Vitrinen und Kaminsimse, Anrichten
und Spazierstöcke, Tische und Regale in gutbürgerlichen Haushalten
bevölkerten? Wer wollte hier zugleich austreiben und behalten, loswerden
und sammeln?"
Krug "Nach Jerusalem". Der deutsche Michel weist
mit ausgestrecktem Arm und gehobener Keule die "Juden" aus dem Land:
"Da ist der Michel aufgewacht u. hat sie auf den Schub gebracht.
Marschroute auf dem geraden Weg nach dem Orient". Die "Juden" sind
teils mit den Namen "Rothschild", "Bamberger" und "Bleichröder"
bezeichnet. "Nu wie haißt daitsches Haus" ist auf dem Rucksack des
Hinausgewiesenen geschrieben. Darüber ein Haus mit der Inschrift:
"Deutsches Haus/Juden haben keinen Zutritt". Darstellung eines
Grenzbaumes mit dem Wappen des Kaiserreichs und Inschrift "Glück u.
Jubel rings ist groß / Deutschland ist die Juden los". Auf der
anderen Seite der Grenze ziehen die "Juden" ins Heilige Land und
tanzen dort um das "Goldene Kalb".
Das Bild und Textprogramm des Humpens enthält nahezu den gesamten
Stereotypenvorrat der aggressiven Judenfeindschaft. Es liest sich
wie ein "Bildkatechismus" des Antisemitismus um 1900. |
Machen wir uns nichts vor, die traditionelle
Judenfeindschaft, die sich lustig machte über den angeblichen oder
wirklichen Mangel an soldatischen Tugenden der Juden hat sich gewandelt,
heute zeigt man in Mitteleuropa in der Regel nicht Juden mit krummer
Nase, sondern manchmal Israeli, die man mit Nazis vergleicht. Trotz
Holocaust und all den wohlmeinenden Aktionen verschwindet der
Antisemitismus nicht, er passt sich nur an die neue Zeit an. Und so
schließt sich der Kreis.
Der Katalog, sowie das bereits besprochene Begleitbuch
beleuchten die Kontinuität der antisemitischen Tradition in Europa.
Das
Motiv des "jüdischen" Tanzes ums goldene Kalb zieht sich durch
die antisemitische Bildproduktion vom Mittelalter bis in die Gegenwart.
"Globalisierungskritiker" organisierten in Davos im Jahre 2003 ein
Happening, in dem "Kapitalistenschweine" ein goldenes Kalb trugen,
westliche Politiker, Bin Laden, Saddam Hussein und Ariel Sharon auf eine
Erdkugel einprügelnd darum tanzten und Donald Rumsfeld mit einem
Judenstern mit der Aufschrift "Sheriff" geschmückt war.
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hagalil.com
12-01-06 |