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Anerkanntes Anderssein:
Y. Michal Bodemann über jüdisches Leben in Deutschland heute

Von Thomas Meyer
Süddeutsche Zeitung
, 21.02.2003


Y. Michal Bodemann: In den Wogen der Erinnerung. Jüdische Existenz in Deutschland. Dtv 2002,
Euro 12,50

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"Gedächtnistheater" hieß die 1996 erschienene Streitschrift des in Toronto lehrenden Soziologen Y. Michal Bodemann. Es war wohl der gegen modische Strömungen gerichtete Begriff, der viele Rezensenten die im Untertitel verborgene These übersehen ließ: "Die jüdische Gemeinschaft und ihre Erfindung". In seinem neuen Buch vollzieht Bodemann den Schritt vom "Gedächtnis" zur "Erinnerung", von der durch Fremdzuschreibungen und deren Übernahme durch Repräsentanten der Juden in Deutschland behaupteten "Erfindung" hin zur tatsächlichen jüdischen "Existenz" in diesem Land.

"Die ideologische Arbeit der Juden besteht für Deutschland in ihrem Erinnern, sowohl an den Holocaust wie auch an die Ereignisse der deutschen Geschichte seit der Reichsgründung 1870/71 bis 1933, an denen Juden sichtbaren Anteil hatten." Daneben gebe es – die Bücher von Goldhagen und Finkelstein und die umstrittene Plakataktion für das Mahnmal in Berlin waren besonders drastische Fälle – eine Gedenkkultur, die lediglich ein "dehistorisiertes nationales Schuld-Narrativ" tradierten, statt endlich die "Anerkennung des jüdischen Ethnos" glaubhaft zu betreiben.

In zehn Kapiteln werden die "Wogen" verfolgt, denen die jüdische Gemeinschaft in Deutschland ausgesetzt ist. Bodemanns Analysen behandeln Diskurse, die diversen Debatten um Martin Walser eingeschlossen, in denen sich früher oder später die "Nichtanerkennung jüdischer Alterität" als Grundhaltung der Beteiligten durchsetzt. Der Soziologe unterscheidet davon jenes "auf deutscher Seite" bestehende "authentische Bedürfnis nach Katharsis".

"Scham, Gefühle der Schuld und der Trauer" sind für Bodemann die anzuerkennenden Haltungen, die zu einer Bewältigung des Geschehenen gehören.So werden Herlinde Koelbls Bilder jüdischer Emigranten ebenso neu gelesen, wie die "jüdische Ikonographie in Deutschland". Stets geht es um die Bereitschaft, Differenz und Andersheit zu akzeptieren, auszuhalten und als Ausgangspunkt für die Kommunikation zu nehmen.

Eine These etwa, die behauptet, es sei ein "großer Unterscheid, ob ein nichtjüdischer Autor ein jüdisches Thema anfasst oder ob dies ein jüdischer Autor tut", mag selbstverständlich sein, ist es aber in der öffentlichen Wahrnehmung ganz und gar nicht. Nicht umsonst werden gern Juden wie Victor Klemperer zu Vorbildern auserkoren, die alles "Jüdische" abgestreift haben. Bodemann plädiert für ein jüdisches Selbstbewusstsein, das auf bewusster Wahrnehmung und Pflege der eigenen Traditionen beruht. Nur so seien die notwendigen Gespräche über Vergangenheit und Zukunft mit Nichtjuden möglich – jenseits aller Formen einer "negativen Symbiose" (Dan Diner).

hagalil.com 02-05-03











 

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