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Möllemanns Buch Klartext:
Neoliberal, gewerkschaftsfeindlich und antisemitisch

Von Max Brym


Jürgen Möllemann, Klartext. Für Deutschland
Bertelsmann verlag 2003
Euro 18,00
Anfang März 2003 präsentierte der Bertelsmann Verlag im Münchner Nobelhotel "Vier Jahreszeiten" ein Produkt besonderer Art. Der Verlag brachte ein Büchlein von Jürgen Möllemann heraus. Das Buch hat den Titel "Klartext- Für Deutschland". Stolz verkündete ein Sprecher des Verlages: "Innerhalb einer Woche nachdem der Verlag das Buch ankündigte, hatten wir bereits 60.000 Bestellungen". Jetzt ist der Möllemann-Text seit einigen Wochen auf dem Markt und belegt unter der Rubrik "Sachbuch" einen der vorderen Plätze in den Bestsellerlisten.

Es ist demzufolge neuerlich nötig, dem verhinderten "Riesenstaatsmann" Mümmelmann (F.J. Strauß ) etwas Aufmerksamkeit zu widmen. Nicht um der bekannten Egomanie des Herrn Möllemann zu schmeicheln, sondern um die politische Seelenlage vieler Menschen in Deutschland zu ergründen, denn - das Buch ist ein Riesenerfolg.

Das Buch

Das Buch ist ein Schnellschuss. In weiten Teilen liest es sich wie ein Potpourri gesammelter Reden des Herrn Möllemann. Es geht um die nachträgliche Rechtfertigung des Projekts 18 und es ist eine populistische Abrechnung mit den Herren Lambsdorff, Westerwelle, und mit anderen. Das "Werk" ist in insgesamt 48 kurze Kapitel unterteilt. Dennoch hat das Ganze einen roten Faden. Ob es um Steuern, Israel, den Iran oder um die Bürokratie geht, immer ist Möllemann, mit den passenden Lösungen, auf der Seite des Volkes. Allerdings gibt es in dem Buch "das Weichei Westerwelle" und den ach so mächtigen Michel Friedman. Diese beiden verhinderten, dass der famose Möllemann das Land umkrempeln konnte.

Kernthesen des Buches

Für Möllemann ist die Trennung der politischen Lager in Links und Rechts überholt. Um das zu belegen berichtet er stolz davon, einst mit dem DKP Vorsitzenden Mies gegen den Vietnamkrieg demonstriert zu haben. Heute ist er selbstverständlich gegen den Irak-Krieg. Mit diesem billigen Taschenspielertrick versucht er, die alte irakische Führung, mit den politischen Zielen des vietnamesischen Kampfes in Verbindung zu bringen. Der Gegner, gegen den es sich in Deutschland zusammenzuschließen gelte, sind für ihn die USA. Immer wieder fordert Möllemann, immer noch Präsident der Deutscharabischen Gesellschaft, eine "selbstbewußte deutsche Außenpolitik" ,wobei innere Konflikte nur störend sind.

Eine besondere Vorliebe hat Möllemann für das Regime im Iran. Deutlich fordert er von der deutschen Politik auch hier eigene Wege zu gehen. Vergeblich sucht man in der Schrift eine kritische Anmerkung zum Regime im Iran. Statt dessen feiert sich Möllemann selbst als "Jürgen von Arabien", der als Riesenstaatsmann wiederum alle arabischen Regime abfeiert. Da er dabei auch noch gebildet erscheinen will, erklärt er dem Leser, dass die Iraner keine Araber seien.

Für Möllemann gibt es neben den USA noch einen bösen Buben: Es ist der Staat Israel, der mit seinen geostrategischen Planspielen den deutschen Interessen im Wege steht. Dem Leser wird suggeriert, dass Israel die US- Außenpolitik bestimme, der antisemitische Wahn von der "jüdischen Weltherrschaft" wird also indirekt bedient. Für Möllemann ist es klar: Gegen diesen Feind hat sich die deutsche Politik zu stellen.

Das antisemitische Konstrukt

Jürgen Möllemann behauptet in Deutschland sei eine Kritik am Staate Israel nicht möglich. Er selbst habe dies, nachdem er Ariel Sharon und Michel Friedman "für den stärker werdenden Antisemitismus" verantwortlich machte, leidvoll erfahren müssen. Der "Leidende" begreift nicht, dass durch solche Aussagen, das alte antisemitische Klischee, wonach die Juden selbst am Antisemitismus Schuld seien, gefördert wird. Statt dessen erfindet der deutsche Recke Möllemann ein "Debattenverbot". Seinen Freund Karsli nimmt er in Schutz, ohne dessen antisemitisches Interview in der rechtsradikalen "Jungen Freiheit" zu erwähnen. Er habe Karsli nur geraten, bestimmte Worte in Deutschland zu vermeiden, "denn in Deutschland sollten einige Dinge im Gegensatz zu anderen Ländern nicht gesagt werden". Wieder und wieder erweckt Möllemann den fatalen Eindruck, in Deutschland dürfe Israel nicht kritisiert werden, es gäbe eine mächtige zionistische Lobby die dies verhindere.

Er konstruiert sich selbst ein angebliches Diskussionsverbot, dem er als guter "Demokrat" dann umso heldenhafter trotzt. Wie lächerlich die Sache ist, belegt der neuerliche Angriff gegen Michel Friedman in dem Buch. Friedman soll im November 02 jede Kritik am Staat Israel den Deutschen untersagt haben. Für diese Behauptung liefert Möllemann keinerlei Quellenangabe. Michel Friedman scheint, wenn dem Buch gefolgt wird, der eigentliche Machthaber in Deutschland zu sein.

Agenten

"Guido Westerwelle habe bis weit ins Jahr 2002 alle Aussagen seines Stellvertreters Möllemann geteilt". Diese Argumentationsschiene des Jürgen Möllemann ist glaubhaft. Zeigte doch das Parteiausschlussverfahren gegen Möllemann gerade diesen Skandal: Möllemann wurde nicht aus der FDP gedrängt, wegen seiner antisemitischen Positionen, sondern wegen eines Finanzskandals. In der Tat, das was in der FDP normal war, wurde Jürgen Möllemann zum Verhängnis. Bis heute hat die FDP einen Ehrenvorsitzenden (Graf Lambsdorff), der ein rechtskräftig verurteilter Steuerbetrüger ist. Die Anklage gegen Möllemann zeigt, das die FDP Spitze nicht bereit ist mit dem Teil ihrer Anhängerschaft zu brechen, in deren Köpfen sekundärer oder latenter Antisemitismus beheimatet ist.

Um so dümmer wird die Aussage von Möllemann: "Westerwelle wurde anlässlich seines Besuches in Israel, im Vorzimmer von Sharon von einem Mossad Agenten erpresst." Innerhalb der FDP sieht Möllemann noch weitere Mossad Agenten im Spiel: Der Schwiegersohn von Klaus Kinkel sei angeblich ein hochqualifizierter israelischer Agent. Wenn dem antisemitischen Konstrukt Möllemanns gefolgt wird, sind die Machenschaften dieser dunklen Mächte dazu da, den Deutschen den famosen Staatsmann Möllemann vorzuenthalten.

Populismus und Neoliberalismus

Möllemann greift in dem Buch die deutsche Bürokratie und die Parteienlandschaft grundsätzlich an. Er fordert die Deutschen dazu auf, "die Macht der Parteien zu brechen". Möllemann spricht sich für eine Bewegung aus, die mit dem "Parteiunwesen Schluss macht". Das ist das alte rechte Demagogiemuster, wonach neben der "jüdischen Geheimmacht" überflüssige Politiker und deren Parteien den gesunden arbeitswilligen Deutschen am Gängelband halten.

Dennoch ist Möllemann keiner, der mit antikapitalistischer Demagogie versucht, Teile der Ausgegrenzten und Beleidigten anzusprechen. Sein Zielpublikum ist der neue Mittelstand, wenn er über Arbeit und Soziales schreibt. Er fordert eine schmale Grundrente, eine Steuerpolitik, die Begüterte begünstigt und er ist ein absoluter Gewerkschaftsfeind. Die angeblich zu hohen Löhne sind für ihn eine wesentliche Ursache, für die wirtschaftliche Misere in Deutschland. Möllemann spricht sich für eine Aufhebung der Tarifautonomie und sogar für "ein gesetzliches Streikverbot im öffentlichen Dienst" aus. Mit solchen Thesen zur Abschlachtung des Sozialstaates liegt Möllemann also ganz im Trend.

Warum dieses Ende?

Warum wurde Möllemann abserviert, bleibt zu fragen, denn einige seiner Thesen, sind durchaus regierungs- oder oppositionskonform ? Hier der Versuch eine kurze Antwort zu geben.

1. Möllemann übertrieb mit seinen antisemitischen Ausfällen, soweit ist die deutsche politische Kaste im Rahmen ihres Selbstfindungsprozesses noch nicht vorgedrungen. Dass die FDP Möllemann nicht den Antisemitismus vorhielt belegt: Einige wollen sich diesen Weg offen halten. Sie hielten nur Möllemann für einen übereifrigen Zocker.

2. In Sachen Gewerkschaftsfeindlichkeit gibt es absolute Gemeinsamkeiten zwischen den Neoliberalen in der FDP-Führung und Herrn Möllemann. Aber ein Streikverbot zu fordern, ist selbst diesen Leuten noch zu gewagt.

3. Möllemann wurde in der FDP Führung mit Argwohn betrachtet, wegen seiner "Egomanie" und seines unbegrenzten Willens zur Selbstdarstellung. Seine "taktischen Fehler" kamen einigen in der FDP Führung gerade recht, um den "Machtmenschen" abzuservieren.

Grundsätzlich und strategisch gab es zwischen Möllemann und der FDP-Führung allerdings keine Differenzen.
Deswegen trat im letzten Jahr auch die "große" alte Dame des Liberalismus in Deutschland, Frau Hildegard Hamm-Brücher, aus der FDP aus.

hagalil.com 18-04-03











 

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