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Moshe Zimmermann:
Goliaths Falle.
Israelis und Palästinenser im Würgegriff

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Goliaths Falle

Die neue Auflage des Antisemiten-katechismus

Massada-Zionismus

Das Erbe von Oslo

Moshe Zimmermann
13. September 2003 (Tages-Anzeiger)

Während die Welt der Anschläge auf das World Trade Center in New York am 11. September gedenkt, steht in Israel ein anderer Gedenktag an: der zehnte Jahrestag der Osloer Abkommen vom 13. September 1993.

Oslo - das ist außerhalb des Nahen Ostens ein Synonym für den entscheidenden Durchbruch, für die große Hoffnung auf ein Ende des hundertjährigen Krieges zwischen Juden und Arabern in Israel und Palästina. In der Region selbst ist Oslo dagegen eher zum Symbol für Versagen und Verrat geworden. Seit Jahren spricht die radikale israelische Rechte von den "Oslo-Verrätern". Vor allem nach dem Beginn der Intifada im Herbst 2000 hat sich dieser Begriff so einbürgern können, daß die Mehrheit der Bevölkerung bei "Oslo" automatisch zumindest an eine große Torheit — wenn nicht gar an Verrat - denkt.

Einer Meinungsumfrage zufolge glauben vierzig Prozent der Israelis, die Osloer Abkommen hätten einen irreparablen Schaden angerichtet oder seien zumindest ein Fehler gewesen, der korrigiert werden sollte. Nur zwanzig Prozent der Bevölkerung meint, Oslo sei eine vergebene Chance des Durchbruchs gewesen. Die Hälfte der Israelis nimmt an, daß Oslo auch ohne die Ermordung Izhak Rabins im November 1995 gescheitert wäre; dies vermutlich deswegen, weil man der Ansicht ist, Palästinensern dürfe prinzipiell kein Glauben geschenkt werden. Diese Hälfte der Israelis hält einen Frieden mit den Palästinensern denn auch im wesentlichen deshalb für unerreichbar, weil sie auf palästinensischer Seite eine fehlende Bereitschaft zur Anerkennung Israels wahrnehmen möchte. Entsprechend gehen mehr als fünfzig Prozent davon aus, daß es selbst im Falle der Errichtung eines palästinensischen Staates im Jahre 1999 - gemäß den Vereinbarungen von Oslo - heute keinen Frieden zwischen Israelis und Palästinensern gäbe.

Nicht nur der Zusammenhang von Terror und Vergeltung, sondern auch die eindeutig negative Assoziation »Oslos« seitens der Palästinenser bringt die typische Symmetrie zwischen Israelis und Palästinensern zum Ausdruck: Aus palästinensischer Sicht war Oslo ein Täuschungsmanöver Israels, mit dem die erste, im Dezember 1987 begonnene Intifada erstickt und ein Verzicht auf den Anspruch der Palästinenser auf das gesamte Gebiet von Palästina erzwungen werden sollte. Die Israelis, so heißt es unter Palästinensern, hätten von Anfang an keine ehrlichen Absichten gehegt, das Großunternehmen des Siedlungsbaus zu beenden und die Entstehung eines Staates Palästina zu ermöglichen.

Der Schlüssel für den Mißerfolg ist das "Vertrauen". An diesem Begriff scheiterte Oslo. Statt über vertrauensbildende Maßnahmen bestehende Vorurteile zu beseitigen und den Weg zur Implementierung der Vereinbarungen zu ebnen, schuf man neue Hürden und untermauerte die stereotypen Vorstellungen von der jeweils "anderen" Gesellschaft. Für dieses Debakel trägt der mächtigere Partner-Israel - eine größere Verantwortung: Die Ermordung Izhak Rabins, die Politik seiner Nachfolger Netanyahu und Barak gegenüber den Palästinensern und nicht zuletzt die Provokation des damaligen Oppositionsführers Ariel Sha-ron im Herbst 2000 erdrosselten den Osloer Prozeß und konnten das Mißtrauen der Palästinenser nur verstärken.

Andererseits waren es die radikalen Palästinenser, die zum wahllosen Terror griffen - ganz gleich ob die Ministerpräsidenten in Israel Rabin, Perez, Netanyahu, Barak oder Sharon hießen - und auf diese Weise das Vertrauen der Mehrheit der Israelis in den Osloer Prozeß gründlich erschütterten. Darüber hinaus wirkte Yassir Arafats Art der Innen- und Außenpolitik auf die meisten Israelis geradezu abstoßend.

Kompromißbereitschaft beider Konfliktparteien und Großzügigkeit bei den Israelis waren unter diesen Umständen kaum möglich. So fühlen sich letztlich die radikalen Kräfte auf beiden Seiten immer mehr bestätigt und gewinnen unter der breiten Bevölkerung zunehmend an Unterstützung. Daß ihr Weg in den Abgrund führt, will man nicht zur Kenntnis nehmen. Als Hauptsache gilt, man agiert, man übt Vergeltung, man gibt nicht auf.

Irrelevant ist in diesem Zusammenhang der 11. September jedoch keineswegs. "Oslo" stand im Zeichen des Endes des Kalten Krieges. Die bipolare Welt hatte aufgehört zu existieren, was ebenfalls zu einer "Abwertung" der israelisch-arabischen Auseinandersetzung führte. Der "globale Polizist" - die Vereinigten Staaten - konnte mit Hilfe Rußlands, und damit ohne einen Gegner, eine neue Ordnung im Nahen Osten anstreben. Diese Konstellation währte jedoch nur vom November 1989 bis zum September 2001. Dann hatten sich die Spielregeln erneut geändert, Amerika hatte einen neuen Feind gefunden.

Die palästinensische Intifada konnte so, wie sie geführt wurde, eindeutig als Terror gebrandmarkt werden. In dem Kreuzzug gegen den Terror standen "die Palästinenser" alsbald auf der "falschen Seite" der Achse von Gut und Böse, während der Hardliner Ariel Sharon zum treuesten Verbündeten der Vereinigten Staaten wurde. Und hinter Sharon steht die mächtigste Pressuregroup Israels - die Siedler. Bei den Palästinensern stieg in der Folge um so mehr die Hoffnungslosigkeit und mit ihr die Gewaltbereitschaft: Fünfzig Prozent Arbeitslosigkeit und ständige Demütigungen sind ein verheerendes Rezept für uferlose Gewalt.

Die sich verbreitende Überzeugung, an allem trügen die Väter von Oslo Schuld, führt jedoch zu keiner Lösung. Die Frustration steigt, und alle fragen verzweifelt, was werden wird. Da man jedoch den Erben des Osloer Prozesses keinen Glauben mehr schenkt, führt diese Verzweiflung nicht zur Stärkung der Opposition aus Befürwortern von Oslo, sondern zum Verlangen nach einem noch härteren Durchgreifen, gewissermaßen nach dem Motto, wenn es uns schlecht geht, dann soll es den anderen noch schlechter gehen.

Eine Alternative, vor der furchtbaren Situation nur die Augen zu schließen, ist die Flucht in die Ablenkung - panem et circenses. Allerdings ist es auch mit dem Brot nicht weit her, denn die Wirtschaftslage in Israel ist ganz besonders schlecht. Die Bekämpfung der Intifada verschlingt Milliarden und verursacht weitere Verluste in Milliardenhöhe. Statt jedoch die Verantwortlichen - die Siedler und ihre jedem Kompromiß im Wege stehende Politik - zur Kasse zu bitten, flüchtet man sich in die Spiele: Fernsehserien, Reisen, Lotto, Heiligenverehrung und Sport.

Wenn man nur einen israelischen Roger Federer gehabt hätte. Aber nein, schon in der Vorrunde der Fußball-Europameisterschaft hat Israels Elf gegen das kleine Slowenien verloren und gegen die Mannschaft von Malta nur ein Unentschieden erzielt. Für viele - beinahe schlimmer als ein Terroranschlag. Und nach einem schlechten Einstieg in die Basketball-Europameisterschaft hat Israel zwar Slowenien (ja, wieder Slowenien) schlagen und das Viertelfinale erreichen können. Gegen Spanien konnte man jedoch nichts ausrichten. So wird wieder der andere, unsportliche Wettbewerb in den Vordergrund rücken, der Wettkampf des Tötens, in dem man in der nächsten Runde wohl auch vor einem Zugriff auf die politische Spitze des Gegners nicht zurückschrecken wird.

hagalil.com 04-11-04











 

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