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Von Bankern und Menschen

Karl Engel, ein Züricher Privater Banker, wird zur Kundenakquirierung nach Johannesburg versetzt. Dort herrschen, Mitte der Neunzigerjahre jedoch bürgerkriegsähnliche Zustände und Chaos…

Von Ramona Ambs

Bei seinen Versuchen, neue Kunden unter den wohlhabenden Südafrikanern zu gewinnen und die bisherigen zu betreuen, begegnen ihm Goldsucher und Wodkatrinker, Buren und Inder. Am Ende stehen die ersten demokratischen Wahlen, aus denen Nelson Mandela als Sieger hervorgeht.

Mit Karl Engel begibt sich der Leser auf eine Reise – nicht nur ins Südafrika der Neunzigerjahre, sondern auch und vielmehr in das Herz des Schweizer Bankierswesens mit seinen Abgründen, Tücken und Finessen.

Freunde gelungener Darstellung von wirtschaftlichen und psychologischen Verkaufs- und Verhandlungsstrategien kommen hier voll auf ihre Kosten. Aber nicht nur die Wirtschaft spielt in Karl Engels Leben eine große Rolle, da ist nämlich auch noch die Liebe zu Ivy, seine jüdische Familie und die Psychoanalytikerin Laura Salomon, die ihn immer wieder indirekt begleiten.

Besonders gelungen dabei sind die Beschreibungen der verschiedenen Charaktere von Roger Reiss: Hans-Peter beispielsweise, Karl Engels Freund aus Studienzeiten, wird so lebendig geschildert, dass man sich auch nach Zuklappen des Buches sicher ist, man habe ihn persönlich gekannt. Auch dessen Erinnerungen an seine Kindheit in Indien, wo morgens die Leichen der Armen eingesammelt und verbrannt wurden, bleiben eindringlich. Aber auch Ivy und ihre Liebe zur Kunst, insbesondere den seltsamen Malern, sind nachhaltig anregend.

Kurz: Roger Reiss erzählt von Menschen und Bankern. Dass er dabei auch ein reales Abbild des Intimbereichs der Hinterzimmer des Schweizer Bankengewerbes entwirft, macht den Roman umso authentischer.

Roger Reiss: Der mundtote Schweizer Private Banker, CreateSpace Independent Publishing Platform 2015, 376 S., Euro 21,39, Bestellen?