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Kosova Kolonie und Neoliberales El Dorado

Ein neues Buch des Münchner Autors Max Brym beschreibt eindringlich die Folgen des Privatisierungsprozesses in Kosova, der zu Massenverarmung im Land führt und stellt Kosova die Diagnose, ein neoliberales internationales Versuchsfeld zu sein…

Rezension von Agron Sadiku

Sehr genau beschreibt der Autor die Privatisierung von Ferronikel in Drenas im Jahr 2006. Er zeigt, dass diese Privatisierung mit Korruption verbunden war und 50% der Arbeiter ihre Arbeitsplätze verloren. Seit der Privatisierung steigt die Vergiftung der Umwelt in Drenas rapide an. Sehr viele Menschen haben Lungenerkrankungen, Bauern können ihre Felder wegen der Umweltvergiftung nicht mehr nutzen.

Zum Komplex der Privatisierung gibt es sehr viele weitere Beispiele, wie etwa die Privatisierung des Flughafens, der Stromverteilung ( KEDS) sowie den Appetit auf den Rohstoffgiganten Trepca. Auch die jetzt vollzogene Privatisierung der PTK (Telekommunikation Kosovas) wird beschrieben. Grundsätzlich geht der Autor davon aus, dass in Kosova mittels der Privatisierung enorme Reichtümer verschenkt werden. Dazu gibt es jede Menge Fakten und ein längeres Interview mit Visar Yimeri dem Fraktionsvorsitzenden der „Bewegung für Selbstbestimmung (VV) im Parlament. Der ökonomische Raubzug wird als Ausverkauf des Landes an internationale kapitalistische Konzerne dargestellt. Ziemlich präzise wird die Einleitung dieses Prozesses durch die UNMIK besonders unter der Ägide des deutschen Diplomaten Joachim Rücker belegt.

Andere Aspekte

Der Autor befasst sich auch mit der ethnischen Teilung des Landes. Das Buch zeichnet die von den „Internationalen“ gewünschte Spaltung der Menschen in verschiedene Ethnien nach. Scharf wendet sich der Autor gegen die propagierte „ethnische Toleranz“. Nach dem Autor soll dies nur die einfachen Menschen spalten. Das Buch geht davon aus, dass die gemeinsamen sozialen Klasseninteressen in Kosova neu entdeckt werden müssen, was nur durch die Akzeptanz des Selbstbestimmungsrechtes und der Überwindung der „kolonialen Strukturen“ möglich sei.

Elsässer, Pirker, Oschlies und Co.

Neben einem kurzen geschichtlichen Abriss nimmt der Autor auch Bezug auf die Kosova Debatte in der deutschen Öffentlichkeit. Dem Ex-Linken Jürgen Elsässer wirft Brym vor, den Chauvinismus und die Querfront in Serbien seit der Milosevic Periode zu unterstützen. In einem längeren Abschnitt befasst er sich außerdem mit dem sogenannten Balkanspezialisten Oschlies, dem er vorwirft, „antialbanischen Rassismus“ zu propagieren. Den Autor der „Jungen Welt“ Werner Pirker sieht Brym nahe an den Positionen der Rechten in Deutschland, Österreich und Serbien. Grundsätzlich spricht sich der linksstehende Brym für das Selbstbestimmungsrecht Kosovas aus. In der Polemik gegen Werner Pirker wirft er diesem vor, den „Demokratismus von Lenin“ in dieser Frage zu ignorieren. Dadurch ist Pirker nach Meinung des Autors nicht links, sondern in der „Kosova Frage weit rechts“ anzusiedeln.

Ruhmesblatt in der albanischen Geschichte

Brym reißt in seinem Buch auch ein besonderes Kapitel in der kosovarisch-albanischen Geschichte an. In dem Buch steht: „Es ist ein Ruhmesblatt in der albanischen Geschichte, dass Albanien nach der faschistischen Besatzung 1945, als einziges Land in Europa wesentlich mehr Juden hatte als vor der Besatzung. Der bekannte Jude Albert Einstein, emigrierte über Albanien in den dreißiger Jahren in die USA.“ In der Stadt Prizren gibt es ein muslimisches Minarett mit einem Davidstern. In dem Buch von Herrn Brym findet sich auch eine Passage über die heutige „ Jüdische Gemeinde“ in Kosova. Vorsitzender ist Herr Demiri aus Prizren.

Ein lesenswertes Buch zu einer in Deutschland wenig bekannten Thematik.

Max Brym, Kosova Kolonie und Neoliberales El Dorado, united p.c. 2013, 164 S., Euro 18,40, Bestellen?