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Kultur der Strasse: Im Taxi – Unterwegs in Kairo

Kaum ein Berufsstand Ägyptens ist näher am Puls der Gesellschaft als die 250.000 Kairoer Taxifahrer. Wer wissen will, was die Menschen umtreibt, liest keine Zeitung, sondern nimmt das Taxi und hört auf das, was ihm der Fahrer erzählt: »Wir leben in einer einzigen Lüge und glauben daran. Die Regierung ist nur dazu da zu prüfen, ob wir die Lüge wirklich schlucken, finden Sie nicht auch?«…

Chalid al-Chamissi: Im Taxi – Unterwegs in Kairo

Im Taxi plaudert, diskutiert, feilscht und streitet Chalid al-Chamissi mit Fahrern, die im kleinen öffentlichen und doch abhörfreien Raum ihrer Wagen ihren Frust über das korrupte Regime und die allgegenwärtigen Missstände in Ägypten loswerden – mit immerhin einem Zuhörer: ihrem Fahrgast.

Aus achtundfünfzig kurzen, pointenreichen Episoden entsteht ein grosses Mosaik der ägyptischen Gesellschaft von heute, eine Hommage an die oft verschmähte Kultur der Strasse. Nicht selten haben dabei die politischen Einsichten der Taxifahrer mehr Tiefgang als das ewige Geschwätz der Regierenden.

Ein Beispiel:

»Jeder, der auch nur zwei Piaster in der Tasche hat, meint, er könnte sich damit alles erlauben. Keiner hat mehr Respekt vor dem Staat. Mit Geld kann ich die Regierung in die Knie zwingen. Ich kann meinen Pass fälschen, die Eintragungen auf meiner Identitätskarte, einfach alles. Wenn mir der Führerschein entzogen wird, kann ich mit etwas Geld dafür sorgen, dass ich ihn sofort zurückkriege, und ihn mir sogar nach Hause bringen lassen.
Heutzutage ist alles käuflich. Und wenn einer Probleme bekommt, dann flieht er einfach aus Ägypten. Wie? Na mit Geld! In diesem Monat haben unter anderen Mamdûch Ismaîl und Ihâb Talaat das Land verlassen. Von den letzten Monaten ganz zu schweigen! Trotzdem predigen sie den Kindern in der Schule, dass Werte wichtiger als Geld sind. Die müssen Gedichte über Prinzipien auswendig lernen und erfahren, dass Geld kommt und geht, dass aber die Moral das Fundament der Nation und die Basis des menschlichen Seins ist: Worte, die zum einen Ohr rein- und zum andern wieder rausgehen, schliesslich sehen die Kinder ja, wie es wirklich zugeht.
Meine Tochter ist noch jung, erst sechzehn. Zu meiner Zeit war das das Alter für die Liebe. Wir waren verknallt, sassen herum und hörten Umm Kulthûm. Aber diese Göre sagt zu mir: ›Was soll der Scheiss mit der Liebe? Ich will einen Reichen heiraten. Ob ich ihn liebe oder nicht, ist mir egal, Hauptsache, er hat Kohle.‹ Ich habe ihr erklärt, dass es auf der Welt nichts Schöneres gibt als die Liebe, dass sie uns am Leben erhält, unsere Luft zum Atmen ist und dass ich dank ihr auch ihre Mutter ertrage. Darauf meinte sie: ›Es gibt nichts Schöneres auf der Welt als Geld.‹«

Longseller in Ägypten, Bestseller in Frankreich, in zehn Sprachen übersetzt – ein grosses Panorama der ägyptischen Gesellschaft

»Chalid al-Chamissi leuchtet die ägyptische Gesellschaft aus, … sein Buch berührt durch Einfachheit und Authentizität. «
Neue Zürcher Zeitung

»Chalid al-Chamissi hat achtundfünfzig fiktive Monologe von Kairoer Taxifahrern mit einer derartigen Überzeugungskraft und sprachlichen Originalität verfasst, dass sie die meisten Leser für authentisch halten.«
Reuters

»Ein unbestechlicher Zeitzeuge und provokanter Literat.«
internationales literaturfestival berlin

»Eine freimütige, amüsante und bisweilen herzzerreissende Sammlung von Witzen, Anekdoten und Enthüllungen. Lauschen Sie der ›arabischen Strasse‹ in all ihrer versmogten, atemberaubenden Pracht.«
The Independent

»Das vielleicht interessanteste Buch über die gesellschaftliche und politische Entwicklung, die Ägypten in den letzten fünf Jahrzehnten durchlaufen hat.«
Foreign Policy

»Das Buch wurde zum Bestseller, der die Machthaber in Ägypten an den Pranger stellt.«
Deutsche Welle

»Alles ist drin in diesem intelligenten, geistreichen Buch: der Niedergang, die Korruption, das wirtschaftliche und diplomatische Scheitern des Mubârak-Regimes, aber auch das Elend und die Demütigungen, die das ägyptische Volk erdulden muss.«
Radio France Internationale

Chalid al-Chamissi: Im Taxi – Unterwegs in Kairo

Chalid al-Chamissi, geboren 1962 in Kairo. Er studierte Politikwissenschaften an der Universität Kairo und der Sorbonne. Al-Chamissi arbeitet als Journalist für ägyptische Zeitungen und hat sich als kritischer Beobachter gesellschaftlicher Verhältnisse einen Namen gemacht. Für verschiedene Spiel- und Dokumentarfilme war er als Produzent, Regisseur und Drehbuchautor tätig. www.khamissi.com.