Von Falafel, Schnitzel und Bagel:
Jüdischer Almanach "Vom Essen"
Andrea
Übelhack
Gisela Dachs (Hrsg.),
Jüdischer Almanach vom Essen
Jüdischer Verlag im Suhrkamp, Euro 14,80
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Der jüdische Almanach mit dem viel versprechenden Titel "Vom Essen",
enttäuscht seine Leser nicht. Sephardische Küche, israelisches Essen,
Schnitzel und Falafel, Bagel und Knejdl sind die Protagonisten in diesem
Band. Das Thema Essen wird unter den unterschiedlichsten Aspekten beleuchtet
und analysiert, wissenschaftlich, humorvoll, persönlich und international.
"Auswandern ist ein bißchen wie die
Liebe, weil es romantische Motive hat, weil es manchmal schmerzt – und
weil es auch durch den Magen geht." Ben Segenreich spricht damit
sicherlich so manchem Oleh in Israel aus dem Herzen, der die
kulinarischen Höhepunkte seines Herkunftslandes schmerzlich vermisst.
Auch ich muss Ben Segenreich recht geben, muss ich mich doch bei jedem
Besuch in München durch sämtliche Köstlichkeiten hindurch essen. "Herzl
und das Schnitzel – zwei verflochtene Erfolgsgeschichten" nennt
Segenreich seinen humorvollen Ausflug, der auf die gemeinsame Herkunft
des "Staatspropheten" Herzl und der scheinbaren Nationalspeise Schnitzel
aus Wien hinweist.
Auch Nathan Sznaider spricht mir aus
der Seele, wenn er sich mit ironischem Unterton dem Bagel annähert,
diesem unertragbar trockenem und geschmacklosem Gebäckstück, das viele
für den Inbegriff jüdisch kulinarischer Kultur halten. "Die
Dekonstruktion des Bagels im globalen Zeitalter" beschreibt den Weg von
diesem "Loch mit etwas Teig drum herum", das aus Osteuropa und von den
Juden nach Amerika gebracht wurde, als Teil der "Leidensstruktur des
jüdischen Volkes". Von den USA aus hat der Bagel seine weltweite
Erfolgsgeschichte angetreten: "Da nun alles, was aus Amerika kommt, gut
schmecken muß, fragt sich auch niemand, warum man für teures Geld einen
steinharten Teigkringel mit Loch verschlingt und sich dabei so
amerikanisch und kosmopolitisch fühlt. Ja, einst war der Bagel nur eine
Strafe für osteuropäische Juden, aber inzwischen leidet fast die ganze
zivilisierte Welt darunter."
Der Almanach bietet sowohl
allgemeinere Beiträge, wie beispielsweise von Dan Prat, der über die
"Bedeutung des Essens in der jüdischen Tradition" schreibt, oder von
Cilly Kugelmann, die der Frage "Was ist koscher" nachgeht und das
Konzept der rituellen Reinheit erklärt. Aber auch ganz spezielle Details
der Kulturgeschichte haben Eingang gefunden. So der Beitrag von Wolfgang
Krebs über "Tomor – Eine koschere Margarine", die von 1904 bis 1933 in
der niederrheinischen Stadt Kleve hergestellt wurde.
"Es fällt schon nicht leicht zu
bestimmen, was Jüdisch-Sein bedeutet. Und was ist dann erst die jüdische
Küche?" fragt Gisela Dachs, die Herausgeberin des Almanachs im Vorwort.
Eines ist jedoch klar, Essen hat in der jüdischen Tradition eine
besondere Rolle, der sich der Almanach gelungen und kurzweilig nähert.
hagalil.com
17-08-03 |