Kein Frieden mit Tschechien:
Die Sudetendeutschen und ihre Landsmannschaft
Rezension von Karl Pfeifer
Erich Später bemerkt in seinem Vorwort: "In der
historischen Begründung für das "Zentrum gegen Vertreibungen", das die
deutschen Vertriebenenverbände in Berlin errichtet sehen wollen, wird
der von Deutschland 1939 begonnene Vernichtungskrieg und die fast
vollständige Auslöschung der europäischen Juden gerne als
"Vorgeschichte" abgehandelt." Tatsache ist, dass Erika Steinbach (CDU),
die eine Kampagne für die Errichtung dieses Zentrums führt, sich auch
auf Juden wie Moshe Zimmermann und Ralph Giordano berufen kann.
Später schildert kenntnisreich und detailliert diese
Vorgeschichte, wie die Tschechoslowakei der Zwischenkriegszeit ein Hort
der Demokratie und der Kultur in Mitteleuropa war, welche Rechte die
Minderheiten hatten, darunter auch die Deutschen und wie die
überwiegende Mehrheit der Deutschen später das Sudetenland zum
NS-Mustergau machten. Die spontane Gewalt- und Plünderungsorgie gegen
"Volksverräter", Tschechen und Juden nahm solche Ausmaße an, dass die
NS-Gauleitung hinweisen musste, dass dieser Raub "allein in der
Obliegenheit der Gestapo" liegt.
Später geht detailliert ein auf das Schicksal der Juden
und auf die in vielen Medien übliche euphemistische Beschreibung des KZ
Teresienstadt, das nur der Vorort der Hölle von Auschwitz war.
Die deutsche Minderheit hatte eine zentrale Funktion bei
der Zerschlagung der demokratischen CSR 1938/39 und der Etablierung der
siebenjährigen deutschen Besatzungs- und Terrorherrschaft, unter der
260.000 tschechoslowakische Bürger jüdischer Herkunft ermordet und die
Auslöschung der tschechischen Nation im Falle eines deutschen Sieges
geplant wurde.
Später erklärt auch, dass es nur mangels einer gewählten
Volksvertretung während des Exils zu den 143 Benes-Dekreten kam, die von
der CSR Nationalversammlung im November 1945 für rechtsgültig erklärt
wurden und wie der tschechische Chauvinismus von Teilen der
Kommunistischen Partei geschürt wurde. Obwohl laut Benes-Dekret Nr.
5/1945 den jüdischen Eigentümern ihr beschlagnahmter Besitz hätte
zurückgegeben werden müssen, wurde dies oft genug verweigert. Und weil
Juden wahrheitsgemäß bei der Volkszählung 1930 deutsch oder ungarisch
als Muttersprache angegeben hatten, wurden sie als national
unzuverlässig eingestuft und ebenfalls ausgewiesen, auch wenn sie ein
deutsches KZ überlebten.
Der Autor schildert in faszinierenden Kapiteln, das
Schicksal der deutschen Flüchtlinge und das der She'erit ha Plita – dem
Rest der geretteten Juden.
Im zweiten Teil des Buches stellt der Autor die
Geschichte einer der größten und einflussreichsten Organisationen des
völkischen Nationalismus in der Bundesrepublik dar: "Die Sudetendeutsche
Landsmannschaft war die einflussreichste Sammlungsbewegung der
überlebenden Nazi-, Funktions- und Vernichtungselite des Reichsgaus
Sudetenland."
Besonders wertvoll ist seine Schilderung, was
Funktionäre und Aktivisten dieser Landsmannschaft vor 1945 getan und wie
sie nach dem Krieg agiert haben und welche Hilfe und Unterstützung diese
von der CSU erhielten und erhalten.
Erich Später dokumentiert präzise, warum die gerne
verschwiegene "Vorgeschichte" zur Aussiedlung führte. Dem rührigen
konkret Verlag gebührt Dank für die Publikation. Das Buch ist
leserfreundlich und eine beispielhafte Arbeit über eine deutsche
Gemeinschaft im Ausland, deren Begeisterung für "Führer" und "Reich",
Folgen hatte.
hagalil.com
23-05-05 |