Theodor Much:
Noah & Co
und andere Geschichten
mit Illustrationen von Reija Haavisto
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Theodor Much:
Noah & Co
Vorwort Richard Chaim Schneider
München/ Tel Aviv Februar 2006
In
Zeiten, in denen dänische Karikaturen über den Propheten Mohammed weltweit
zu brennenden europäischen Flaggen, Botschaften und Kulturinstituten
führten, in Zeiten, in denen wegen der zeichnerischen Verspottung des
muslimischen Glaubens sogar schon Menschen getötet wurden, müßte man sich
angesichts der vorliegenden Kurzgeschichten Sorgen machen um die Sicherheit
Österreichs, österreichischer Einrichtungen und, ja, sogar um das Privathaus
des Autors.
Denn die subversiven Geschichten rund um die Bibel, oder besser: rund um die
jüdische Thora, könnten, nein: müßten jüdische Fundamentalisten weltweit auf
den Plan rufen, allen voran die vielen Anhänger und Mitglieder der
sefardisch-orthodoxen Schass-Partei in Israel, dessen geistiges Oberhaupt,
Rabbi Ovadia Josef, mehr als einmal als "Vorbild" für fanatischen Irrsinn
bei Theodor Much herhalten muß.
Und wen wundert's? Rabbi Josef, gewiß einer der größten Talmudgelehrten der
Gegenwart, hat sich durch menschenverachtende und rassistische Äußerungen
mehr als einmal hervorgetan und könnte so manchen muslimischen oder
christlichen Fundamentalisten als "Bruder im Geiste" erkennen. Auschwitz als
Strafe Gottes für sündige Juden zu "begreifen", Palästinenser als
"Betriebsunfall" des göttlichen Schöpfungsprozesses zu interpretieren und
sie mit Synonymen aus der kriechenden Tierwelt zu versehen, das zeugt
wahrlich nicht vom humanistischen Geist, der den jüdischen Schriften
innewohnt.
Und genau hier setzen Theodor Muchs Geschichten an. Was vordergründig als
Veräppelung der Thora erscheinen mag, ist nichts als ein verzweifelter
Aufschrei gegen die Pervertierung der Heiligen Schriften durch
kleinkarierte, selbsternannte Frömmler, die in ihrer manischen Gefolgschaft
gegenüber dem, was sie für "göttlich" halten, das menschliche Augenmaß, den
"common sense" verloren haben, vorausgesetzt, sie hätten ihn je gehabt.
Der Autor liebt die Thora: als großartiges Buch über das menschliche Ringen
um den Sinn des Lebens, als Versuch, den richtigen, "mittleren" Weg im
Alltäglichen zu finden, als Anleitung für ethische Normen, die das Leben auf
diesem Planeten, der wahrlich alles andere als paradiesisch ist,
erträglicher machen sollen.
Und er haßt all diejenigen, die mit ihrem Ausschließlichkeitsanspruch diese
Welt zur absoluten Hölle machen.
"Wo ist der Mensch geblieben?", fragt ein genervter, ungeduldiger Gott in
"Interview mit Gott". Wo ist der Mensch geblieben – das ist die zentrale
Frage aller hier versammelten Texte. Eine Frage, die Gott bereits in der
Thora vor Tausenden von Jahren gestellt hat und die heute nichts an
Aktualität und Brisanz verloren hat.
Wo ist der Mensch geblieben? In Auschwitz damals, ebenso wie heute in
Israel, in den palästinensichen Gebieten, in Teheran, in Bagdad, in Abu
Ghraib, in Tschetschenien, in Sarajewo, in Ruanda, in Nordirland, aber auch:
in Wien und Berlin, in Paris und London, in Washington, Moskau und überall
dort, wo zwei Menschen miteinander leben wollen oder müssen.
Wahrscheinlich kann man diese Welt des 21. Jahrhunderts nur mit einer
Portion Spott und Ironie ertragen, so wie Theodor Much dies in seinen
Geschichten vormacht.
Und er kann sich sicher sein, daß weder Österreich noch sein eigenes Haus in
Flammen aufgehen werden. Die jüdischen Fundamentalisten haben den globalen
Kampf gegen alle "Ungläubigen" nicht auf ihre Banner geschrieben. Dazu sind
sie zu hochmütig – sie nehmen ihre Gegner nicht ernst, gestehen ihnen keine
Gleichwertigkeit zu. Das ist in der Sache grauenvoll, in der Realität
freilich angenehmer als der Fundamentalismus vieler anderen Gruppen. Und es
wäre auch schwierig für jüdische Fundis gegen Theodor Much loszuziehen, denn
dieser bedient sich einer urjüdischen Waffe: dem Humor und der Selbstironie,
die dem jüdischen Volk in schwierigsten Zeiten noch stets geholfen hat,
irgendwie zu überleben. Auch Theodor Much möchte im Auge des Sturms
überleben. Und versucht seinen Lesern einen kleinen Weg zu weisen, wie dies
möglich sein könnte. Das ist ein großes Anliegen, aber es geht schließlich
um viel, um die Bewahrung der menschlichen Vernunft. Dafür lohnt es sich zu
kämpfen. Und wenn man dabei noch Schmunzeln kann – was will man mehr?
Mit freundlicher
Genehmigung des Verlags
Theodor Much, Dr. med., Jahrgang
1942, verheiratet, Vater von drei Kindern. Von Beruf Hautarzt, mit
beruflichen Erfahrungen in Österreich, Schweiz und Finnland.
Seit 1990 Präsident der ersten liberalen jüdischen Gemeinde in Österreich
und im interkonfessionellen Dialog mit Islam und Christentum aktiv. Autor
der Bücher: Leitfaden der praktischen Dermatologie (1994),
Judentum, wie es wirklich ist und
Bruderzwist im
Hause Israel (1999) sowie Der veräppelte Patient in der
EDITION VA bENE 2003.
Weitere Aktivitäten: Publikationen und Vorträge (Aufklärungsarbeit im Rahmen
des interkonfessionellen Dialogs und der Bekämpfung von zwischenmenschlichen
Vorurteilen und Aberglauben aller Art).
hagalil.com
30-04-06 |