Thomas Mang: "Gestapo-Leitstelle
Wien – Mein Name ist Huber"
Lit Verlag 2003
(Schriftenreihe des Dokumenta-tionsarchivs des österreichischen
Widerstandes zu Widerstand, NS-Verfolgung und Nachkriegs-aspekten Band
1)
Euro 19.90
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Gestapo-Leitstelle Wien:
Wer trug die lokale Verantwortung für den Mord an den Juden
Wiens?
Rezension von Karl Pfeifer
Der österreichische Historiker Thomas Mang ist nicht
der erste, der darauf hinweist, dass das Bild der Gestapo, als eine
Dienststelle, die von marginalisierten brutalen Schlägern geleitet
wurde, falsch ist. Die Träger des schwarzen Ledermantels waren nur die
Befehlsempfänger. Die Befehle erteilten in der Regel
Universitätsabsolventen, viele von ihnen bereits Staatsdiener bevor die
Nationalsozialisten die Macht übernahmen.
Jedoch gelang es Mang, Mythen, Legenden und
Rechtfertigungsstrategien von NS-Tätern durch neue Dokumente und exakte
Beweisführung zu widerlegen und zwar durch jahrelange Arbeit in
österreichischen, deutschen, amerikanischen und israelischen Archiven
sowie im Nachlass von Dr.Karl Ebner, der als Mitglied des
Cartell-Verbands in der ersten Republik und im Ständestaat in der
Polizei seine Karriere begonnen hatte. Wie so viele andere trat er
bereits im Juli 1936 einer illegalen NSDAP Bezirksgruppe bei. Ebner, der
zum stellvertretenden Leiter der größten Gestapoleitstelle im Dritten
Reich in Wien wurde, intervenierte vor Kriegsende für einige
konservative Katholiken, doch verfolgte er andere – insbesondere
kommunistische Widerstandskämpfer und Juden rücksichtslos. Seine
"außerordentliche Leistung" mit der er sich "bei der Lösung der
Judenfrage in Wien ganz besondere Verdienste erworben" hatte, wurde
bereits 1942 anerkannt.
Ebner wurde vom Volksgericht 1948 zu 20 Jahren Kerker
verurteilt und durch Bundespräsident Körner bereits 1953 begnadigt. Nach
seiner Freilassung gelang es ihm als Hausverwalter bei einer
Tochtergesellschaft der Creditanstalt-Bankverein unterzukommen. Leiter
der Gestapo in Wien war der Bayer Franz Josef Huber, der schon in der
Weimarer Republik bei der Polizei war. Er wurde nach dem Krieg in der
Bundesrepublik als "Minderbelasteter" eingestuft und mit 500 DM Geldbuße
und einem Jahr Gefängnis bedingt in die Freiheit entlassen. Er genoss
den Schutz der amerikanischen Behörden, weil er sich rechtzeitig mit
ihnen arrangierte.
Mang schildert im Detail die Verantwortung der beiden und
von Gauleiter Baldur von Schirach für die Verfolgung und Ermordung der
Wiener Juden sowie ihre Strategien der Entlastung. Aber er begnügt sich
nicht damit, sondern wirft auch Licht auf ihr Schicksal nach dem
Frühjahr 1945 als sie sich in den Westen absetzten.
Dr. Thomas Mang hat ein lesenswertes, spannendes und
wissenschaftlich gründliches Werk vorgelegt, das die größtmöglichste
Verbreitung verdient.
hagalil.com
11-01-04 |