Biografie einer Großfamilie:
Die Liebermanns
Rezension von Iris Noah
"… auch ziehe ich Berlin jeder anderen Stadt als
bleibenden Wohnsitz vor …"
Max Liebermann in seinen autobiographischen Skizzen
Als das Transparent mit dem Stammbaum der Familie
Liebermann vollständig entrollt war, waren für einige Augenblicke Autorin
und Bühne unsichtbar. 1996 hat das Centrum Judaicum die
Gedächtnisausstellung für Max Liebermann aus dem Jahr 1936 im damaligen
jüdischen Museum in der Oranienburger Straße sowie den Werdegang der Bilder
so weitgehend wie möglich unter dem Titel "was vom Leben übrig bleibt sind
Bilder und Geschichten" rekonstruiert.
Diese Ausstellung war für Marina Sandig, die bei diesem
Projekt mitarbeitete, die Initialzündung für jahrelange akribische
Recherchen. Dieses in langjähriger Arbeit entstandene Buch wurde letzte
Woche im Centum Judaicum vorgestellt. Mehr als 700 Dokumente hat die
Verfasserin ausgewertet. Entstanden ist eine umfangreiche Biografie einer
Großfamilie des Berliner jüdischen Großbürgertums, deren bekanntester
Vertreter der Maler Max Liebermann ist (1847 – 1935). Geschildert werden
deren Beiträge zu Kunst und Kultur, Industrie, Wissenschaft, Politik und
sozialem Leben.
Stammbaum der Familie Liebermann
Die Anfänge lassen sich zu Bendix Liebermann bis ins Jahr
1710 in Märkisch Friedland zurückverfolgen. Die Familie Liebermann war ein
prägender Teil – nicht nur des jüdischen – Lebens in Berlin. Marina Sanders
erschließt die weitläufige Verwandtschaft – auch die angeheiratete
(Reichenheim, Marckwald, Dahlheim, Herz, Rathenau und Helfft) – und
berichtigt bis jetzt falsch überlieferte Daten. Sie hat mit den in vielen
Ländern verstreut lebenden Nachkommen gesprochen. So ist ein Kaleidoskop
über sechs Generationen bis in die Gegenwart entstanden.
Selten findet man eine Publikation, die den Ansprüchen des
wissenschaftlichen Fachpublikums genügt, gut verständlich auch für Laien
geschrieben ist und es gleichzeitig ermöglicht, an einem beliebigen
Interessenschwerpunkt mit der Lektüre einzusteigen.
Der genealogische Teil schlüsselt in acht doppelseitigen
Tafeln den Stammbaum der Familie Liebermann auf. Ein 15seitiges
Personenregister ermöglicht es, den unterschiedlichen Querverbindungen
nachzugehen.
Hervorzuheben
ist das verlegerische Engagement von Manfred Dreiss. Das Buch ist mit vielen
Abbildungen versehen und außerordentlich schön gemacht. Es macht Spaß, es in
die Hand zu nehmen und sich festzulesen.
Dr. Hermann Simon, Direktor des Centrum Judaicum, ist
davon überzeugt, dass das Buch in Kürze zu den Standardwerken zählen wird.
Die Liebermanns. Ein biografisches Zeit- und Kulturbild
der preußisch-jüdischen Familie und Verwandtschaft von Max Liebermann.
Verlag Degener & Co, Neustadt / Aisch 2005, 423 Seiten, 32,90 €
Fotos: © Magrit Schmidt
hagalil.com
18-01-05 |