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Pauline Bebe:
ISHA —
Frau und Judentum ·
Enzyklopädie

Umfang ca. 480 Seiten,
Gebunden mit
Schutzumschlag,
Euro 34,00

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LESEPROBE:

Abtreibung
Bat Mizwah
Ehe
Esther
Lilith
Mikwe
Sexistische Sprache
Toralesung

 

Wir sind nicht die besseren Menschen:
Pauline Bebe klärt auf über die Frauen im Judentum

Isha:
Frauen glauben anders

Von Ruth Klüger
Erschienen in: Die Welt, 21.05.2005

Das ist ein Buch für Jüdinnen oder Christinnen, für alle Frauen, die sich im Alten Testament einigermaßen auskennen, und sich noch besser auskennen möchten. Es ist auch ein Buch für alle, die sich über die Geschichte und Entwicklung des jüdischen Glaubens in Bezug auf Frauen eine Vorstellung machen wollen. Pauline Bebe ist selbst Rabbinerin, die erste in Frankreich.

Natürlich gehört sie einer progressiven Richtung an, denn für die Orthodoxie ist das Rabbinat nach wie vor kein Frauenberuf. Wie es zu Rabbinerinnen kam und wie viele es gegeben hat und gibt, kann man unter der Rubrik "Rabbiner und Rabbinerinnen" nachlesen: ein Eintrag unter den 107 alphabetisch geordneten dieser "Enzyklopädie".

Unterwegs von Abigail bis Zipora

"Isha" ist hebräisch für "Frau". Rabbinerin Bebe erzählt die Geschichte der wichtigsten Frauen der Bibel und des nachbiblischen jüdischen Schrifttums. Sie ist eine streitbare Frau, kennt ihre Heldinnen gut und läßt sich nicht einschüchtern von Gelehrten, die die Rolle dieser Gestalten der Vergangenheit und der Sage (dazu gehört etwa die legendäre Lilith, Adams erste Frau) einschränken wollten. Bebe findet wohl alle Stellen in der Bibel, wo die Matriarchen erwähnt und geehrt werden. Die anderen Frauen, von A bis Z, von Abigail, einer relativ unabhängigen Frau im Leben König Davids, bis zu Zippora, Moses' Frau und der einzigen Frau in der Bibel, die die rituelle Beschneidung an einem Neugeborenen vollzieht, ergibt sich das bunte Bild eines alten Israel, zu dem die Frauen als wesentlicher Bestandteil gehörten. Ihre Geschichten werden hier anders erzählt als wir es gewöhnt sind, weil die dazugehörigen Männer so weit wie möglich in den Hintergrund rücken.

Auf die Nacherzählung folgt jedesmal ein spannender Kommentar, in dem es um weibliches Recht und Unrecht geht, um die Stellung der Frau und häufig um die Mißgunst der späteren Kommentatoren, die diese Frauen verteufelt haben oder ihnen ihre Eigenständigkeit, sofern es sie gab, zu nehmen suchten. Es wird eben nicht nur erzählt, sondern es wird auch Stellung bezogen, und zwar von einer Schriftgelehrten, wie es so schön heißt, also einer gestandenen Theologin, und so kann man auch recht viel dabei lernen.

Doppeldeutigkeiten und Widersprüche werden auf ihren Sinn befragt und Lösungen vorgeschlagen. Zum Beispiel behandelt Bebe im Beitrag über Eva ausführlich die komplizierte doppelte Schöpfungsgeschichte (in der einen wurden Mann und Frau gleichzeitig geschaffen) sowie das Problem mit dem Gebot der Fruchtbarkeit, das ja schon vor dem Sündenfall von Gott ausgesprochen wurde und bedeutet, daß Sexualität nicht von vornherein sündig war. Bei der Geschichte von Rebekka, die wir als Betrügerin kennen, denn sie ermöglichte es ihrem Lieblingssohn Jakob, sich als sein älterer Zwillingsbruder zu verkleiden, betont Bebe die "Charakterstärke und Entschlossenheit" der Mutter, die zum gottgewollten Ziel führten. Sie berichtet, wie verschiedene Ausleger Macht und Weisheit der Königin von Saba, die des weisen Salomons ebenbürtige Gesprächpartnerin war, oft verkleinert oder abgestritten haben. Sie sieht in Judith, die übrigens nicht in den Kanon der jüdischen Bibel gehört, eine Frau, die "angesichts einer scheinbar aussichtslosen Lage die Hoffnung" nicht aufgab. Dagegen rügt sie Esther, eine Heldin es konventionellen Judentums, wegen ihrer Unterwürfigkeit.

Das ist der eine Teil der Enzyklopädie. Der andere hat mit jüdischen Sitten, Gesetzen und Bräuchen zu tun, unter Titeln wie "Erbrecht", "Familienplanung", "Heirat", "Scheidung" und "Vergewaltigung". "Der Gott aller Menschen", meint die Autorin, "kann nicht die Herrschaft der einen Hälfte der Menschheit über die andere vorgeschrieben haben." Die Religion soll nicht stillstehen, sondern fortschreiten, und dieses Buch zeigt ausführlich, was es an progressiven Entwicklungen gegeben hat und wie es, aus feministischer Sicht und im Sinne der Gleichberechtigung, weitergehen soll. Die Zielrichtung ist modern, aber der Ausgangspunkt ist die Tradition.

In der orthodoxen jüdischen Gesetzgebung wurden Frauen oft auf dieselbe Stufe wie Sklaven und Minderjährige gestellt, nur in Ausnahmefällen als Zeugen zugelassen und galten für öffentliche Kultusveranstaltungen als unbrauchbar. Dieselben Gesetze geben Frauen aber auch einen gewissen gesetzlichen Schutz. Bebe weist auf das Streben nach Gerechtigkeit in diesen Traditionen, die dann von den reformierten Gemeinden fortgesetzt wurden und werden. Sie berichtet mit Genugtuung, was sich in unserer Zeit zugunsten der Frauen in den konservativen und liberalen (also nicht orthodoxen) Synagogen geändert hat.

Für einen geschlechtsneutralen Monotheismus Es sind gerade die dezidierten Ansichten der Autorin, die das Buch, trotz der willkürlich anmutenden alphabetischen Anordnung, aus der Kategorie eines neutralen Katalogs oder eines Nachschlagewerks herausheben und das Lesevergnügen fördern. Es läßt sich gut darin schmökern, denn Bebe zählt nicht nur auf, was ist, sondern vertritt eine Meinung, wie es sein sollte.

Die jüdische Religion sei wie andere monotheistische Religionen männlich ausgerichtet, während es im Polytheismus Göttinnen, daher auch Priesterinnen, gab. Auf dem Weg zum alleinigen Gott ging also etwas verloren. Und so wäre es die Aufgabe des modernen Judentums "einen Monotheismus zu erschaffen, der weder männlich noch weiblich ist, in dem sich Männer und Frauen gleichermaßen erkennen und anerkennen und an dem sie auf gleiche Weise teilhaben können". Ob solche Reformen sich auf breiter Basis durchsetzen, mag man, angesichts der anhaltenden Machtposition der Orthodoxie, besonders in Israel, bezweifeln. Inzwischen hat uns die Rabbinerin Bebe ein schönes und anregendes Buch auf den Weg in die Zukunft mitgegeben.

hagalil.com 09-06-05











 

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